Wenn viele Nationen an einem Strang ziehen

Kastel · Sie jäteten Unkraut, pflanzten Salat und Gemüse gemeinsam mit Ein-Euro-Jober im Bürgergarten Kastel an und spielten Fußball mit dem Jugendclub Otzenhausen. Studenten aus Spanien, den USA und Deutschland lernten während ihres Aufenthalts in der Europäischen Akademie Otzenhausen soziale Projekte kennen.

Zum Aktionsprogramm der Teilnehmer der European Spring Academy gehörte, Europa in verschiedenen Facetten kennenzulernen. Auf der einen Seite war da die Stippvisite im Europäischen Parlament (EU) in Brüssel, auf der anderen Seite das Mitwirken an sozialen Projekten. So unterstützte eine internationale Studentengruppe Langzeitarbeitslose bei der Neubepflanzung des Bürgergartens in Kastel .

Gemeinsam mit den Ein-Euro-Jobern jäteten sie Unkraut und pflanzten Blumen, Salat und Gemüse an. "Solche Projekte gibt es bei uns nicht", sagte Studentin Sandra Mendez, eine Mexikanerin, die an der Uni in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia Internationale Beziehungen studiert. Die 23-Jährige beschreibt die Unterschiede der Arbeitslosigkeit in den USA und Deutschland so: "Bei uns ist der Arbeitslose mit einem Stigma behaftet, in Deutschland wird was für den Arbeitslosen getan." In den USA gebe es weniger staatliche Förderung, was sie kritisierte.

Der deutsche Student Darren Seiffert aus Landau nutzte den Arbeitseinsatz im Bürgergarten auch, um mit den Kommilitonen ins Gespräch zu kommen. "Es ist sehr interessant zu hören, was Studenten aus den USA und Spanien über Deutschland denken", sagte Seiffert.

Thematisiert wurden auch die unterschiedlichen Bildungssysteme. "In den USA und Spanien zu studieren, kostet richtig viel Geld", so Seiffert. Die US-Studenten mussten für die Teilnahme an der European Spring Academy tief in die eigene Tasche greifen. 3100 Dollar hatten sie dafür ausgegeben, dazu gab es einen Zuschuss von 850 Dollar. "Pro Tag müssen wir acht Stunden arbeiten und das schriftlich nachweisen", erklärte Kindergärtnerin Patricia Ferraó. Die gebürtige Brasilianerin lebt seit 14 Jahren in Atlanta und nutzte den Europa-Trip zur Weiterbildung. Während sich auch Lisa Konrad, die in Landau Sozialwissenschaften studiert, überrascht zeigte über die hohen Studiengebühren in den USA., ist das für den Spanier Guillermo Tejero-Fernandez Alltag. Er muss für den Besuch einer Privatschule in Madrid etwa 30 000 Euro pro Semester hinlegen. "Ich bin hier, um nebenbei noch die deutsche Sprache zu lernen", so der 25-Jährige. Er erachte derartige Projekte mit Langzeitarbeitslosen als sinnvoll. In Spanien gebe es diese aber nicht.

Am Abend stattete die Studentengruppe dem Jugendclub Otzenhausen einen Besuch ab. "Die US-Studenten waren überrascht, sie dachten es würde sich dabei um ein Kindergarten-Projekt handeln", berichtete Michael Schirra vom Nonnweiler Jugendbüro.

Neben Bogenschießen und Fußballspielen unterhielten sich die jungen Leute beim "Swinging Barbecue", wie Schirra den internationalen Grillabend bezeichnete. Sie seien erstaunt darüber gewesen, dass sich der Jugendclub selbst verwaltet.Gebannt lauschten drei Studentinnen den Worten von Salah Al Hamoud. Der 27-Jährige musste wegen des Bürgerkrieges in Syrien seine Heimat verlassen. Er berichtete von einer monatelangen dramatischen Flucht bis er im Saarland ankam. "In Europa gibt es keine Kriege, in Deutschland fühle ich mich sicher", sagte der nun in der Gemeinde Nonnweiler lebende Syrer.

Die spanische Studentin Patricia Gracia Camacho habe schon von Schicksalen der Flüchtlinge gehört. "Aber in den spanischen Medien wird viel mehr über den Konflikt in Syrien berichtet, als über die Situation der Flüchtlinge selbst", berichtete die Madriderin.

In ihrem Heimatland werde die illegale Einwanderung rigoros bekämpft. Es sei jedoch die Aufgabe aller Länder, den in Not geratenen Menschen zu helfen. "Deshalb ist es für mich aus menschlicher Sicht nicht nachzuvollziehen, dass Staaten ihre Grenzen für Flüchtlinge einfach schließen", sagte die 20-jährige Camacho. Ein Unding für Elsie Barthole, deren Heimat, die Vereinigten Staaten von Amerika (USA), noch immer als das beliebtes Einwanderungsland gilt. "Es ist ein Teil der Verfassung, Flüchtlinge willkommen zu heißen", betonte die Studentin aus Atlanta im Bundesstaat Georgia. Die USA, so Barthole, sei überwiegend Ziel von Flüchtlingen aus dem politisch gespaltenen afrikanischen Land Kongo. "Wir erleben aber auch an der Grenze von Mexiko nach Texas die Gegensätze durch die vielen illegalen Einwanderer , wodurch das Einwanderungsgesetz geändert wurde", erklärte Studentin Barthole.

Legale Flüchtlinge würde die US-Regierung bei der Integration unterstützen, damit Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen könnten. "Es ist etwas völlig anderes, persönlich mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen, als nur jeden Tag im Fernsehen darüber etwas mitzubekommen", sagte Gizem Celik, die in Landau Politikwissenschaft studiert. Ihr ging die Schilderung der Flucht von Salah Al Hamoud sichtbar nahe. "Meine Eltern sind seinerzeit aus der Türkei weggegangen und nach Deutschland ausgewandert", berichtete sie. Das Verhalten jener Staaten, die innerhalb der Europäischen Union (EU) keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, kritisierte die Studentin mit Migrationshintergrund scharf. "Die Welt ist global, in der darf kein Staat sagen, das Problem mit Flüchtlingen ist nicht mein Problem", so Celik. Deshalb dürften keine Unterschiede gemacht werden. "Einen Flüchtling abzuschieben, ist unmenschlich. Jeder Mensch muss überall auf der Welt willkommen sein", so Celik. Für Elisabeth Schmitt, Studienleiterin an der Europäischen Akademie Otzenhausen, war das interkulturelle Frühstück eine einzigartige und zugleich wichtige Begegnung im Programm der European Spring Academy.

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