Bürgerkrieg in Syrien reißt Familie auseinander

Gronig · Zwei Millionen Syrer sind im Ausland auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat. Die Gemeinde Oberthal nahm drei von ihnen auf. Doch auch in Deutschland müssen sie kämpfen – mit der Bürokratie. Hussein Hadji wartet vergeblich auf grünes Licht, seine Frau und die drei Kinder zu sich holen zu können, die er auf der Flucht in Istanbul zurücklassen musste.

 Christel Rausch-Mensig (stellte Wohnung für Maria) und Alice Maurer (hilft Syrern im Alltag), Maria Aysho, Hussein Hadji, Mohamed Mastou, Pastor Michael Pauken (von links). Dahinter: Günter Eisenbeis, Lebensgefährte von Alice Maurer. Foto: Ames

Christel Rausch-Mensig (stellte Wohnung für Maria) und Alice Maurer (hilft Syrern im Alltag), Maria Aysho, Hussein Hadji, Mohamed Mastou, Pastor Michael Pauken (von links). Dahinter: Günter Eisenbeis, Lebensgefährte von Alice Maurer. Foto: Ames

Foto: Ames

Aus rechtlicher Sicht ist alles klar: Hussein Hadji ist als Flüchtling eines Kriegsgebiets anerkannt und hat die Erlaubnis, drei Jahre in Deutschland zu bleiben sowie seine Familie hierher zu holen. Eine Rückkehr in die Heimat wäre für sie lebensbedrohend. Sein Haus im Norden Syriens ist zerstört, das Grundstück hat er verkauft, für 8000 Euro. Das Geld brauchte er, um Schlepperbanden zu bezahlen, die seine Familie aus dem Land brachten.

Doch es reichte nicht aus, um alle nach Deutschland bringen zu lassen. Seine Frau und die drei Kinder mussten auf der Flucht in Istanbul zurückbleiben. Dort sind sie bei ihrer Schwester untergebracht; mit zehn Personen auf zwei Zimmern.

Der Oberthaler Pastor Michael Pauken tut nun, was er kann, um der Familie zu helfen, und holte sich Unterstützung von einem Anwalt. "Wir haben die Original-Dokumente, wie gefordert, an das deutsche Konsulat in Istanbul geschickt. Dort weiß allerdings keiner, wo sie verblieben sind", berichtet Pauken. Für die Anerkennung der syrischen Dokumente ist zudem eine beglaubigte Übersetzung vorgeschrieben, die von der deutschen Botschaft in Beirut im Libanon bestätigt werden muss. Eine nahezu unlösbare Aufgabe für eine Mutter mit drei kleinen Kindern, da die Beiruter Botschaft vom flüchtlingsüberfüllten Istanbul fast 1000 Kilometer Luftlinie entfernt liegt.

Doch damit nicht genug: Es taten sich immer neue Hürden auf. Wegen des Ausbruchs der Kinderlähmung im kriegsgebeutelten Syrien musste die Familie gegen Polio geimpft werden; das Geld hierfür, 400 Euro, wurde durch Spenden der Oberthaler Kommunionkinder und der Caritas aufgebracht.

Eine neue Regelung der türkischen Regierung verpflichtet die Flüchtlinge außerdem, sich bei der Polizei registrieren zu lassen. Vor Ort gibt es zwar Helfer, die das Prozedere laut Pauken ein wenig beschleunigen. Eine Lösung der bürokratischen Probleme, die auch viele andere Familien betreffen, ist allerdings nicht Sicht. In vier Wochen steht nun der Termin zur Ausstellung des Ausreisevisums für Familie Hadji in Istanbul an. Bis dahin müssen alle Dokumente zur Hand sein.

Hussein Hadji ist seit Februar in Gronig untergebracht. Ebenso zwei weitere Flüchtlinge : Maria Aysho und Mohamed Mastou. Während Mastou mit Hadji in einer kommunalen Notunterkunft lebt, hat sich Christel Rausch-Mensig dazu bereiterklärt, Maria Aysho in einer eigenen Wohnung bei sich Zuhause aufzunehmen. Die ehemalige Krankengymnastin macht kein großes Aufheben um ihre Hilfsbereitschaft, sieht es als Selbstverständlichkeit an, Menschen in Not zu helfen.

Die drei Flüchtlinge lebten im Norden Syriens nahe der Stadt Aleppo, die schwer vom Bürgerkrieg gezeichnet ist. Alle sind zuvor in der Heimat ihrer Arbeit nachgegangen, pauken nun täglich Deutsch, um sich in der Gemeinde integrieren zu können. Mit ihrem Lebensgefährten Günter Eisenbeis hilft Alice Maurer ihnen und begleitet sie aufs Amt oder zum Arzt. Maurer: "Wir nehmen sie auch zu Festen mit, damit Kontakt mit den Dorfbewohnern aufgebaut werden kann." Die Flüchtlinge sind dankbar für die Unterstützung und hoffen auf eine berufliche Zukunft in Deutschland.

Maria Aysho ist Malerin und Bildhauerin. Die Groniger Kirche hat sie bereits auf Leinwand gebannt. Sie arbeitete vor dem Bürgerkrieg als Kunstlehrerin. Mohamed Mastou ist Kardiologe, hat in Kiew studiert und inzwischen ein Jobangebot aus Völklingen vorliegen. Sein Deutsch ist bereits recht passabel. Um als Mediziner anerkannt zu werden, muss er eine Prüfung bestehen. Dafür besucht er bald einen sechsmonatigen Kurs an der Homburger Uniklinik.

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