Seltene genetische Erkrankung „Felix lässt sich nicht unterkriegen“ – Benefiz-Aktion in Ottweiler soll krankem Jungen helfen

Ottweiler/Bubach · Der Vierjährige leidet unter dem seltenen Gendefekt FOP. Um auf die Krankheit aufmerksam zu machen und dem Jungen zu helfen, organisiert die Reservistenkameradschaft Ottweiler am 6. Februar einen Benefiz-Suppentag.

 Felix testet sein Spezialfahrrad. Er kann es auch mit einer Hand steuern. Den linken Arm kann der Junge nicht mehr bewegen.

Felix testet sein Spezialfahrrad. Er kann es auch mit einer Hand steuern. Den linken Arm kann der Junge nicht mehr bewegen.

Foto: Cullmann

Sein Fahrrad ist Felix‘ großer Stolz. Es gleicht ein bisschen einem Kettcar und bietet ihm eine gewisse Sicherheit. Zuletzt ist er im frühen Herbst damit gefahren. Damals konnte er sein Rad noch mit beiden Händen steuern. Jetzt ruht sein linker Arm dicht am Körper. Bewegen kann ihn der Vierjährige nicht mehr.

Der Junge aus Bubach leidet an der seltenen genetischen Erkrankung Fibrodysplasia Ossificans Progressiva (kurz: FOP). Als Felix gerade mal neun Monate alt war, bekamen seine Eltern Shenoa und Jan Cullmann die Diagnose. Damals war ihr Sohn der jüngste Patient weltweit, der so massiv von der Krankheit betroffen war. Durch den Gendefekt können sich Muskeln, Bänder und Sehnen in Knochen verwandeln. Das bedeutet, dass der Körper versteift. Bei Felix sind bereits Kopf beziehungsweise Halswirbelsäule, Schultern und die komplette Wirbelsäule steif, seit 2020 kann der Junge seinen Mund nur noch vier Millimeter öffnen. FOP verläuft in Schüben. Diese können durch Verletzungen ausgelöst werden oder kündigen sich durch Schwellungen an. Eine solche Schwellung tauchte Ende 2021 in der linken Achselhöhle des Jungen auf. Wie seine Mutter schildert, wurde unverzüglich in der Heidelberger Uniklinik eine Therapie mit Cortison begonnen. Doch die Medikamente konnten nicht verhindern, dass sich die Mobilität des Jungen weiter eingeschränkt hat. „Quasi über Nacht konnte er den Arm nicht mehr bewegen“, sagt Shenoa Cullmann. Zu diesem Zeitpunkt hatte der jüngste Sohn der Cullmanns – sie haben noch einen achtjährigen Sohn namens Niklas – schon eine harte Zeit hinter sich. Im November war das passiert, wovor die Eltern immer Angst hatten: Felix litt unter einem Magen-Darm-Infekt, musste sich übergeben und wäre beinahe erstickt. Es ging in die Homburger Uniklinik. Dort bekam der Junge umgehend Sauerstoff, die Lunge wurde geröntgt. „Ich bin zwei Mal zusammengeklappt. Es war alles zu viel“, schildert Felix‘ Mutter. Der Vierjährige erlitt eine Lungenentzündung, von der er sich aber gut erholte. „Inzwischen haben wir einen Monitor mit Sauerstoffzufuhr zuhause. So können wir im Notfall 20 Minuten überbrücken, bis der Notarzt da ist.“

 Weihnachtszeit bei Familie Cullmann mit Mutter Shenoa, Niklas, Felix und Vater Jan (von links).

Weihnachtszeit bei Familie Cullmann mit Mutter Shenoa, Niklas, Felix und Vater Jan (von links).

Foto: Cullmann

Aufwühlende Wochen liegen hinter der Familie. Felix‘ nehme es tapfer hin, dass er seinen linken Arm nicht mehr bewegen kann. Er versuche,  Wege zu finden, trotzdem das zu tun, was ihm Spaß macht. Wie das Fahren mit seinem besonderen Rad. Nervös beäugten seine Eltern, wie ihr Sprössling darauf nun wieder testweise Platz nahm. Und siehe da, es ging. Er konnte damit fahren. „Mein Herz ist aufgegangen, als ich das gesehen habe“, sagt Shenoa Cullmann. Felix lasse sich eben nicht unterkriegen. In Begleitung seiner Familie kann er im Frühjahr also wieder mit seinem Rad unterwegs sein. Zum Schutz vor Verletzungen trägt er ohnehin dauerhaft einen Helm sowie Knie- und Ellenbogenschoner.

