Kunstsprechstunde Die persönlichen Schätze ausgepackt

St. Wendel · Besitzer von Raritäten, Sammlerstücken, Kunstgegenständen und Krempel ließen ihre Schätze von Kunstexperten prüfen.

 Elisabeth Feilen (links) und Cornelieke Lagerwaard begutachten mit geschultem Blick die Ikone, die Wolfgang Würtz zur St. Wendeler Kunstsprechstunde mitbrachte.

Elisabeth Feilen (links) und Cornelieke Lagerwaard begutachten mit geschultem Blick die Ikone, die Wolfgang Würtz zur St. Wendeler Kunstsprechstunde mitbrachte.

Foto: Frank Faber

In vielen Haushalten wird kurioser Krempel oder auch Kunstwerke gelagert, deren Wert der Besitzer gerne erfahren möchte. In St. Wendel ist das kein Problem. Am Samstag hat die promovierte Kunsthistoriker Elisabeth Feilen im Museum während der kostenlosen Kunstsprechstunde Erbstücke, Dachbodenfunde und Trödel auf unterhaltende Weise unter die Lupe genommen. Erwartungsfroh packt eine Ratsuchende ihre Glasschale aus dem „Plastikbüttchen“ aus. Nach genauer Draufsicht urteilt die Saarbrücker Kunsthistoriker Feilen: „Der Zustand ist nicht gut“.

Synchron zu ihrer Begutachtung des Objekts recherchiert Museumsleiterin Cornelieke Lagerwaard nach der Glas Manufaktur Daum im französischen Nancy, weil Feilen meint, dass die Signatur nicht stimmt. „In meinen Augen ist das vom Stil her eine Fälschung, ich kann sie aber nicht genau einordnen“, sagt Feilen. Sie taxiert den Wert der Schale zwischen 100 bis 150 Euro.

Gleich drei Skulpturen stellt Wolfgang Würtz den beiden Expertinnen auf den Tisch. Für die aus exotischen Holz geschaffene Madonna schätzt Feilen den Wert auf 100 Euro, der Flötenspieler würde maximal 50 Euro bringen. Interessant wird es bei der Porzellanikone, die Würtz noch auf Lager hat. „Für viele Ikonen wurden Motive aus der Kunstgeschichte aufgegriffen“, erklärt sie dem Kunden. Die Herstellerfirma Heinrich sei später vom Mettlacher Unternehmen Villeroy & Boch übernommen worden. Mit 200 Euro werden die Ikonen auch auf dem Online-Marktplatz bei ebay gehandelt. „Nun weiß ich den Wert, dass war mir wichtig“, bedankt sich Würtz.

Der nächsten Ratsuchenden sitzt der mitgebrachte schwarze Persianer wie angegossen. „Der Mantel ist sehr modisch, es ist der Stil aus den 1960er-Jahren“, meint Museumschefin Lagerwaard während die Dame sich vor dem Tisch wie bei einer Modenschau im Kreis dreht. Für einen Verkauf rät Feilen den Persianer einem Secondhandladen in Saarbrücken anzubieten. „200 bis 250 Euro sind da drin“, meint die Kunsthistorikerin.

Auf Alt getrimmt ordnet Lagerwaard die Götter- und Beterfigur ein, die ihr die nächste Besucherin präsentiert. Die Museumsleiterin spielt Doktor und misst die Tiefe des Ohrlochs. Feilen präzisiert: „Um das genaue Alter der Skulptur bestimmen zu können, müsste man ein Stück Ton abbrechen und die Probe im Labor untersuchen lassen“. Echt sei sie nicht, eher eine „im Neu-Kaledonien-Stil gefertigte provinzielle Beterfigur für den Hausgebrauch dessen Wert sich nicht bestimmen lässt“. Zudem zeigt die Besucherin kleinere auf dem Flohmarkt erstandene Figürchen, die Lagerwaard salopp als putzig bezeichnet. „Hier schimmert etwas Weißes durch“, stellt Feilen bei der Begutachtung einer weiteren Skulptur fest.

Das Objekt, mit dem Wolf der ein Huhn zerbeißt, sei wohl aus einem Gipsgemisch hergestellt worden. „Für Bronze und Eisen ist das Teil zu leicht, aber der Gipsmantel ist bronziert“, so Feilen. Die Skulptur stamme aus Frankreich. „Wir haben Verwandte in Lothringen“, bestätigt die Ratsuchende. Lagerwaard verifiziert mit dem Betrieb J. B. Paris, einer Gießerei für Künstler, den Herstellungsort der Skulptur. „Sie ist in den 1930er-Jahren geschaffen worden und ist kein Kitsch“, betont Feilen.

Erbstücke wie die Kaffeeservice aus der ehemaligen DDR würden bei ebay ab 650 Euro gehandelt, klärt Lagerwaard eine Seniorin auf. „Das hier ist ja nix für die Spülmaschine“, flachst sie und platziert Teile eines Geschirrservice mit Motiven der Dachauer Bauernmalerei. Feilen kann der Seniorin weiterhelfen und gibt ihr die Adresse eines Auktionshauses in Schifferstadt. „Ich habe gar keine Ahnung, habe dass von der Kunstsprechstunde gelesen und wollte nur mal feststellen lassen, was das Ding eigentlich ist“, sagt der Ratsuchende Bläs aus Niederlinxweiler. Er schleppt ein großes Bild, auf dem Jesus ein Ährenfeld segnet, bis vor den Tisch. „Das ist eine Lithografie, das wertvollste darin ist der Rahmen“, entgegnet Feilen sofort. Insgesamt waren es 14 Ratsuchende, die die bereits im sechsten Jahr stattfindende Kunstsprechstunde genutzt haben.

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