Abschied von der Bundespolizei Auch eine Verlängerung endet mal

St. Wendel · Nach drei zusätzlichen Halbzeiten und mehr als 45 Jahren ist für den Polizeihauptkommissar Dieter Schwan seine Dienstzeit bei der Bundespolizei vorbei. Er geht mit schwerem Herzen.

 Polizeihauptkommissar Dieter Schwan war mehr als 45 Jahre bei der Bundespolizei. Zum 31. Dezember endet seine Dienstzeit.

Polizeihauptkommissar Dieter Schwan war mehr als 45 Jahre bei der Bundespolizei. Zum 31. Dezember endet seine Dienstzeit.

Foto: Alexander Nagel

Noch einmal die so vertraute Strecke fahren, die Kollegen grüßen, Platz nehmen am gewohnten Schreibtisch in der Bundespolizeiinspektion in Bexbach. Pressesprecher Dieter Schwan aus Niederlinxweiler tritt am heutigen Montag, 30. Dezember, seinen letzten Dienst an. Seine Zeit bei der Bundespolizei endet offiziell am 31. Dezember. Diesen Moment hat der 62-Jährige so lange wie möglich hinausgeschoben. „Drei Mal habe ich verlängert“, sagt Dieter Schwan im SZ-Gespräch. Somit konnte er 20 Monate länger in dem Job arbeiten, für den er soviel „Begeisterung und Herzblut“ empfindet. So sind dann auch die letzten Arbeitstage besonders lang ausgefallen. „Ich habe extra später Feierabend gemacht, damit die Zeit bis zur Rente nicht so schnell vergeht“, gesteht er. Doch nun ist sie gekommen, die letzte Schicht, der Moment loszulassen. „Es fällt mir so unendlich schwer.“

Die Karriere des Polizeihauptkommissars begann mit 17 Jahren. „Ich war damals begeisterter Fußballer und hörte, dass es eine Sportförderung bei der Bundespolizei gibt“, erinnert sich Schwan, der sich inzwischen dem Tennis verschrieben hat. Er bewarb sich bei der Polizeibehörde und wurde 1974 eingestellt. Für zwei Jahre ging es zur Ausbildung nach Bad Hersfeld. „Anfänglich habe ich jeden Abend trainiert. Doch dann merkte ich, dass mich der Fußball zum Außenseiter machte.“ Von da an verbrachte er mehr Zeit mit den Azubi-Kollegen.

1976 ging es zurück ins Saarland, genauer gesagt zur Dienststelle Goldene Bremm. Dort arbeitete Schwan im Grenzschutzeinzeldienst. „Das hat mir gut gefallen.“ Nach einem kurzen dreimonatigen Zwischenspiel am Aachener Bahnhof wurde der junge Bundesbeamte seiner ersten festen Dienststelle zugewiesen: am Bahnhof in Forbach. Seine vielleicht „schönste Zeit bei der Bundespolizei“ verbindet Schwan mit der „motorisierten Fahndungsgruppe“, zu der er für einige Jahre – bis zu deren Auflösung – gehörte. „Wir waren immer unterwegs, es war unglaublich abwechslungsreich“, sagt Schwan. Bis nach Aachen und in die Pfalz hinein reichte das Einsatzgebiet.

Auch am Flughafen in Ensheim und im Ermittlungsdienst hat der 62-Jährige gearbeitet. Eine Station, an die er sich auch gerne erinnert, ist das Revier (später Dienstverrichtungsraum) in Neunkirchen. Er schätzte die Zusammenarbeit mit einzelnen Kollegen der Landespolizei. Während einer Nachtschicht wurde ihm dann der Job als Pressesprecher angetragen. „Ich dachte zuerst, das will ich nicht. Ich brauche meine Blaulicht-Fahrten“, blickt Schwan zurück. Doch dann ließ er sich drauf ein – mehr als zehn Jahre lang. „Für mich war Pressearbeit immer ein Geben und Nehmen“, sagt Schwan. „Ich wollte, dass die Bürger so viel wie möglich von unserer Arbeit erfahren. Aber selbstredend durften dadurch keine Verfahren gefährdet werden.“

Der 62-Jährige hat in seiner Dienstzeit viel erlebt. Schöne und traurige Momente habe es gegeben, dramatische und weniger dramatische Situationen. Er erinnert sich noch heute daran, wie er als junger Beamter einen gesuchten Mörder in Nennig verhaften konnte. Dieser hatte eine Frau erschlagen. Bei den Fahndern gingen kurz darauf Hinweise auf das Auto ein, in dem er unterwegs war. „Das war Nervenkitzel pur.“

Was Schwan lange nicht losgelassen habe, war ein tragisches Unglück, bei dem ein Junge auf einen Waggon gestiegen und an die Stromleitung geraten war. „Er wollte nur klettern und starb dabei“, sagt der Polizeihauptkommissar mit gedämpfter Stimme. „Das ist mir sehr nahe gegangen.“ Aber auch die schönen Momente bleiben im Gedächtnis. So traf der Beamte einmal auf eine junge Familie, denen Papiere und Geld gestohlen worden war. Sie wussten nicht, wie sie nach Hause kommen sollte. Kurzerhand lieh ihnen Schwan 30 Mark, um das Auto zu tanken. Einige Zeit später erreichte ihn ein Umschlag. „Darin war nicht nur das Geld, sondern auch ein sehr schöner Dankesbrief. Das hat mich sehr gefreut.“ Der 62-Jährige lächelt. Ihm ist eine weitere Anekdote eingefallen. Zusammen mit einem Kollegen sollte er einen Obdachlosen dem Haftrichter vorführen. Diesen hatten die Bundespolizisten mit einer Flasche Rotwein in der Hand angetroffen. Letztere sollte er zurücklassen. Da bat der Mann die Beamten, noch den letzten Schluck aus seiner Flasche nehmen zu dürfen. Was tun? Die Polizisten wendeten sich ab, der Mann trank. Dann ging es wie geplant zum Haftrichter. Der betrachtete den Beklagten vor sich genau und fragte ihn, ob er Alkohol getrunken habe. Wie würde der Mann jetzt reagieren? Mit ernster Miene blickte er auf den Richter und verneinte. Als Schwan den Obdachlosen später auf diese Situation ansprach, sagte der nur: „Ich verrate doch keine Freunde.“

 Dieter Schwan mit der erfolgreichen Rennrodlerin Natalie Geisenberger. Er lockte die Sportlerin anlässlich des Powerman, der Europameisterschaft im Duathlon, im Mai 2017 nach St. Wendel.  Foto: Evy

Dieter Schwan mit der erfolgreichen Rennrodlerin Natalie Geisenberger. Er lockte die Sportlerin anlässlich des Powerman, der Europameisterschaft im Duathlon, im Mai 2017 nach St. Wendel. Foto: Evy

Foto: Evelyn Schneider

Es sind diese und viele weitere Erinnerungen, die Dieter Schwan mitnimmt, wenn er nun den Schreibtisch in seiner Dienststelle in Bexbach räumt. Nach 45 1/4 Jahren hängt er die Uniform der Bundespolizei an den Nagel und übergibt den Bereich Pressearbeit an seinen Nachfolger Karsten Eberhardt.

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