Alles in Trump-Hand und Saarwendel first

Freisen/Marpingen/St Wendel · Die Fastnacht geht in ihre heiße Phase. Narren stürmten die Rathäuser und Ämter in St. Wendel, Freisen und Marpingen.

 Die beiden wollen St. Wendel „great again“ machen (v.l.): Donald Trump und sein „Brother“ Donald Trump. Fotos: B&K (3)

Die beiden wollen St. Wendel „great again“ machen (v.l.): Donald Trump und sein „Brother“ Donald Trump. Fotos: B&K (3)

Kurze Zeit durfte Landrat Udo Recktenwald (CDU) am gestrigen Fetten Donnerstag hoffen, dass die Narrenschar aus St. Wendel ihn verschonen würde - denn um 11.11 Uhr war vor seinem Amtssitz von den Revolutionären noch nichts zu sehen. Doch Minuten später war dann klar, es ist und bleibt so wie es war. Nun zeigen in Gazetten, der Landrat liegt in Ketten. Scherz beiseite, schließlich ist Machtübernahme eine ernste Sache. Das weiß auch der neue US-Präsident (U)Do(nald) Trump, der, nachdem sich Recktenwald bei der Ankunft des Narrenkorps kurzerhand verdünnisiert hatte, die Macht im Landratsamt übernahm. Dort widersetzte sich der Trump aus der Pfalz zunächst seiner Verhaftung, doch dann stellte er sich den vom St. Wendeler Karnevalsverein (KV) angeführten Revoluzzern. Auf der Bühne im Foyer war Verhandlung. Die Rolle des Anklägers übernahm Erich Maldener vom KV St. Wendel. "What have you vor in unserer Town? What guddes tun - that glaub ich kaum", vermutete Maldener. Und Udonald Trumptenwald listete eine ganze Reihe Vorhaben auf, die er per Sorfortdekret auch umgehend in Kraft setzte. So ist beispielsweise die altbekannte Forderung nach weniger Landkreisen im Saarland umgesetzt. "Die Landkreise - duhn mich nur verdamme, die lege ich zu ähnem sesamme (. . .). Ich regier den einen Kreis in diesem Land, Saarwendel, so wird er künftig genannt." Außerdem hat er als Landkreispräsident ein neues Einstellungsverfahren eingeführt - auch per Sofortdekret. Darin gibt es ein paar knifflige Fragen. Etwa ob der Meeresspiegel kaputt geht, wenn man in See sticht. Oder ob es Zufall ist, dass in Kaufrausch das Wort Frau enthalten sei. Da er die Fragen selbst nicht beantworten konnte, akzeptierte er schließlich - kaum im Amt - seine Absetzung. Und marschierte in Ketten gelegt mit dem Tross zum Schlossplatz.

Im alten Rathausgebäude sollte Bürgermeister Peter Klär (CDU) entmachtet werden. Doch der Verwaltungschef war nicht auffindbar. Also nahmen die närrischen Sturmbrigaden kurzerhand denjenigen fest, den sie zu greifen bekamen: den städtischen Feld-Wald-und-Wiesen-Kurt, den Beigeordneten Kurt Wiese. "Klär setzt sich hier net en die Nessel, furzt lieber im Rathaus in die Sessel", wussten die Ankläger vom Ochsitorium, die sich einen unabhängigen Experten aus den USA eingeladen hatten. Es war, wer sollte es sonst sein, Donald Trump, alias Hauptamtsleiter Udo Ritter. Dass er gemeinsam mit Udonald Trumtenwald auf der Bühne stand, war für ihn kein Problem. "It's my brother", verriet der echte falsche Trump - also der aus dem Rathaus. Dieser berichtete auch, dass Klär heimlich Geld aus dem Stadtsäckel abzweigt, um seinem Vorgänger "Bulli" ein Reiterstandbild spendieren zu können. "God bless St. Wendel".

