"Sitzerath ist massiv betroffen"Die Grenzwerte müssen eingehalten werden

Sitzerath. Die Gemeinde Nonnweiler steckt in einem Dilemma. Ändert sie nicht den Flächennutzungsplan, dann dürfen außerhalb der Ortschaften überall Windräder gebaut werden. Ändert sie den Flächennutzungsplan, dann entstehen Konzentrationsflächen, auf denen gehäuft Windräder stehen werden. So in Sitzerath

Sitzerath. Die Gemeinde Nonnweiler steckt in einem Dilemma. Ändert sie nicht den Flächennutzungsplan, dann dürfen außerhalb der Ortschaften überall Windräder gebaut werden. Ändert sie den Flächennutzungsplan, dann entstehen Konzentrationsflächen, auf denen gehäuft Windräder stehen werden. So in Sitzerath.Dort könnten auf der Gemarkung Nonnweiler zu den drei bestehenden Rädern noch neun weitere hinzukommen. Damit aber nicht genug. Die Nachbargemeinden wollen auf den Hügeln rund um Sitzerath weitere 17 Anlagen bauen - darunter auch die Stadt Wadern.

Kein Wunder, dass dies in Sitzerath nicht gut ankommt, dass viele Bürger massive Beeinträchtigungen befürchten. Gemeinde und Ortsrat informierten am Donnerstagabend in der Benkelberghalle über den aktuellen Planungsstand. Rund 200 Besucher füllten die Halle komplett aus. Für viele gab es keinen Sitzplatz mehr.

Professor Holger Kröninger, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, informierte zunächst über die rechtliche Ausgangssituation und die Bedeutung der Flächennutzungsplanänderung. "Windkraftanlagen sind im Außenbereich privilegiert", sagte Kröninger. Das heißt, es gebe in der Regel einen Anspruch auf Genehmigung. Kommunen, die einen Wildwuchs verhindern wollen, müssen deshalb den Flächennutzungsplan ändern und Konzentrationsflächen ausweisen.

Entscheiden sie sich, wie Nonnweiler, für diesen Weg, dann müssen umfangreiche rechtliche und planerische Anforderungen erfüllt werden. Sonst könnte eine Klage Erfolg haben, mit der Folge, dass der gesamte Plan ungültig wird und überall Windräder gebaut werden können. Kröninger: "Es darf keine Feigenblatt-Planung geben. Die Gemeinde hat nur einen eingeschränkten Gestaltungsspielraum."

Hugo Kern vom Büro Kernplan überarbeitet den Flächennutzungsplan. Ausgangspunkt ist die Windpotenzialstudie des Landes, die gerade für Nonnweiler eine Reihe von geeigneten Flächen ausweist. Die Planer haben diese Flächen mithilfe verschiedener harter und weicher Kriterien überprüft. Eines ist der Mindestabstand zur bebauten Ortslage. Hier sei man von 800 Metern ausgegangen. Kern: "So haben wir die möglichen Flächen der Studie auf ein Viertel reduziert." Für Sitzerath aber heißt das: "Sitzerath ist massiv betroffen. Das wissen wir, das gefällt uns auch nicht", so Kern. Zumal in den Nachbargemeinden auch Windräder in der Umgebung von Sitzerath geplant werden. Hugo Kern betonte aber auch: "Die Gemeinde Nonnweiler hat es nicht in der Hand, was in den Nachbargemeinden passiert."

Der Nonnweiler Bürgermeister Franz Josef Barth ging auf den Planungsstand ein. Zurzeit liege der Entwurf des Flächennutzungsplanes noch bis zum 9. Oktober aus. Einwände und Anregungen könnten vorgebracht werden. Barth kündigte an, in den Plan einen Mindestabstand von 1000 Metern zu den Dörfern einarbeiten zu lassen. Der Bürgermeister: "Das wird auf Sitzerath Auswirkungen haben. Ich werde dem Gemeinderat vorschlagen, von 800 auf 1000 Meter zu gehen."

Die Diskussion moderierte der Sitzerather Ortsvorsteher Alfred Schmitt (siehe weiteren Text). Deutlich wurde dabei, dass die Sitzerather eine deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität befürchten. So sagte Stefan Stroh von der Interessengemeinschaft Windwahn: "Wir unterstützen die Ausweisung von Konzentrationsflächen. Aber es muss doch Möglichkeiten geben, diesen Windpark einzudämmen." Sitzerath dürfe durch seine Lage an der Nahtstelle zum Landkreis Merzig-Wadern und zu Rheinland-Pfalz kein Nachteil entstehen. In Gesprächen müsse man einen Konsens suchen. Stroh: "Der Mensch muss im Vordergrund stehen."

