Vor elf Jahren entwarf Kommission Zukunftsbild der Großregion – Akteure ziehen Bilanz

Nonnweiler · Die Großregion Saar-Lor-Lux habe Erfolge hervorgebracht – doch die Zusammenarbeit zwischen den Partnern sei schleppend, so Experten. Droht die Großregion an ihrer Übergröße zu ersticken?

 Jacques Santer, ehemaliger EU-Kommissionspräsident, mahnte mehr Engagement in der Großregion an. Foto: ruppenthal

Jacques Santer, ehemaliger EU-Kommissionspräsident, mahnte mehr Engagement in der Großregion an. Foto: ruppenthal

Foto: ruppenthal

Die Großregion im Jahr 2020: Politiker arbeiten eng zusammen, Hochschulen sind gut miteinander vernetzt und die Jüngeren sprechen perfekt Deutsch, Französisch und Englisch. Diese Vision entwarf vor elf Jahren eine Kommission unter Leitung des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Santer - das "Zukunftsbild 2020". Nun zogen Akteure der Großregion auf Einladung des Instituts der Großregion (IGR) und der Asko-Europa-Stiftung in Otzenhausen Bilanz und stellten fest: Es hat sich etwas getan, doch von diesem Bild ist man weit entfernt.

Es gibt durchaus Erfolge vorzuweisen: etwa die Universität der Großregion, das Deutsch-Luxemburgische Schengen-Lyzeum in Perl oder die "Taskforce" für Grenzgänger. Nirgendwo sonst in der EU ist die Zahl der Arbeits pendler so hoch wie hier. Doch die Zusammenarbeit zwischen Saarland, Lothringen , Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Teilen Belgiens verläuft schleppend. "Die Großregion nimmt Form an. Viele denken, dass das zu langsam geschieht - und sie haben Recht", erklärte denn auch Roger Cayzelle, Präsident des IGR. Und Santer sparte nicht mit Kritik: Das Haus der Großregion habe "keine Seele", bis zur Einrichtung eines Gemeinsamen Sekretariats der Großregion seien zehn Jahre vergangen, die Arbeit des Interregionalen Parlamentarierrates (IPR) habe ihn enttäuscht. So tauchten in seiner Heimat Luxemburg die Themen, die im IPR diskutiert werden, nur selten in den nationalen Parlamenten auf. "Die Parlamentarier müssen dafür sorgen, dass ihre Beschlüsse auch durchgesetzt werden", forderte Santer.

Dass die Kooperation nur schleppend vorangeht, liegt wohl auch an der Größe der Region: vier Staaten, elf Millionen Menschen und zehn politische Schaltstellen, die einbezogen werden müssen. "Wenn wir nicht aufpassen, droht die Großregion an ihrer Übergröße zu ersticken", meinte Peter Moll, Präsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft und Mitglied des IGR-Verwaltungsrats. Santer schlug vor, die Zusammenarbeit auf eine Kernzone zu konzentrieren - wo diese ihre Grenzen hätte, sagte er indes nicht.

Moll kritisierte zudem, dass es keine festen Institutionen gebe, die Beschlüsse durchsetzen können. Der Vorschlag der Kommission, interregionale Agenturen einzurichten, habe schon vor elf Jahren einen Aufschrei in der Politik provoziert, so Moll. Hätte er doch bedeutet, dass die Länder Teile ihrer Souveränität hätten abtreten müssen.

Dass aber regionale Interessen in der Regel über interregionalen stehen, zeigte sich auch daran, dass gleich vier angekündigte Politiker aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Lothringen verhindert waren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort