Alles Roger in St. Wendel: Jazzer begeistert Publikum

St Wendel · Ausgelassene Feierstimmung auf den billigen Plätzen. Die Bigband Urknall und Stargast Roger Cicero samt Musikertrio brachten in St. Wendel die Menschen auf Balkonen und der Terrasse eines Eis-Cafés zum Tanzen. Der Konzertabend der Musikfestspiele Saar bot Party-Atmosphäre – auch außerhalb des Open-Air-Geländes auf der Mott. Eine Konzertbetrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln.

Das passt doch zusammen. Traumhaftes Wetter, ein leckerer Eisbecher und ein kostenloser Konzertabend mit Roger Ciceros "Jazz Experience" und der lokalen Bigband Urknall . Wie, kostenlos? Die Terrasse des Eis-Cafés Venezia wurde am Samstag zur Loge, von woaus der Musikfreund beste Sicht auf das Geschenen auf der Mega-Bühne auf der Mott hatte. Dort tauchte die Bigband Urknall als Appetitmacher auf. Es sei "ein spontaner Auftritt", teilte Urknall-Taktgeber Ernst Urmetzer mit. Vor zwei Wochen hätte ihn die Organisation der Musikfestspiele Saar wegen des Auftritts kontaktiert. Die 21 Urknall-Musiker präsentierten Jazz-Standards von verschiedenen Komponisten. Die Stimme von Sängerin Isabel Mlitz lockerte die ansonsten instrumentalen Parts merklich auf. "Feeling good" - Liedtitel und Motto zugleich. Es sei schon cool vor so einem bekannten Musiker wie Roger Cicero aufzutreten, meinte die Sängerin. Kurz vor dem Auftritt war sie ihm im Mia-Münster-Haus begegnet. Nach der Vorstellung versammelten sich die jungen Urknall-Musiker hinter der Bühne um die Jazz-Größe. Als er erfuhr, dass einige zudem in einer Schüler-Bigband spielen, entgegnete er: "Hmm, Schüler-Bigband ist schon krass".

Dem 44-Jährigen gefiel es in St. Wendel . "Oh, ist das geil hier", freute er sich, als er am Nachmittag die Bühne zum Sound-Checkbetrat. Vier Stunden später präsentierte er jazzige Interpretationen von Liedern aus verschiedenen Genres. Und die wurden auch in zwölf Meter Höhe bei einer Dachterrassen-Party genossen. "Seine Lieder sind sehr angenehm und beruhigend, es passt doch alles zu dem schönen Abend", sagte Partygast Ingrid Latz. Mit einem Fernglas überwand sie die Distanz zur Bühne und konnte sich den Jazzer Cicero so auch im Großformat anschauen. Der stimmte "From the Morning" von Nick Drake an und Latz wurde zur Stärkung von der Seite Gegrilltes gereicht.

Selbst mit der Hilfe eines Fernglases hätten die vier Frauen von ihrer Bank in der Wilhelmstraße aus den Künstler nicht sehen können. Ein Krankenwagen versperrte dem Sekt schlürfenden Quartett die Sicht auf den - wie viele Frauen schwärmten - "granatenhaft gut aussehenden Sänger". Werner Klär von der Stadtverwaltung hatte sofort die Lösung parat, um den Damen zu ihrem Augenschmaus zu verhelfen. "Wir öffnen die Beifahrertür des Krankenwagens, dann können die Damen ihn durch die Seitenscheibe sehen".

Fern- und Operngläsern lagen bei Bernd Leidinger auf dem Balkontisch bereit. Auch bei ihm stieg eine Fete in luftiger Höhe. "Wir haben Freikarten", witzelte der Gastgeber. Er hatte den Aufbau der Bühne auf der Mott von seinem Aussichtspunkt beobachtet und nebenbei einem Radiosender ein Interview gegeben. "Da ist etwas Großes auf die Beine gestellt worden. Den Roger Cicero kennen wir, der macht tolle Musik", stellte Leidinger fest.

Cicero grüßte derweil freundlich die Partygesellschaften auf den Balkonen und servierte anschließend einen Hit von Stevie Wonder . "Das ist doch eine traumhafte Kulisse", so Ingrid von Kannen. Doch der Blick von oben zeigte viele weiße Flecken oder genauer gesagt nicht besetzte Plastikstühle vor der Bühne.

Wieder zehn Meter tiefer auf dem Pflaster angekommen, zog Cicero ein Großteil der rund 800 Besucher wie ein Magnet an. "Kommt alle nach vorne vor die Bühne", forderte er freundlich auf. Zum Abschluss verpasste Cicero dem tanzenden Publikum die Gute-Nacht-Dosis. Der Mützenträger vermengte Jazz mit jamaikanischen Reggae-Klängen von Rasta-Mann Bob Marley . "Is this love, that I'm feelin'", fragte Cicero. In St. Wendel war ihm die Zuneigung des Publikums gewiss. Auch deshalb, weil er sympathisch rüber kam. > Berichte C 3 (Interview) und B 4 (Kritik).

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