Statistik 2017 klickten häufig die Handschellen

St. Wendel · Das St. Wendeler Land liegt mit einer Aufklärungsquote von 57,7 Prozent über dem landesweiten Durchschnitt.

 Ein Mann in Handschellen. Mehr als die Hälfte aller Straftaten im Landkreis St. Wendel wurden 2017 aufgeklärt. Besonders groß ist der Erfolg bei Wohnungseinbrüchen.

Ein Mann in Handschellen. Mehr als die Hälfte aller Straftaten im Landkreis St. Wendel wurden 2017 aufgeklärt. Besonders groß ist der Erfolg bei Wohnungseinbrüchen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Den letzten Platz in einem Ranking einzunehmen, hat manchmal auch etwas Gutes. So beispielsweise wenn es um die Zahl der Straftaten geht. Im Jahr 2017 wurden saarlandweit 70 860 Delikte registriert. 3349 davon im St. Wendeler Land. Damit ist der Landkreis St. Wendel Schlusslicht in der polizeilichen Kriminalstatistik. Oder anders ausgedrückt: Er ist der sicherste Landkreis (wir berichteten). Jene gute Nachricht hat der St. Wendeler Polizei-Chef Martin Walter schon öfter im SZ-Gespräch verkünden können.

Und so ist ihm dieses Mal eine Zahl sogar wichtiger, und zwar die der Aufklärungsquote. Während der Landkreis St. Wendel, was die sinkenden Straftaten betrifft, dem Landes- und Bundestrend folgt, übertrumpft die Region das Saarland, wenn es darum geht, die Verbrechen aufzuklären. Die Quote ist im Landesschnitt  auf 56,3 gesunken, im St. Wendeler Land liegt die Aufklärungsquote hingegen bei 57,7 Prozent.

Beim Besuch in der St. Wendeler Redaktion breitet der Polizeirat Säulendiagramme zu verschiedenen Aspekten der Kriminalstatistik auf dem Tisch aus. Das Zahlenwerk gliedert sich in verschiedene Bereiche. Unter dem Stichwort „Straftaten gegen das Leben“ steht im Landkreis St. Wendel in der Regel eine Null. Nicht so dieses Mal.

Mord oder Totschlag in der sichersten Region? Martin Walter kann beruhigen. Weder gehe es bei diesem einen Fall um Mord, noch gehöre er in die 2017er-Statistik. Zu spät sei ein Delikt erfasst worden, das sich bereits 2016 ereignet hat. Genauer gesagt, im September. Tatort war das Bahnhofscafé in St. Wendel. Damals stach ein 34-Jähriger seinem 23-jährigen Ex-Nachbarn mit einem Klappmesser in den Oberkörper. Letzterer überlebte die Attacke. Der 34-jährige Angreifer kam vor Gericht. Zunächst lautete die Anklage auf versuchten Mord. Verurteilt wurde er 2017 wegen gefährlicher Körperverletzung und zwar zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten.

Messer und Schusswaffen sind 2017 bei Auseinandersetzungen nicht zum Einsatz gekommen, wie Martin Walter berichtet. Doch hat sich die Zahl der Körperverletzungen von 390 Fällen im Jahr 2016 auf 422 im vergangenen Jahr erhöht. „Es wird in diesem Bereich mehr angezeigt“, erläutert der Polizeirat. Während früher beispielsweise bei Kirmesrangeleien tendenziell keine Polizei eingeschaltet wurde, würden die Beamten heute verständigt. Neben Körperverletzung gehört auch Raub zu den Rohheitsdelikten. Lediglich sechs Fälle von Raub gab es 2017 in St. Wendel. Damit hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr (15 Fälle) halbiert. „Hier sind wir auf einem guten Weg“, resümiert Walter. Und wertet den Abwärtstrend in Sachen Raubfälle als Erfolg der verstärkten polizeilichen Präsenz.

Weniger erfreulich ist für den Inspektionschef die Entwicklung bei jenen Verbrechen, die unter dem Stichwort „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ geführt werden. Hier ist die Zahl der erfassten Delikte 2017 auf 39 gegenüber 25 im Vorjahr gestiegen. Vergewaltigungen aber auch die Verbreitung pornografischer Schriften gehören in diesen Bereich. Und sexueller Missbrauch von Kindern. Zehn solcher Fälle haben die Beamten 2017 aufnehmen müssen (2016 waren es acht). „Alles Weitere liegt beim Kriminaldauerdienst“, erklärt Walter.

Wenn Polizisten zu Schlägereien oder Fällen von häuslicher Gewalt gerufen werden, kann es auch brenzlig für die eigene Sicherheit werden. Wird Widerstand gegen Beamte geleistet, so ist dies ebenfalls in der Kriminalstatistik erfasst. 17 solcher Fälle waren es 2017. Sieben weniger als noch im Vorjahr. Dennoch ist Walter mit dieser Entwicklung noch nicht zufrieden. Die Hemmschwelle der Leute sei oft erschreckend niedrig. Er erinnert in diesem Zusammenhang an eine Auseinandersetzung im August 2017 in dem Nohfelder Ortsteil Eckelhausen. Dort schlugen 20 Menschen auf Polizisten ein. Eine Beamtin wurde gar ins Gesicht getreten.

Martin Walter hofft, dass sich solche Szenen nicht wiederholen – und zwar dank einer „besseren personellen Ausstattung“. In den zurückliegenden Wochen haben sich Beamte der St. Wendeler Wache mit Body-Cams vertraut gemacht. Das sind kleine Kameras, welche Beamte an der Uniform tragen. Der Polizeichef glaubt, dass diese Wirkung zeigen können auf jene, die eine gewisse verbale Aggressivität an den Tag legen.

Aber was ist mit jenen, die wirklich von Alkohol oder Rauschmittel enthemmt und aggressiv unterwegs sind? „Die wird die Body-Cam wohl nicht beeindrucken“, befürchtet Walter. Wie der Polizeirat erklärt, dürfen die Kameras derzeit nur im öffentlichen Raum, beispielsweise bei Brennpunkt-Kontrollen, genutzt werden. Der Inspektionsleiter hofft, dass die erlaubte Nutzung ausgeweitet wird. Denn er sieht in den Body-Cams eine gute Möglichkeit der Beweissicherung. Als Beispiel nennt er Fälle von häuslicher Gewalt. Hier käme es immer wieder vor, dass Frauen im Nachhinein beschwichtigen, die Anzeige zurückziehen.

1500 Tatverdächtige sind in der Kriminalstatistik vermerkt. Das ist ein Rückgang von 2,2 Prozent. Meist treten die Täter gleich mehrfach in Erscheinung. Soll heißen, es gibt schon mal Kandidaten, die 150 Delikte auf dem Kerbholz haben. Die Mehrzahl jener, die im Landkreis St. Wendel mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, sind Deutsche. 231 stammen aus dem Ausland. Wobei Walter darauf hinweist, dass im gesamten Landkreis auch lediglich 4,4 Prozent Ausländer leben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort