Ein Unternehmen der besonderen Art

Neunkirchen/Urexweiler/st Wendel · Das Erlernen beruflicher Fertigkeiten stärkt die Persönlichkeit und ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben. Was im Prinzip für jeden gilt, ist besonders wichtig für Menschen mit Behinderung. Dieser Klientel bietet seit nunmehr 40 Jahren das WZB als Einrichtung der Lebenshilfe Heimat wie auch Plattform für die Integration in die Gesellschaft.

 Grüne Werkstatt: In der Gärtnerei des Wendelinushofes , einer Einrichtung des WZB , arbeiten auch behinderte Menschen. Foto: Wendelinushof

Grüne Werkstatt: In der Gärtnerei des Wendelinushofes , einer Einrichtung des WZB , arbeiten auch behinderte Menschen. Foto: Wendelinushof

Foto: Wendelinushof

Die Geschichte des Werkstattzentrums für behinderte Menschen der Lebenshilfe (WZB) begann 1975 mit der Einweihung einer Werkstatt und einer Wohnstätte, dem Johanna-Ruppert-Haus, im Beckerwald in Spiesen. 120 Mitarbeiter waren beim Startschuss beteiligt. Inzwischen ist das WZB ein Unternehmen mit einer Belegschaft von 1350 Menschen. Ein Unternehmen der besonderen Art - betreuender Arbeitgeber für 950 Menschen mit Behinderung, dazu kommen 400 fest angestellte Mitarbeiter: Handwerker mit Ausbildung zu Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung, Fahrdienst- und Verwaltungspersonal, Sozialpädagogen. Das WZB ist zugleich Dienstleister, zum Teil auch für renommierte Industriebetriebe, und zählt sich zu den leistungsfähigsten Werkstätten für behinderte Menschen in Deutschland. Zu den Kunden zählen Unternehmen wie ZF Getriebe und Bosch.

"Wir wollen durch berufliche Qualifizierung behinderter Menschen deren Persönlichkeit entwickeln und ihnen ein Leben in weitgehender Normalität ermöglichen", sagt WZB-Geschäftsführer Thomas Latz, der im vergangenen Jahr den langjährigen Amtsinhaber Elmar Schneider ablöste. Zum dualen Auftrag gehöre es zugleich, den Unternehmenserfolg durch hohe Qualität und kundenorientierten Service sicherzustellen.

Aus der Spieser Keimzelle des WZB sind mittlerweile ein halbes Dutzend Standorte in den Kreisen Neunkirchen und St. Wendel geworden. Die Ursprungswerkstatt am Beckerwald ist mit 280 behinderten Mitarbeitern der größte Betriebsteil. Im dortigen Werk I sind die moderne Blechbearbeitung, eine Druckerei mit dem Angebot einer mittelständischen Firma der Branche sowie eine Schreinerei untergebracht. Im Werk II in Urexweiler erledigen 200 Mitarbeiter Montage- und Verpackungsarbeiten für die Kunststoff-, Metall-, Medizin-, Klima- und Automobiltechnik, ebenso wie 150 Kolleginnen und Kollegen im Werk IV im Gewerbepark in Spiesen. Das Werk III im Neunkircher Altseiterstal gilt als "weißes Werk". Dort stellen 150 Beschäftigte in akribischen Verfahren Reinraumkleidung für die Pharma- und Halbleiterindustrie her, dekontaminieren und sterilisieren sie. Das Durchschnittsalter des WZB-Belegschaft liegt bei 39 Jahren.

Als "grüne Werkstatt" zählt der Wendalinushof in St. Wendel , wo sich rund 100 Mitarbeiter dem Ackerbau, der artgerechten Tiermast und dem Gärtnern widmen. Die Produkte werden dann in Hofladen und im Restaurant Hofküche angeboten. Zuvor durchlaufen die Fleisch- und Wurstwaren die Wendelinushof-St. Wendeler Landfleisch gGmbH. Dieser EU-zugelassene moderne Schlachthof ist ebenso eine Tochtergesellschaft des WZB wie das Zentrum für Freizeit und Kommunikation (CFK) in Spiesen. Das Personal dieser beiden "Integrationsbetriebe" CFK und Schlachthof weist einen Anteil von 40 Prozent an schwerstbehinderten Menschen auf.

Anfangspunkt für alle in den Werkstätten eingesetzten behinderten Mitarbeiter ist das ZIB - Zentrum für Integration und berufliche Bildung - in der Neunkircher Irrgartenstraße. Dort durchlaufen alle "Anfänger" nach einem dreimonatigen Eingangsverfahren eine zweijährige Berufsausbildung - "nach Neigung und Fähigkeiten", so Latz. Sie sollen danach in der Lage sein, so heißt es im Behördendeutsch, eine "wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung" zu erbringen.

Im ZIB-Gebäude unterhält das WZB auch ein öffentliches Bistro, ebenso eigene Bistros bei der Agentur für Arbeit und beim Landesbetrieb für Straßenbau. Sie werden beliefert aus der WZB-eigenen Großküche, die im CFK untergebracht ist. Dort gehen täglich bis zu 2000 Essen raus, auch für Firmen, Schulen und alle Lebenshilfeeinrichtungen.

Vervollständigt wird das WZB-Angebot durch derzeit 139 Wohnheimplätze für behinderte Menschen an verschiedenen Standorten in Spiesen, Neunkirchen und Ottweiler. Dazu kommen 60 Menschen, die im Bereich des selbstbestimmten Wohnens von WZB-Fachkräften ambulant betreut werden.

"An allen unseren Standorten fühlen wir uns in hohem Maße der Bevölkerung verbunden", stellt Thomas Latz fest. So seien die WZB-Belegschaften ständiger Gast etwa bei Dorffesten. Es gelte das Motto: Neugier satt Berührungsängste. "Auf diese Weise können wir die Inklusion auch umsetzen", so der Geschäftsführer. Latz würde sich deshalb auch freuen, wenn möglichst viele Menschen, die das WZB bislang noch nicht kennen gelernt haben, am kommenden Sonntag zum Tag der offenen Tür nach Spiesen kämen.

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Auf einen BlickDas Werkstattzentrum für behinderte Menschen der Lebenshilfe feiert sein 40-jähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür, zu dem jeder willkommen ist. Am Sonntag, 14. Juni, stellen sich von 11 bis 18 Uhr im Werk I in Spiesen, Am Beckerwald 31, sämtliche WZB-Betriebe vor. Auf der Bühne läuft ein Programm mit Musik, Gesangseinlagen und Tanz. Auch ein Gewinnspiel, Mitmach-Angebote und ein Kinderprogramm gehören dazu. gth

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