Als ein Dorf in Trauer versank

Winterbach · Er galt als schnellster Polizist Europas: Karl Recktenwald zählte zu den besten deutschen Motorradrennfahrern. Er war der Stolz der Winterbacher. Am Samstag vor 50 Jahren verunglückte er auf der Strecke tödlich.

 Karl Recktenwald bei einem seiner letzten Rennen anlässlich des internationalen Preis des Saarlandes am 3. Mai 1964 auf dem Stadtrundkurs in St. Wendel. Am 19. Juli 1964 stürzte er bei einem WM-Lauf. Er erlag im Alter von 33 Jahren seinen Verletzungen. Fotos: Staub

Karl Recktenwald bei einem seiner letzten Rennen anlässlich des internationalen Preis des Saarlandes am 3. Mai 1964 auf dem Stadtrundkurs in St. Wendel. Am 19. Juli 1964 stürzte er bei einem WM-Lauf. Er erlag im Alter von 33 Jahren seinen Verletzungen. Fotos: Staub

 Der Winterbacher Karl Recktenwald startete in der Klasse bis 500 Kubikzentimeter auf einer Norton-Maschine.

Der Winterbacher Karl Recktenwald startete in der Klasse bis 500 Kubikzentimeter auf einer Norton-Maschine.

Der 19. Juli 1964, am vergangenen Samstag vor 50 Jahren, war der Tag, an dem ein Dorf in Trauer versank. Was nach einem normalen Rennunfall aussah, stellte sich am frühen Abend als tragisch heraus. Karl Recktenwald aus Winterbach verunglückte beim Motorrad-Weltmeisterschaftslauf auf der Stuttgarter Rennstrecke Solitude schwer. Er wurde ins Leonberger Krankenhaus eingeliefert, wo er am späten Nachmittag seinen beim Sturz erlittenen inneren Verletzungen erlag. Recktenwald wurde 33 Jahre alt.

Unfall nach Ausweichversuch

Der Winterbacher galt als sicherer Fahrer. Er kam beim Versuch eines mit technischem Defekt vor ihm liegenden Fahrers auszuweichen von der Strecke ab und verunglückte im angrenzenden Waldstück. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in seinem 2000 Einwohner großen Heimatort. Noch heute erinnert sich die Mutter des Autors an diesen Tag und schildert die Betroffenheit der mitgereisten Winterbacher Motorradfans. Für den Autor selbst, der damals 13 Jahre alt war, waren die damaligen St. Wendeler Motorradrennen mit dem Winterbacher Lokalmatador ein großer Feiertag im Jahr. Weil man aber das Eintrittsgeld noch nicht hatte, schlich man sich über die Felder zur Rennstrecke, um sein Idol erleben zu können.

Recktenwald war Polizist. Er fuhr Motorradstreife bei den "Weißen Mäusen", wie die Motorradstreifen damals genannt wurden. Er galt als hilfsbreit, kollegial und immer nach Verbesserungen suchend, was ihm unter anderem auch das Attribut des "schnellsten Polizisten Europas" einbrachte. Sein Rennfahrerhelm mit dem Polizei-Stern wurde ihm auf den Sarg gelegt und mit ins Grab gegeben.

Viele seiner Rennfahrerkollegen waren bei den St. Wendeler Rennen, die von August Balthasar organisiert wurden, in den Gästezimmern der familiären "Donner Bräu Gaststätte Waldeck" in Winterbach untergebracht. Recktenwald startete in der Klasse bis 500 Kubikzentimeter auf einer Norton. Er zählte zu den besten deutschen Fahrern, die sich bei Weltmeisterschaftsläufen mit der internationalen Spitze messen konnten - darunter der vielmalige Weltmeister Mike Hailwood (MV Augusta) und Phil Read (Gilera/beide aus Großbritannien), die Australier Jack Ahearn (Norton) und Jack Findlay, Mike Duff aus Kanada, Paddy Driver aus Südafrika (alle auf Matchless).

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