Ältester Verein des Ostertals löst sich auf

Hoof · Nur noch wenige Mitglieder engagierten sich zuletzt im Krankenunterstützungsverein Hoof. Nach 120 Jahren kam das Aus.

 Die Solidargemeinschaft hat ihre Mitglieder im Krankheits- und Sterbefall unterstützt. symbolFoto: Marcel Mettelsiefen/dpa

Die Solidargemeinschaft hat ihre Mitglieder im Krankheits- und Sterbefall unterstützt. symbolFoto: Marcel Mettelsiefen/dpa

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Generalversammlung mit einem traurigen Ende. Nach 120 Jahren hat sich der Krankenunterstützungsverein Hoof am Sonntag aufgelöst. In all den Jahren hat die traditionsreiche Solidargemeinschaft ihre Mitglieder im Krankheits- und Sterbefall unterstützt. "Wir haben keinen Vorstand mehr zusammenbekommen, schon seit Jahren ist nicht mehr viel gelaufen", berichtet der 81-jährige Walter Cullmann. 21 Jahre hat der ehemalige Hoofer Ortsvorsteher (1979 bis 1994) als Vorsitzender den örtlichen Krankenunterstützungsverein angeführt.

"Die Auflösung war ein Wunsch. Da wir kein eingetragener Verein waren, konnten wir diesen Schritt vollziehen", sagt Cullmann. Zuletzt hätten sich noch drei, vier der 56 Mitglieder im ältesten und noch bestehenden Verein im Ostertal engagiert.

Rückblick: Die Krankenunterstützungsvereine sind Selbsthilfegruppen, die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildeten, um in einer Zeit, als es noch keine Sozialversicherung gab, ihre Mitglieder im Krankheits- und Todesfall finanziell zu unterstützen. Der Euphorie früher Industrialisierung im 19. Jahrhundert folgte eine erste Wirtschaftskrise 1873/74, die zu breiter Verelendung der arbeitenden Bevölkerung führte. Für Arbeiter hatte der Arbeitstag 18 Stunden, Kinderarbeit war an der Tagesordnung und bei Krankheit gab es keinen Lohn. In dieser Zeit entstanden die Krankenunterstützungsvereine, die eine historische Vorbildfunktion für die Absicherung der Arbeiter und Handwerksgesellen hatte. Die Bismarck'sche Sozialgesetzgebung kam erst in den Jahren 1883 bis 1889, und auch danach gab es für die ländliche Bevölkerung keinerlei Versicherungsschutz.

1897 schlossen sich die Hoofer Bergleute zu einem Krankenunterstützungsverein zusammen. In der Satzung setzte man sich das Ziel, erkrankte oder in Ausübung des Berufes verunglückte Bergleute vor Not zu schützen und im Todesfall den Familienangehörigen eine Geldunterstützung zukommen zu lassen. Die Krankenunterstützung betrug 50 Pfennige pro Tag, das Sterbegeld des Mitglieds oder seiner Ehefrau 40 Mark. Erster Vereinsvorsitzender war Jakob Schneider III. "Wir haben uns am Schluss um alle Berufe gekümmert, unser Jahresbeitrag hat sieben Euro betragen. 400 Euro Sterbegeld und 50 Cent Krankengeld pro Kalendertag haben wir bezahlt", sagt Cullmann.

Nach der Auflösung wechseln die alten Vereins-Uniformen nun in den Fundus des Ostertaler Heimat- und Kulturvereins. "Die Sachen sind dort in guten Händen", meint Cullmann abschließend. Somit gehört die Hoofer Solidargemeinschaft der Geschichte an.

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