Dorfgeschichte Dorfmuseum zeigte Geschichte und gehört jetzt selbst dazu

Güdesweiler · Gisela Schumann führt künftig keine Besucher mehr durch Millpetersch Haus in Güdesweiler.

 Gisela Schumann vor einem historischen Webstuhl. Sie hat das Bauernmuseum mehr als 20 Jahre geleitet.

Gisela Schumann vor einem historischen Webstuhl. Sie hat das Bauernmuseum mehr als 20 Jahre geleitet.

Foto: B&K/Bonenberger

In diesem Gemäuer steckt viel Geschichte. 254 Jahre gibt es Millpetersch Haus bereits. Ab 1995 war es ein Museum, konnten Besucher darin ein Zeitreise unternehmen in das dörflich-bäuerliche Leben des 18. und 19. Jahrhunderts. Nach knapp einem Vierteljahrhundert ist dieses nun auch Geschichte. Mit etwas Wehmut schließt Giesela Schumann noch einmal die Tür zum Museum auf.

Ihr Vater Hubert Bier hat 1990 das Gebäude umgebaut und Möbel, Geschirr, Handwerkszeug aus früheren Tagen für das Projekt Museum zusammengetragen. Im ersten Raum stehen fein säuberlich Krüge und Töpfe in verschiedenen Größen auf Tischen aufgereiht. Für einen Flohmarkt Anfang März hat die 63-Jährige alles so hergerichtet. Neben jeder Menge Gäste war auch das Team der RTL2-Reihe „Der Trödeltrupp“ zu Gast in dem alten Güdesweiler Bauernhaus. Ihre Nichte und ihr Sohn hatten sie darauf gebracht, bei dem Format mitzumachen. „Es war gut so“, resümiert Gisela Schumann heute. „Sonst hätte ich es mir vielleicht doch nochmal überlegt.“ Seit drei Jahren habe sie sich schon mit der Entscheidung rumgequält. „Mehr als 20 Jahre habe ich mich um das Museum gekümmert“, sagt Schumann. „Es hat Spaß gemacht.“ Viele Besucher und Schulklassen hat sie durch die Räume geführt. Doch zuletzt fehlte es an Interesse, so die Einschätzung der 63-Jährigen. Hinzu kommen private Gründe, die dafür sprechen, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen.

Wann die Folge über Millpetersch Haus ausgestrahlt wird, wisse sie noch nicht. Allmählich lässt sie los. Sie habe mit dieser Aktion kein Geld rausschlagen wollen, aber es sei einfach schade, wenn die schönen alten Sachen unter Wert verkauft würden. Schumann schätzt, dass ein Drittel der Gegenstände im Museum neue Besitzer gefunden haben.

Über eine schmale Treppe geht es hinauf auf die nächste Ebene. Dort stehen unter anderem noch eine Schrotmühle aus dem Jahr 1930, ein Strohhäxel wie er um 1700 benutzt wurde und eine  alte Honigschleuder. Dann wird der Blick frei auf ein Schmuckstück: einen Webstuhl. „Er ist noch funktionsfähig“, sagt Schumann. Daneben stehen Spinnräder und eine Nähmaschine aus Großmutters Zeiten – alles passt zum Thema Handarbeit.

Wieder geht es einige Stufen hinauf. „Colonialwaren“ ist auf einem Schild zu lesen und schon steht der Besucher in einem Tante-Emma-Laden mit Waage, Kasse, Gläsern für Kekse, Kaffee oder Tee. Vertraute Markennamen wie Rama, Rei oder Nivea zieren alte Verpackungen und Dosen. Werbeplakate von einst hängen an den Wänden. Gleich daneben stehen verwaiste Nägel hervor, sind zarte Abdrücke zu erkennen. „Ich weiß noch, wo alles hing“, sagt Schumann und streicht wehmütig über die Tapete.

 Millpetersch Haus von außen.

Millpetersch Haus von außen.

Foto: B&K/Bonenberger
 Blick in ein Regal im Colonialwaren-Laden des Museums.

Blick in ein Regal im Colonialwaren-Laden des Museums.

Foto: B&K

Eine Tür weiter geht’s in die Küche aus der Gründerzeit. Hier steht noch ein alter Kinderwagen und ein schmucker Ofen, der um 1800 gebaut wurde. „Der ist schon reserviert“, sagt Schumann. Es tue ihr gut zu sehen, wenn die alten Stücke von den künftigen Besitzern wertgeschätzt werden. So habe sie eine Ausfahrtskutsche an Leute verkauft, die sich wirklich dafür interessierten. Gleiches würde sie sich für einen Pferdeschlitten aus dem 18. Jahrhundert wünschen. „Der müsste allerdings restauriert werden“, so die 63-Jährige. Was den Colonialwaren-Laden betrifft, so würde sie Schränke, Tresen und Inhalt am liebsten als Komplett-Paket verkaufen. Die Räume, sie leeren sich. Die Ära des Museums geht zu Ende, was bleibt sind die Erinnerungen – zum Beispiel an die Führungen mit Kindern, mit denen Gisela Schumann Butter herstellte oder die anerkennenden Worte so mancher Besucher. Die 63-Jährige schließt die Tür. „Es tut schon weh, wenn jetzt alles nach und nach verschwindet.“ Sie dreht den Schlüssel im Schloss.

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