Ein Blick in St. Wendels Goldenes Buch

St Wendel · Kirchenmänner aus nah und fern sind gerne in der Kreisstadt zu Gast. Das bezeugt das Goldene Buch. Auch Politiker sind zahlreich mit ihren Unterschriften vertreten. Seit 1958 erzählt der Foliant die neuere Geschichte der Stadt.

Das Wappen der Stadt St. Wendel prangt auf dem roten Ledereinband. Beim Umblättern der am Rand vergoldeten Seiten erfüllt dieser typische Duft alter Bücher den Raum. Normalerweise ist das Goldene Buch der Stadt St. Wendel sicher im Hauptamt der Verwaltung verwahrt. Doch an diesem Nachmittag hat es sich Bürgermeister Klaus Bouillon in sein Büro kommen lassen, um darin zu blättern. Am 21. Februar 1958 hat der Foliant seinen Dienst aufgenommen. In 56 Jahren haben sich 58 Menschen in dem Band verewigt. Von den einen ziert lediglich die Unterschrift eine Seite, andere haben Grüße oder persönliche Eindrücke hinterlassen. "Es sind interessante Namen drin", sagt Bouillon und kann dies prompt mit einem der ersten Einträge unter Beweis stellen. Kein Geringerer als Bundespräsident Theodor Heuss hinterließ am 4. Juni 1959 einen Gruß im Goldenen Buch. Ihm folgten weitere Persönlichkeiten aus der Politik. So zum Beispiel Gerhard Schröder zu Zeiten als er noch Minister war, Franz-Josef Strauß , Klaus Töpfer oder Wolfgang Schäuble . Neben der Politik haben sich auch zahlreiche Geistliche verewigt. Es sind Einträge von Kirchenmännern aus dem In- und Ausland zu finden. So hinterließ beispielsweise Seine Eminenz Thomas Cardinal Tien, Bischof von Peking (China) am 21. Februar 1958, seine Wünsche für die Kreisstadt: "Möge Gott diese Stadt segnen." Auch ein Botschafter von Togo oder die Kommandeure der ehemaligen französischen Kaserne haben ihre Unterschriften hinterlassen.

Da St. Wendel als Sport-Stadt gilt, liegt die Vermutung nahe, dass sich auch einige Sportler ins Buch eingetragen haben. Doch finden sich lediglich die Unterschriften von der Montainbike-Nationalmannschaft, die zum Trainingslager in der Kreisstadt war, und die des Speerwerfers Matthias de Zordo .

Im Jahr 1997 trug sich Hannelore Kohl , die Ehefrau des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl , ins Buch der Stadt ein. Die 2001 verstorbene Kanzler-Gattin ist die Quotenfrau unter den vielen Einträgen von Männern. In Sachen Goldenes Buch ist das vermeintlich schwächere Geschlecht in den kommenden Jahren gefordert.

Aber wie kommt Mann oder Frau eigentlich zu der Ehre, sich eintragen zu dürfen, sich somit einen Platz in den Annalen der Stadt zu sichern? "Es sollten besondere Persönlichkeiten sein. Menschen, die etwas Herausragendes geleistet haben." Der Bürgermeister geht nicht auf Unterschriften-Fang. Ganz im Gegenteil: "Wir denken oft gar nicht an das Goldene Buch", sagt Bouillon . Was fehlt, sind Unterschriften der Musikgrößen, die schon in der Kreisstadt gastierten. Da, so Bouillon , fehlte oft der richtige Moment. Für ihn ist es wichtig, dass der Eintrag etwas Besonderes ist und bleibt. Seit knapp zwei Jahren wurde der Foliant übrigens nicht mehr hervorgeholt. Der letzte Eintrag stammt aus dem Jahr 2012. Sportler, Minister, Bundespräsidenten, Bischöfe - die Namensliste in St. Wendels Goldenem Buch kann sich sehen lassen. Und der nächste Eintrag kommt bestimmt. Hat der Verwaltungschef denn einen Wunschkandidaten? "Angela Merkel im Goldenen Buch wäre nicht schlecht", sagt Bouillon spontan. Und ergänzt lachend: "Sie kann dann zu meiner Verabschiedung kommen." Doch welche Jahreszahl würde diesen Eintrag zieren? 2015? Dann hätte Bouillon die Altersgrenze für Bürgermeister erreicht und die Amtszeit würde eigentlich enden. Ob es eine Verlängerung gibt, wird auf Landesebene entschieden. Auch dieses Kapitel Stadtgeschichte ist noch nicht zu Ende geschrieben.

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