Auch jetzt drohen Wildunfälle

St Wendel · Aufgepasst auf das, was sich am Straßenrand regt. Urplötzlich kann ein Reh vors Auto springen. Wer nicht damit rechnet, riskiert einen Zusammenstoß. Deshalb raten Experten zu weitsichtiger Fahrweise. Auch jetzt.

 Totes Reh am Fahrbahnrand: Viele Tiere erschrecken vor Autolichtern, flüchten aber nicht. Es kommt zum Unfall. Auch in dieser Jahreszeit ist dies kein seltenes Bild. Symbolfoto: dpa/Julian Stratenschulte

Totes Reh am Fahrbahnrand: Viele Tiere erschrecken vor Autolichtern, flüchten aber nicht. Es kommt zum Unfall. Auch in dieser Jahreszeit ist dies kein seltenes Bild. Symbolfoto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Augen funkeln im Scheinwerferlicht. Wie erstarrt bleibt das Reh mitten auf der Straße stehen. Schaut durch die Windschutzscheibe. Sein Blick trifft auf den des Autofahrers. Dann der Knall. Wildunfall. Keine Seltenheit auf unseren Straßen. Vergangenes Jahr hat die Polizei allein im Landkreis St. Wendel 825 Wildunfälle erfasst. Im Schnitt also mehr als zwei Unfälle pro Tag.

"Die Dunkelziffer liegt noch höher", sagt Albert Feidt von der Polizeiinspektion in St. Wendel . Und immer wieder werden dabei auch Menschen verletzt. 2015 zählte die Polizei in der Region bei Unfällen mit Wild drei schwer- und vier leichtverletzte Menschen. Autofahrer sollten besonders in den frühen Morgenstunden und ab Einsetzen der Abenddämmerung vorsichtig sein. In dieser Zeit überqueren Rehe und Wildschweine die Straßen am häufigsten. "Die meisten Unfälle geschehen zwischen 5 und 8 Uhr sowie ab zirka 17 Uhr bis nach Mitternacht", sagt Feidt.

Er warnt: Im Frühjahr und Herbst nehme die Zahl der Wildunfälle zwar erfahrungsgemäß zu. Aber die Gefahr, mit Hasen, Füchsen, Damwild und Co. zu kollidieren, bestehe das ganze Jahr. Der Polizeihauptkommissar empfiehlt daher, in allen Wald- und Flurgebieten mit erhöhter Aufmerksamkeit zu fahren. Denn: "Wildwechsel tritt nicht nur an den speziell beschilderten Stellen auf", sagt Feidt. Auch wo keine Verkehrsschilder warnen, könnten Tiere die Fahrbahn queren. Wer vorausschauend fahre, könne die Risiken eines Zusammenstoßes verringern.

Die Polizei rät, Verkehrsdurchsagen im Radio ernst zu nehmen. Dementsprechend die Geschwindigkeit zu reduzieren, bremsbereit zu sein und Abstand zum Vordermann zu halten. "Sofern ein Tier die Straße überquert hat, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass noch weitere Tiere folgen", erklärt Feidt. Er empfiehlt, immer auch den Fahrbahnrand im Auge zu haben. Wenn ein Autofahrer etwa ein Reh entdeckt, solle er bremsen, hupen und abblenden.

Die wichtigste Regel aber laute: "Auch wenn's schwer fällt, bei Kleintieren nicht ausweichen. Dadurch bringt man sich selbst in Lebensgefahr", sagt Feidt. Stattdessen sollten Autofahrer bei unvermeidlichen Zusammenstößen eine Vollbremsung hinlegen und das Lenkrad festhalten. Nach der Kollision müssen Beteiligte die Unfallstelle absichern, gegebenenfalls Verletzten helfen und die Polizei informieren. Von dem angefahrenen Tier sollten sie jedoch Abstand halten. "Ein totes Tier abzutransportieren, ist ebenfalls nicht erlaubt, das ist Wilderei", so der Polizist.

Über 500 Millionen Euro müssen Versicherungen jährlich zur Regulierung von Wildunfällen aufwenden, berichtet der Deutsche Jagdverband auf seiner Internetseite. "Bei Zusammenstößen mit Haarwild, also nicht mit Vögeln, zahlt die Teilkasko", sagt Feidt. "Daneben kann der Schaden in bestimmten Fällen auch über die Vollkaskoversicherung reguliert werden", berichtet der Hauptkommissar. Er empfiehlt Autofahrern, sich rechtzeitig bei ihrer Versicherung zu informieren. "Um Wildunfälle zu reduzieren, hat die Jägerschaft im vergangenen Jahr, mit den Jagdgenossenschaften , im Landkreis St. Wendel auf eigene Kosten nahezu flächendeckend Wildwarnreflektoren an den Leitpfosten der Kreis- und Landstraßen angebracht", erklärt Michael Saar. Zahlen über Rückgänge von Wildunfällen durch die Installation der Reflektoren liegen dem Vize-Kreisjägermeister der Kreisgruppe St. Wendel noch nicht vor. Auswertungen aus anderen Bundesländern klingen jedoch vielversprechend. In Schleswig-Holstein etwa testeten Jäger im Jahr 2013 den Einsatz von Duftzäunen und blauen Reflektoren. Das Ergebnis: Auf den 25 Versuchsstrecken konnte die Zahl der Wildunfälle um bis zu 80 Prozent reduziert werden.

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