Bistums-Team unterwegs in der Pfarrei Tholey Themen auch abseits des Kirchturms erkunden

St. Wendel · Team des Bistums Trier ist in der künftigen Pfarrei Tholey unterwegs, um den Blick der Menschen zu weiten.

 Blick auf die Pfarrkirche Theley. In Theley wird auch künftig der Verwaltungssitz der Pfarrei der Zukunft Tholey sein.

Blick auf die Pfarrkirche Theley. In Theley wird auch künftig der Verwaltungssitz der Pfarrei der Zukunft Tholey sein.

Foto: Marion Schmidt

Junge Leute marschieren durch Sötern. Zeigen ihren Ort – aus ihrer Perspektive, sprechen über ihre Themen. Aufmerksam lauschen drei Erwachsene: Roland Hinzmann, Karen Alt und Andreas Schäfer. Sie bilden das Erkundungsteam, das seit einer Weile in der Pfarrei der Zukunft Tholey unterwegs ist. Mehr als 20 Gespräche haben sie mit Blick auf die anstehenden Veränderungen in den zurückliegenden zwölf Monaten geführt. Über ihre Erfahrungen berichten sie bei einem Besuch in der St. Wendeler Redaktion.

2020 startet das Bistum Trier schrittweise in die Zukunft, wird die Synode umgesetzt. Am Ende soll das Bistum aus 35 Großpfarreien bestehen. Im nächsten Jahr nehmen aber erstmal 13 „Pfarreien der Zukunft“ ihre Arbeit auf, darunter Tholey und St. Wendel. Die restlichen 22 Pfarreien folgen spätestens zum 1. Januar 2022. Viele Proteste gegen diese Pläne gab es und gibt es noch immer. Um das Interesse vor Ort an der Zukunft, der neuen kirchlichen Realität zu wecken, hat das Bistum zehn Erkundungsteams in die künftigen Pfarreien geschickt. Diese Teams bestehen je aus drei Personen aus den Bereichen Seelsorge und Caritas.

Mit Ausnahme von Andreas Schäfer, der bei der Caritas in Trier im Bereich Ehrenamtsförderung arbeitet und in der Gemeinde Tholey lebt, sind die Team-Mitglieder ortsunkundig. Sie sollen den offenen, unvoreingenommenen Blick auf die Region haben. Karen Alt ist Koordinatorin beim Hochwälder Familiennetzwerk Hafen. „Sie ist unsere Geheimwaffe“, sagt Pastoralreferent Roland Hinzmann aus dem Dekanat Schweich-Welschbillig lächelnd. Und liefert auch prompt die Erklärung. Die Netzwerk-Koordinatorin kommt aus Hermeskeil, wo es bereits eine große Pfarrei mit Gemeindeteam statt Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat gibt. Eine Art Vorbild, für das, was jetzt auch ein paar Meter über die Landesgrenze hinweg realisiert wird.

Die Kommunen Tholey, Marpingen, Nonnweiler und Nohfelden gehören zur künftigen Pfarrei Tholey. Das Erkundungsteam hat beispielsweise mit allen Bürgermeistern gesprochen. „Es gab da eine große Offenheit“, sagt Schäfer. Die Verwaltungschefs hätten Parallelen entdeckt zwischen dem, was die Kirche will und den eigenen Bemühungen in Sachen Dorfentwicklung.

Startschuss zu der Erkundungstour war im vergangenen Juni ein „Rendezvous im Himmelszelt“ auf dem Schaumberg. Etwa 70 Personen kamen vorbei, begleitet von vielen Fragen und Ängsten in Sachen Synode. Und nicht nur dort. Diese Situation gab es auch bei weiteren Terminen. „Wir haben diese Ängste ernst genommen, versucht, alle Fragen zu beantworten. Aber eigentlich ging es bei uns ja nicht um Strukturen und Finanzen“, erklärt Schäfer. Das Erkundungsteam wollte vielmehr mit den Menschen über deren Themen und Ideen sprechen.