Felix‘ Krankheit bestimmt zum Großteil das Leben der Cullmanns. Aber sie sind nicht alleine mit ihrem Schicksal. Es gibt viele Menschen, die Anteil daran nehmen. So auch Torsten Bur. Durch Felix‘ Großvater Rüdiger Cullmann, der wie er in der Feuerwehr engagiert ist, erfuhr er von der Krankheit FOP und was diese für die Betroffenen und deren Familien bedeutet. Sofort war für den Vorsitzenden der Reservistenkameradschaft Ottweiler klar: „Da müssen wir etwas tun.“ Die 50 Mitglieder zählende Kameradschaft sei immer gerne zur Stelle, um zu helfen. Wenn nicht gerade Corona alles durcheinanderbringt, veranstalten die Reservisten jährlich, stets am 15. August, Spendenaktionen. Im Mittelpunkt steht dann das Kochen für den sozialen Zweck.

Dieser Tradition bleibt die Truppe treu. Bei der Benefizaktion „Kochen für Felix“ am Sonntag, 6. Februar, an der Skaterbahn „Im Alten Weiher“ in Ottweiler wird Erbsensuppe mit Sauerkraut und Würstchen serviert. Und das pandemiegerecht. „Wir organisieren den Suppenverkauf per Drive-by“, erklärt Bur. Die Gäste können bequem in den Autos sitzenbleiben. An einem ersten Stopp ist die Kasse untergebracht. Dort wird bezahlt: fünf Euro pro Portion. Dann geht es weiter zur Essensausgabe. „Dort füllen wir die Suppe in die von den Leuten mitgebrachten Behältnisse“, sagt der 43-Jährige. Diese sollten mindestens 500 Milliliter fassen können. Für Würstchen und Sauerkraut braucht es weitere Gefäße. Von 11 bis 17 Uhr ist der Drive-by geöffnet.

Gekocht wird vor Ort in Feldküchen. Insgesamt 500 Portionen sollen am Ende verkauft werden. „Sollte etwas übrig bleiben, so sind 50 Portionen schon mal dem Kältebus in Saarbrücken als Spende versprochen“, sagt Bur. Unterstützung bekommt die Ottweiler Truppe von den Reservistenkameradschaften aus Hassel und Bexbach.

Zusätzlich zu der Suppen-Aktion hat Bur 20 Spendendosen für Felix gestaltet und diese in Geschäften verteilt. Jeweils der komplette Erlös geht an Familie Cullmann. Diese ist aktuell damit beschäftigt, ihr Haus an die Bedürfnisse von Felix‘ anzupassen. Shenoa Cullmann hat ihren Beruf aufgegeben, um für ihre beiden Söhne da zu sein. Ihr Mann, der nun Alleinverdiener ist, arbeitet im Schichtdienst.

 Diese Spendendosen zur Unterstützung von Felix werden in Geschäften aufgestellt.

Diese Spendendosen zur Unterstützung von Felix werden in Geschäften aufgestellt.

Foto: Torsten Bur

„Zum einen wollen wir Felix helfen, aber wir wollen auch generell auf die Krankheit FOP aufmerksam machen“, sagt Torsten Bur. Er selbst hat interessehalber inzwischen einiges darüber gelesen, sowie Felix und seine Familie persönlich kennengelernt. „Wir freuen uns über die Aktion und finden es toll, was Torsten Bur organisiert hat“, sagt Shenoa Cullmann. Denn es ist auch ihr ein großes Anliegen, dass die Krankheit bekannter wird.

Verkrümmte und verkürzte Großzehen bei Säuglingen können ein erstes Indiz für FOP sein. Die Krankheit ist unheilbar. Die größte Chance für FOP-Patienten besteht in einer Genersatztherapie, die es bislang allerdings noch nicht gibt.

Weitere Infos zu der Erkrankung:

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