Trillerpfeifen sind zu hören, dann ein lauter Knall. Aus der Kanone vor dem Rathaus in Freisen fliegen Konfetti. Es ist der Startschuss für die Entmachtung des Bürgermeisters. Die Freisener Hexen führen Karl-Josef Scheer (SPD) ab. Im Sitzungssaal nennt Oberhexe Sylvia Schmidt dann im Beisein zahlreicher Narren die Anschuldigungen, bevor sie den Haftbefehl ausspricht. "Es wird Zeit, dass sich endlich was tut, dass es unserer Gemeinde geht wieder gut", sagt die Hexe. Der Bauhof, der den Schnee von der Straße auf die frisch geräumten Bürgersteige schiebt. Die Jugend, die im Sommer auf dem Schulhof mit Hochprozentigem feiert. Blitzer vorm Rathaus. Und die Angst, dass das Rathaus nun nach Oberkirchen verlegt wird. Das waren die Hauptpunkte der Anklageschrift. Es werde Zeit, so Schmidt, dass der Friede in Freisen wieder einkehre. Daher forderte sie, ganz in Trump-Manier, eine Mauer zu Oberkirchen zu bauen. Aber nicht aus Stein, sondern aus Glas - damit die Oberkircher auch sehen, wie schön es in Freisen ist. Scheer, der in Oberkirchen wohnt, wird sodann auch gleich der illegalen Einwanderung beschuldigt.

Scheer hat Einiges zu seiner Verteidigung zu sagen. "Was die Blitzer angeht, da kommt mir gleich in den Sinn, da stellt Ihr Hexen Euch mit der Sofort-Bild-Kamera hin." Das eingesparte Geld werde er nutzen, um sich ein Flugzeug zu kaufen, die "Airfeis One". Daher bleibe das Rathaus in Freisen - in Oberkirchen müsse er erst einen Flughafen bauen. Und was die Jugend angeht, da hat er einen klugen Satz parat: "Jung sein ist gar nicht leicht." Und weiter: "Tolerant sein gilt für alle gleich; für Jung und Alt, für Arm und Reich."

 Allein unter Frauen – und den Rathausschlüssel auch noch los. Freisens Bürgermeister Karl Josef Scheer ist (vorübergehend) abgesetzt.

Allein unter Frauen – und den Rathausschlüssel auch noch los. Freisens Bürgermeister Karl Josef Scheer ist (vorübergehend) abgesetzt.

 Entmachtet: „Sir“ Thomas Bauerfeld entreißt Bürgermeister Volker Weber den Schlüssel zum Rathaus. Foto: Frank Faber

Entmachtet: „Sir“ Thomas Bauerfeld entreißt Bürgermeister Volker Weber den Schlüssel zum Rathaus. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Rausgeworfen wurde indes Sigmaringens Bürgermeister Volker Weber. Bis Aschermittwoch ist nun der Theater- und Karnevalsverein Altweiler in der Gemeinde, die bis gestern noch Marpingen hieß, am Zug. "Der Bürgermeister ist klamm, der Bürgermeister ist blank", trug Florian Gasse singend in der Anklageschrift vor. Stimmt. Nachdem die Narren den als Dompteur getarnten Weber in Haft genommen hatten, wurde ihnen Gerstensaft kredenzt, der schon lange sein Haltbarkeitsdatum überschritten hatte. "Das ist uns bei Werner Laub nie passiert", meinte "Sir" Thomas Bauernfeld, der Weber mit Brachialgewalt den Rathausschlüssel entriss. Seit August des vergangenen Jahres, so lautet ein gravierender Vorwurf der Narren, würde Weber im Rathaus ruhen. Und der ging immer mehr in die Knie. "Der Volker schnappt nach Luft, es kommt nix mehr", freut sich Sänger Gasse. Anschließend wurde Weber von den Gardemädchen abgeführt. Der entmachtete Verwaltungschef kündigte an, für das Wochenende einen Ausbruch zu planen.

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