St. Wendel Demenzcafés im Landkreis sind gerettet

Urexweiler · Nach zweimonatiger Pause öffnen die drei Cafés Vergissmeinnicht für Demenzkranke wieder. Neuer Träger ist der DRK-Kreisverband St. Wendel.

 Rosmarie Kipper (Mitte) serviert den Gästen im Café Vergissmeinnicht den Kuchen. Mit am Tisch sitzt an diesem Tag auch Franz-Josef Scheid, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes. Dieser ist der neue Träger des Angebotes für Demenzkranke.

Rosmarie Kipper (Mitte) serviert den Gästen im Café Vergissmeinnicht den Kuchen. Mit am Tisch sitzt an diesem Tag auch Franz-Josef Scheid, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes. Dieser ist der neue Träger des Angebotes für Demenzkranke.

Foto: B&K

Sie sitzen am Tisch, trinken Kaffee, unterhalten sich, singen, genießen die gemeinsame Zeit. Drei Stunden rauskommen, etwas erleben – endlich wieder. Donnerstagnachmittag hat das Café Vergissmeinnicht in Urexweiler erstmals wieder seine Türen für an Demenz erkrankte Gäste geöffnet. Nur wenige Stunden zuvor verkündete der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald (CDU) in seinem Büro im Landratsamt, dass es eine Zukunft für alle drei Cafés Vergissmeinnicht im St. Wendeler Land geben wird.

Rückblick: 2006 startete der Landesverband Saarland des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) drei Treffs für Demenzkranke in Namborn, Urexweiler und Oberkirchen. Im März war plötzlich Schluss. Klammheimlich wurden die Cafés quasi von heute auf morgen geschlossen, die betroffenen Besucher mit einem kurzen Schreiben informiert (wir berichteten). „Das ist stillos. Die Leute konnten sich nicht mal untereinander verabschieden“, sagt Klaus Lauck, Leiter des Seniorenbüros beim Landkreis St. Wendel. Ihm liegen mehrere Schreiben vor, in denen Angehörige ihre Enttäuschung über das Ende des Angebotes kundtun.

Beim Landkreis selbst, der sich an der Finanzierung der Demenzcafés beteiligte, ging am 23. Februar eine kurze Mail ein, die den Partner wissen ließ, dass die Cafés zum 1. März schließen. Eine Vorgehensweise, die den St. Wendeler Landrat noch heute ärgert. Zumal er auch noch Vize-Präsident beim DRK-Landesverband ist. „Wir wurden nicht rechtzeitig im Vorfeld informiert, dass es finanzielle Probleme gibt“, kritisiert Recktenwald. „Ob dies so ist, sei dahingestellt. Wir wären auf jeden Fall in der Lage gewesen, mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.“ Die Finanzmisere und sinkende Teilnehmerzahlen nannte Martin Rieger, Geschäftsführer des DRK-Landesverbandes Saarland, unter anderem im SZ-Gespräch im März als Gründe für das Aus der Demenz-Cafés im Landkreis St. Wendel. Insgesamt flossen jährlich etwa 39 000 bis 40 000 Euro in die drei Cafés Vergissmeinnicht. Diese Kosten bezuschusste der Landkreis St. Wendel mit 7000 Euro. Die gleiche Summe kam vom Bundesversicherungsamt. Am Beispiel von 2017 rechnet Recktenwald vor: Die Ausgaben lagen bei 39 000 Euro. Darin eingerechnet seien auch mit einem Drittel die Personalkosten eines Abteilungsleiters des Landesverbandes in Saarbrücken.

Was die Teilnehmerzahl betrifft, so kamen nach Informationen des Seniorenbüro-Chefs in das Oberkircher Demenz-Café zuletzt neun Menschen. In der Regel seien es zwischen fünf und sechs gewesen. „Es gibt dort erfahrungsgemäß immer wieder Wechsel bei den Teilnehmern“, sagt der St. Wendeler Landrat. „Aber ob sechs, sieben oder acht Besucher – es geht um die Menschen, für die wir dieses Angebot machen.“ Bereits im März hatte Recktenwald, der sich als Reaktion auf den Umgang des DRK-Landesverbandes mit seiner Behörde und seiner Person nicht mehr zur Wahl als Vize-Präsident stellen wird, angekündigt, eine Lösung für die Cafés Vergissmeinnicht zu finden.

Zwei Monate nach deren Schließung konnte er nun den neuen Träger des Angebotes vorstellen. Es bleibt quasi in der Familie, denn der kleine Bruder übernimmt. Der DRK-Kreisverband St. Wendel, dessen Vorsitzender Recktenwald ist, wird das Konzept der Cafés wie gewohnt fortführen. „Wir haben gesagt, wir wollen dafür gerade stehen und beweisen, dass es geht“, sagt St. Wendels DRK-Kreisgeschäftsführer Franz-Josef Scheid. Recktenwald wird noch deutlicher. Die Aktion des Landesverbandes habe dem DRK geschadet. Der Kreisverband könne nichts dafür.

Singen, Spiele und leichte Bewegungsübungen stehen ab sofort wieder einmal in der Woche in den Cafés Vergissmeinnicht in Hofeld-Mauschbach, Urexweiler und Oberkirchen auf dem Programm. Es geht Franz-Josef Scheid darum, das Angebot enger an die Ortsvereine zu koppeln, denn die kennen die Leute vor Ort. 600 Ehrenamtliche engagieren sich im DRK-Kreisverband St. Wendel in den verschiedensten Bereichen. Von den Helfern habe es schon mal positive Resonanz auf das Comeback der Cafés gegeben. „Alle sind begeistert, dass es weitergeht.“

Für Recktenwald hat der DRK-Kreisverband als Träger den Vorteil, dass er neutral sei. Hätte eine Organisation, die in der Seniorenhilfe tätig ist, die Cafés übernommen, hätte es ein Geschmäckle haben können. Er wollte Unterstellungen, das Angebot könnte als Sprungbrett  in Senioren-Einrichtungen genutzt werden, vermeiden. Das Angebot sei dazu da, Demenzkranken Abwechslung und den pflegenden Angehörigen eine Auszeit zu bieten. Künftig werden der Landkreis St. Wendel und das Bundesversicherungsamt mit je 8000 Euro die drei Cafés Vergissmeinnicht bezuschussen. Außerdem gibt es, wie zuvor auch, einen Teilnehmerbetrag von acht Euro.

Übrigens wurde von Seiten des DRK-Landesverbandes die schlechte Kommunikation in Sachen Aus der Demenz-Cafés bedauert. Aus der Presse erfuhr Landrat Recktenwald jetzt, dass der DRK-Landesverband weiterhin in Kooperation mit dem Landkreis St. Wendel Kurse zur Pflege Demenzkranker und Gesprächskreise für pflegende Angehörige anbiete. „Auch davon wissen wir nichts“, winkt der Leiter des Seniorenbüros, Lauck, ab. „Da ist die Kommunikation wohl wieder suboptimal.“

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