Ortsvorsteher Alfred Schmitt appellierte an alle, Grundstücksbesitzer und Windradgegner, fair miteinander umzugehen: "Wir müssen den Dorffrieden hinkriegen." Bürgermeister Barth betonte dies ebenfalls: "Die Bevölkerung muss versuchen, zu einem Konsens zu kommen. Das Verständnis für jeden ist wichtig."

Dass Investoren lieber heute als morgen bauen wollen, machte Hauptamtsleiter Michael Borre an einer Zahl fest: "Wir haben 16 Firmen, die Interesse haben, in Nonnweiler Windräder zu bauen."Warum sieht der Flächennutzungsplan einen Mindestabstand zur Wohnbebauung von 800 Metern vor?

"Uns war die Rechtssicherheit wichtig", sagte Bürgermeister Franz Josef Barth. Er sagte aber auch, dass der Plan überarbeitet werde und man den Mindestabstand auf 1000 Meter erweitere. Hugo Kern vom Büro Kernplan, das den Flächennutzungsplan für die Gemeinde ausarbeitet, unterstrich: "In vielen saarländischen Gemeinden ist man von den 800 Metern ausgegangen, um auf der sicheren Seite zu sein." Wo genau innerhalb der Konzentrationszone ein Windrad hinkommt, darüber sagt der Flächennutzungsplan nichts aus. In der Regel sind diese deutlich weiter weg, so Kern.

Gibt es einen Schlüssel für die Zahl der Windräder?

Nein, so die Experten. "Die Gemeinde muss substanziell Raum für Windräder schaffen", so der Nonnweiler Hauptamtsleiter Michael Borre. Die aktuelle Planung in Nonnweiler sieht 520 Hektar für Windräder vor, das sind 8,5 Prozent der Gemeindefläche. "Ich denke, das ist substanziell Raum geschaffen", sagte Borre.

Gibt es eine gemeinsame Planung oder plant jede Gemeinde für sich?

Ob Wadern, Nonnweiler oder die rheinland-pfälzischen Gemeinden. Jeder plant zunächst für sich. Sind die verschiedenen Kriterien, wie die Abstandsflächen erfüllt, dann dürfen die Windräder auch nahe der Gemarkungsgrenzen gebaut werden. Allerdings habe jede Gemeinde ein Recht, am Verfahren der anderen beteiligt zu werden, sagte Jurist Holger Kröninger.

Wie können die Menschen vor zu vielen Windrädern geschützt werden?

Jedes Windrad muss nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt werden, erklärte Michael Borre. Die jeweiligen Grenzwerte, zum Beispiel für Lärm, habe das Umweltbundesamt festgesetzt. Dabei werden die Lärmwerte der Windräder addiert. Ist der Grenzwert erreicht, können Anlagen abgelehnt werden.

Warum werden die Lärmmessungen nicht schon jetzt gemacht?

Das geht beim Flächennutzungsplan noch nicht. Weil dieser ja nicht den genauen Standort und das Windradmodell festlege, sagte Borre. "Im Genehmigungsverfahren muss der Investor das Lärmgutachten vorlegen", erklärte Holger Kröninger.

Der eine empfindet den Lärm stärker als der andere. Wie ist es denn mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit?

"Die Rechtsprechung sagt, auf die subjektive Empfindung des Einzelnen kommt es nicht an, auch wenn die Menschen unterschiedlich auf Lärm reagieren", erklärte Jurist Kröninger.

Welche Auswirkungen haben die Windräder auf die Entwicklung von Sitzerath?

Bürgermeister Franz Josef Barth: "Die Attraktivität des Ortes wird nicht unbedingt gesteigert, das ist nicht toll." Zu einer möglichen Wertminderung von Grundstücken machte Kröninger wenig Hoffnung auf Schadensersatz. "Es darf keine Feigenblatt-Planung geben. Die Gemeinde hat nur einen eingeschränkten Gestaltungs-

Spielraum."

Holger Kröninger, Jurist

"Die Bevölkerung muss versuchen, zu einem Konsens zu kommen. Das Verständnis für jeden ist wichtig."

Franz Josef Barth, Bürgermeister von Nonnweiler

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