Karen Alt erinnert sich an eine „Schlüsselsituation“, wie sie es nennt. Mit ihren Kollegen und Gästen saß sie in einem Gemeindehaus zusammen. Eine Frau habe gesagt: „Ich weiß schon, woran ihr interessiert seid.“ Woraufhin ein älterer Herr, der schon lange in der Kirche engagiert ist, geantwortet habe: „Du glaubst es zu wissen, aber frag doch mal nach.“ Der Weg hin zu Großpfarreien hat Verlustängste ausgelöst. Diejenigen, die sich in den Pfarreien engagieren, fürchten um ihre Aufgabe, um ihre Kirche. „Der Bischof wird keine Kirche schließen, wenn es ein Ort ist, der mit Leben gefüllt ist“, sagt Schäfer. Es ging auch nicht um Grenzen, sondern um Themen.

„Der Pfarreibegriff hat eingeengt“, sagt Hinzmann. Künftig gibt es einen größeren Bezirk, eine Verwaltungseinheit, die nun einmal auch Pfarrei heiße. Aber inhaltlich ginge es um den Sozialraum der Menschen. „Bewusst hat die Kirche den Begriff Sozialraum gewählt, weil er alles umfasst, niemanden ausschließt“, erläutert Hinzmann. Es ist der Sozialraum, in dem das Leben stattfindet. „Wir als Kirche müssen uns interessieren für die Situation der Menschen“, sagt der Pastoralreferent. Was sind ihre Anliegen, Bedürfnisse, Wünsche.

Ein positives Beispiel für einen Sozialraum sei das Bohnental, in dem sich mehrere Orte über Gemeindegrenzen hinweg zu einer Einheit zusammengefunden haben. „Sie sind gemeinsam gewachsen, durften sich entwickeln und haben Ideen wie die ,Selbermacher’ entwickelt“, lobt Schäfer. Bei dem Projekt Bohnentaler Selbermacher werden alte Kulturtechniken neu entdeckt und wieder belebt.

„Wir hatten den Auftrag, Leute nach Themen und Ideen zu befragen“, fasst Hinzmann noch einmal zusammen. Die Stichworte Jugend und Tourismus seien mehrmals gefallen. Daher gibt es am Montag, 24. Juni, 19 Uhr, die Veranstaltung „Rendezvous Tourismus und Kirche“ in der Seezeitlodge am Bostalsee (siehe Infobox). Im Anschluss daran steht für das Erkundungsteam einiges an Schreibarbeit bevor. Sie müssen eine Dokumentation ihrer Erfahrungen erstellen. Diese wollen sie auch an das Leitungsteam, das im Oktober seine Arbeit in der Pfarrei Tholey aufnimmt, übergeben. „Erkundung muss ein Dauerauftrag bleiben“, sagt Schäfer. Diese Hauptamtlichen sollen den Engagierten Raum geben, Ideen zu realisieren.

 Roland Hinzmann, Karen Alt und Andreas Schäfer (von links) waren als Erkundungsteam in der Pfarrei der Zukunft Tholey unterwegs. Über ihre Erfahrungen sprachen sie mit SZ-Redakteurin Evelyn Schneider.

Roland Hinzmann, Karen Alt und Andreas Schäfer (von links) waren als Erkundungsteam in der Pfarrei der Zukunft Tholey unterwegs. Über ihre Erfahrungen sprachen sie mit SZ-Redakteurin Evelyn Schneider.

Foto: Melanie Mai

„Seelsorge - das wird nach wie vor bleiben“, betont der Pastoralreferent Hinzmann. Es gehe aber auch um die Chance, zusammen mit den Menschen Neues zu entwickeln. „Es wird einen langen Atem brauchen, um die Bedürfnisse der Menschen herauszukitzeln und sie an die Hand zu nehmen“, sagt Karen Alt. Sie sieht in einem möglichen Engagement außerhalb der einstigen Räte die Chance, dass sich die Menschen je nach Fähigkeit und Interesse einbringen können. Die Redaktionsgäste machen deutlich: Es ist ein Prozess hin zu der Antwort auf die Frage: Was ist Kirche?

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