Rennsport mit Gänsehauterlebnis

St. Wendel. Die ehemaligen Weltmeister wie Luigi Taveri, Jan de Vries oder Jim Redmann sind zwar allesamt ein paar Jährchen älter, aber keineswegs ruhiger oder langsamer geworden. In Schieflage drehte der 79-jährige Südafrikaner Redmann auf seiner Honda 250 RC Baujahr 63 auf der Präsentationsstrecke seine Runden. "Ich habe hier sehr viele Freunde von früher

St. Wendel. Die ehemaligen Weltmeister wie Luigi Taveri, Jan de Vries oder Jim Redmann sind zwar allesamt ein paar Jährchen älter, aber keineswegs ruhiger oder langsamer geworden. In Schieflage drehte der 79-jährige Südafrikaner Redmann auf seiner Honda 250 RC Baujahr 63 auf der Präsentationsstrecke seine Runden. "Ich habe hier sehr viele Freunde von früher. Es ist ganz toll, wieder hier zu sein", tauchte Redmann so richtig in die Nostalgieveranstaltung ein. Taveri (80) fuhr zwar nicht mehr mit, doch er hatte so schon genug zu tun. Unzählige Male musste der Ex-Champion seinen Namenszug schreiben, signierte dabei T-Shirts und Helme. "Bei mir kommen hier viele Erinnerungen hoch", sagte Lokalmatador Willi Scheidhauer aus Niederlinxweiler. Zwischen 1959 und 1961 errang der 86-Jährige drei nationale Titel in der 125 Kubikzentimeter-Klasse. Der mehrfache Meister Heiner Butz fuhr vor 50 Jahren die "Deutsche" nach Hause. "Klar wird das hier gefeiert", freute sich der 74-jährige Aspisheimer. Ehrgeizig wie eh und je drehte er seine Norton Manx 350 auf dem Rundkurs auf. Nur etwas ärgerte ihn dabei. "Ich fahre in meiner schwarzen Original-Lederkombi und muss so einen modernen Helm anziehen" - dies passte Butz überhaupt nicht. Im Jahre 1964 fuhr er beim letzten Rennen der ersten St. Wendeler Serie (1949 - 1964) vor dem später tödlich verunglücktem Winterbacher Karl Recktenwald in der Halbliter-Klasse über die Ziellinie. "Das waren damals fantastische Duelle. Der Motorradrennsport hier in St. Wendel hatte einen riesigen Stellenwert", erinnerte sich Leo Hersemeyer, ein Cousin Recktenwalds, gerne an diese Zeiten zurück. Michael Andres war bei seinem ersten Rennbesuch acht Jahre alt. "Wir Kinder haben damals rund um die Strecke die Flaschen gesammelt. Wenn ich heute diese Namen noch einmal höre, die Fahrer und ihre Maschinen sehe, bekomme ich sofort eine Gänsehaut", gab Andres zu. Die vielen Rennsportgeschichten, die sich in der Kreisstadt zutrugen, ließ Bernd Bouillon am Samstagabend im Festzelt noch einmal lebendig werden. Im Stile des grauhaarigen ZDF-Sportstudio-Moderators Dieter Kürten interviewte Bouillon die versammelten Zweirad-Legenden und kitzelte einige amüsante Anekdoten aus ihnen heraus. "Dabei sieht man, welch große emotionale Anbindung diese Fahrer immer noch an St. Wendel haben", sagte Werner Klär vom Organisationsteam. Die zweite "Gänsehautveranstaltung" sei als absoluter Erfolg zu bewerten. Die insgesamt 200 Starts auf der Strecke bedeuteten eine Steigerung von 40 Prozent an Fahrern gegenüber dem Vorjahr. "Gut 20 000 begeisterte Zuschauer haben die Klassiker-Tage miterlebt", teilte Klär nach einer ersten Schätzung mit. Bereits über 4000 Leute jubelten den Fahrern am Freitagabend zu, als sie mit ihren Motorrädern über den historischen Stadtkurs donnerten. Drei Tage lang schwebten die Motorradfans im siebten Motorradhimmel, ihr Herz schlug im Zwei- oder Viertakt. "Das ist hier wie bei einem Familientreffen - alles zum Anfassen, und es fühlt sich echt an", lobte Achim Prass, als er gerade einem "Schmiermaxen" im Fahrerlager über die Schulter schaute. Der Hermeskeiler Guido Schäfer war besonders von den Künsten der Gespannfahrerin der Seitenwagenklasse angetan. "Das sind reine Artisten auf dem Asphalt. Heutzutage dominiert zu viel Technik diese Klasse", meinte er bei einem Rundgang durch den Wendelinuspark. Dort herrschte Volksfestatmosphäre pur. Die abschließende sonntägliche "Aufwiedersehens-Runde" der Fahrer ist in jedem Fall wörtlich zu verstehen. "Es hat alles gepasst. Die Organisation hat geklappt. Das können wir nochmal machen", kündigte Bürgermeister und Gesamtleiter Klaus Bouillon eine Wiederholung der Veranstaltung an.

Auf einen Blick Neben den Präsentationsfahrten auf dem Rundkurs wurde im Wendelinuspark ein umfangreiches und kostenloses Rahmenprogramm mit Ausstellungen von Motorrad-, Auto- und Traktor-Oldies, sowie Ausfahrten mit Oldtimern durch das St. Wendeler Land angeboten. Auf der Rennparty im Festzelt spielten die Smokin' Strings Hits der 50er und 60er Jahre. Die Veranstaltung wurde organisiert von der Stadt St. Wendel, den Motorsport-Historikern St. Wendel und den Motorradfreunden Werschweiler. frf

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