Abschiebe-Stopp – Pfarrer schöpft Hoffnung

Oberthal · Flüchtlingshelfer warnen seit geraumer Zeit: Ungarn ist kein sicheres Land für Asylbewerber. In einem Beschluss hat das saarländische Verwaltungsgericht diese Ansicht bestätigt. Das könnte Auswirkung auf einen Syrer haben, den Oberthaler vor der Abschiebung nach Ungarn bewahren wollen.

 Mahmoud Alchabou und seine Frau Souad Temacini. Foto: Pauken

Mahmoud Alchabou und seine Frau Souad Temacini. Foto: Pauken

Foto: Pauken

Bislang war die Gesetzeslage auch im Saarland eindeutig: In dem EU-Land, in dem ein Flüchtling Asyl beantragt, muss er zumindest so lange bleiben, bis die dort für sein Verfahren zuständige Behörde entschieden hat, ob er ein Bleiberecht bekommt. So auch im Fall von Mahmoud Alchabou. Die Geschichte des syrischen Bürgerkriegsflüchtlings, der sich auf eigene Faust nach Deutschland durchgeschlagen hatte, um hier mit seiner aus Algerien stammenden Frau Souad Temacini (35) zu leben, sorgte im April für Aufregung: In einer Nacht- und Nebelaktion war damals der 45-Jährige nach Ungarn abgeschoben worden. Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, die ebenso wie er selbst mit solch einer Blitzaktion nicht gerechnet hatten, waren schockiert. Zumal den Unterstützern Flüchtlingsberichte über den teils brutalen Umgang mit Vertriebenen in Ungarn vorlagen. Die Ehrenamtler hatten umsonst auf humanitäre Aspekte gesetzt, insbesondere bei der Familienzusammenführung.

Bei der Abschiebung berief sich das Saarland auf die EU-Vereinbarung, die diesen Akt legitimiert, wie im Dublin-Abkommen festgeschrieben. Alchabou kehrte wenige Tage später ins Saarland zurück, nahm dazu von Budapest aus eine 24-stündige Odyssee per Bahn auf sich. Seitdem wird der 45-Jährige hier geduldet.

Sein Verfahren könnte nun neu aufgerollt werden. Das zumindest hofft Michael Pauken. Der katholische Pfarrer in Oberthal , seit Anfang an in diesen konkreten Fall involviert, setzt dabei auf einen aktuellen Beschluss des saarländischen Verwaltungsgerichts in Saarlouis. Dortige Richter hatten in einer Einzelfallentscheidung eine Abschiebung nach Ungarn gestoppt. Demnach darf ein Syrer vorerst im Saarland bleiben. Die Richter nahmen die Argumentation der Ungarn-Kritiker ernst, die von Behörden-Willkür sprechen und Übergriffe der Polizei protokolliert haben wollen. Dem Kläger drohe in Ungarn "unmenschliche Behandlung". Das Gericht gab einem Eilantrag gegen die Abschiebung des Flüchtlings statt. Ähnlich hatten zuvor bereits Richter in anderen Bundesländern geurteilt.

Bereits im April hatte Pastor Pauken an die Saarlouiser Verwaltungsrichter im Zusammenhang mit Mahmoud Alchabou appelliert, nicht allein die Paragrafen vor Augen zu haben. "Jetzt schöpfen wir wieder Hoffnung, dass Mahmoud bleiben darf", sagte der Seelsorger am Freitag.

Dabei komme der Beschluss im rechten Augenblick: "Am kommenden Montag haben wir einen Termin bei der Ausländerbehörde in Lebach, mit Mahmoud und seiner Frau." Dabei sollte es um die bevorstehende Ausreise beider nach Ungarn gehen. Dort sollte das Flüchtlingspaar in Obhut einer deutschen Kirchengemeinde kommen, mit der der Oberthaler Geistliche Kontakt hat. "Es sind auch schon Spenden zusammengekommen."

Anwalt stellt Eilantrag

Jetzt aber setzten alle Beteiligten auf den Richterspruch, den Pauken als "richtungsweisend" bezeichnete. Anwalt Hans Georg Schudell, der für Mahmouds Bleiberecht im Saarland kämpft, sagte am Freitag: "Ich habe eben eine Klage gegen die Abschiebung von Frau Temacini per Fax ans Verwaltungsgericht geschickt." Sie habe am 3. August vom Bundesamt für Asylfragen einen ablehnenden Bescheid erhalten. Gleichzeitig habe Schudell einen Eilantrag gestellt, um einer drohenden Abschiebung während des Verfahrens entgegenzuwirken.

Schwieriger sehe die Lage für ihren Mann aus. Er habe "gegen meinen Rat" keine Rechtsmittel gegen seinen Bundesbehörden-Bescheid eingelegt. Damit sei die Entscheidung, nach Ungarn zu müssen, rechtsgültig. Da aber Paare per Grundgesetz nicht dauerhaft getrennt werden dürften, sieht der Jurist Chancen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Zumal Verwaltungsrichter wegweisend gegen eine Abschiebung nach Ungarn entschieden haben.

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