Nach zehn Tagen Warten in Cape Canaveral Endlich offiziell: Matthias Maurer startet heute ins All

Cape Canaveral · Lange musste sich Matthias Maurer gedulden, aber jetzt soll es für den saarländischen Astronauten endlich losgehen. Gemeinsam mit drei Nasa-Kollegen soll Maurer zur ISS starten – und zum zwölften Deutschen im All werden.

Flug zur ISS offiziell: Matthias Maurer startet am Donnerstag ins All
Foto: dpa/Robert Markowitz

Erst war das Wetter schlecht, dann gab es ein „kleineres medizinisches Problem“ bei einem der Crew-Mitglieder und schließlich wurde die Rückkehr einer anderen Crew vorgezogen: Rund zehn Tage lang musste sich der deutsche Astronaut Matthias Maurer gedulden und in Quarantäne am Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida ausharren - am Donnerstagmorgen (11. November) aber soll er nach vielen Verschiebungen endlich zur Internationalen Raumstation ISS starten und zum zwölften Deutschen im All werden.

Saar-Astronaut Matthias Maurer fliegt ins All - Fotos vor dem Start
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Saar-Astronaut Matthias Maurer fliegt ins All - Fotos vor dem Start

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Foto: dpa/Anneke Le Floc'h

Gemeinsam mit seinen Nasa-Kollegen Thomas Marshburn, Raja Chari und Kayla Barron - der sogenannten „Crew-3“ - soll der 51-jährige Saarländer mit einem „Crew Dragon“ der privaten Raumfahrtfirma SpaceX von Elon Musk von Cape Canaveral abheben und zur ISS fliegen. Erstmals seit dem Flug von Alexander Gerst 2018 wäre damit wieder ein Deutscher im All. Maurer wäre der vierte Deutsche auf der ISS - und der erste, der mit einem „Crew Dragon“ dorthin geflogen ist.

ISS-Vorgänger Gerst drückt ihm vor Ort in Cape Canaveral die Daumen. „Wenn ein Freund und Kollege fliegt, das ist toll, man sieht das dann mal von einer anderen Seite. Matthias hat mich während meiner Missionen immer unterstützt und jetzt bin ich hier und kann ihm so ein bisschen helfen.“

Die vier Astronauten hätten die Startverschiebungen professionell aufgenommen und seien nach wie vor hochkonzentriert, hieß es immer wieder vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Für die Planer der Experimente auf der ISS seien die vielen Verschiebungen aber eine große Herausforderung, sagte Volker Schmid, der bei der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR für die Mission zuständig ist. „Man wird etwas umplanen müssen - aber es wird versucht, alles, was vorgesehen war, in der Mission unterzubringen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Cape Canaveral. Einige Dinge würden gegebenenfalls auf die nächste Mission verschoben. „In zwei bis drei Wochen lässt sich das alles besser überblicken“, kündigte Schmid an.

Dass bis zur Ankunft der Maurer-Crew kurzzeitig nur eine dreiköpfige Besatzung auf der ISS Dienst tue, wirke sich ebenfalls aus. „Mit einer Drei-Personen-Besatzung lässt sich natürlich insgesamt weniger Wissenschaft machen. Denn etwa zwei Mitglieder benötigt man für das sogenannte Station-Keeping“, betonte Schmid. „Da ist dann für ein paar Tage vorher und nachher weniger Wissenschaft eingeplant.“ Die aktuelle Crew werde aber versuchen, die Vorhaben abzuarbeiten.

In einer Zeit, in der oft über Weltraumtourismus gesprochen werde, würden die Verschiebungen auch zeigen, dass Raumfahrt von vielen Parametern wie Wetter, Technik und Gesundheit abhängig und noch komplexer sei als zum Beispiel Luftfahrt. „Es ist absolut richtig, auf Sicherheit zu setzen. Nachlässigkeit kann fatale Folgen haben.“

Bildergalerie zur Mission „Cosmic Kiss“ von Astronaut Matthias Maurer
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Mission „Cosmic Kiss“ von Astronaut Matthias Maurer

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Foto: SpaceX

Ursprünglich sollte die „Falcon-9“-Trägerrakete mit dem „Crew-Dragon“-Raumschiff bereits Ende Oktober abheben. Dann aber hieß es warten. Für manche Raumfahrer fühlt sich das an wie eine halbe Ewigkeit – andere haben mehr Geduld. Der Wissenschaftler Matthias Sutter riet der Crew um Maurer, sich in der Zwischenzeit auf eine andere Tätigkeit zu konzentrieren. „Ich bin sicher, dass alle vier nicht zum ersten Mal in ihrem Leben auf etwas warten müssen“, sagte der Verhaltensforscher und Buchautor („Die Entdeckung der Geduld“).

Jeder habe eine gewisse Routine, wie er mit Verzögerungen umgehe. „Ähnlich wie Skirennfahrer am Start, wenn es eine Unterbrechung gibt. Manche verkriechen sich in eine Ecke, andere plaudern mit ihren Serviceleuten, bis es weiter geht“, sagte der Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn.

Auf der ISS soll Maurer in rund 400 Kilometern Höhe etwa sechs Monate lang zahlreiche Experimente durchführen und auch einen Außeneinsatz absolvieren. „Bei zwischen 100 und 150 Experimenten, die wir dann durchführen, da ist schon eine gewisse Erwartungshaltung da“, sagte der Astronaut. „Ich werde mein Bestes geben, dass da auch wirklich dann die besten Ergebnisse rauskommen.“ Maurer habe ein „reiches Pensum an Experimenten und Arbeit“, sagte der Chef der Europäischen Weltraumorganisation (Esa), der Österreicher Josef Aschbacher. „Sein Tag wird gefüllt sein und seine sechs Monate werden ziemlich schnell vergehen, aber es ist eine ganz tolle Mission.“

Mit 51 Jahren ist Maurer der älteste deutsche Raumfahrer bei einem Erstflug. Der Mann mit einem Doktortitel in Materialwissenschaft ließ nach seiner Bewerbung bei der europäischen Raumfahrtagentur Esa mehr als 8000 Kandidaten hinter sich und trainierte jahrelang für die Reise in die Schwerelosigkeit.

Auf den Flug nimmt Maurer auch die Grüße prominenter Musiker mit. „Die Toten Hosen wünschen Matthias Maurer viel Glück auf seinem Trip!“, teilte die Düsseldorfer Band der Deutschen Presse-Agentur mit. Hintergrund ist die Musikauswahl des Astronauten: Maurer hatte angekündigt, auf dem Weg zur Rakete unter anderem das Lied „Tage wie diese“ von den Toten Hosen zu hören.

Bis zum Start bleibt dem Astronauten die Vorfreude. „Ich träume schon sehr lange davon, oben anzukommen und einfach den Blick auf unseren wunderschönen Planeten zu genießen“, sagte der Astronaut. „Das erste, was ich in einem freien Moment machen möchte, ist in unser Weltraumfenster zu schweben und dort eine komplette Runde um die Welt, das sind 90 Minuten, einfach nur in mich aufzusaugen und das einfach zu spüren, was es bedeutet, außerhalb unseres Planeten zu schweben und unseren Planeten da vor dem Schwarz des Universums hängen zu sehen.“

(dpa)
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