Sein Schwert nahm er mit ins Grab

Nonnweiler · 15 Brandgräber von Kelten haben Wissenschaftler der Universität Münster und der Terrex auf einer Wiese bei Sitzerath entdeckt. Darunter das eines keltischen Kriegers, der wohl noch die Zeit des gallischen Krieges erlebt hat.

 Behutsam mit mit Pinsel und Spachtel legen die Studentinnen Frederike Melt und Vanessa Krahn, v.l., dieses Gefäß frei. Fotos: B&K

Behutsam mit mit Pinsel und Spachtel legen die Studentinnen Frederike Melt und Vanessa Krahn, v.l., dieses Gefäß frei. Fotos: B&K

 Schildbuckel (7), Schwert (8) und Lanzenspitze (9) im Grab des keltischen Kriegers, für den Laien schwer zu erkennen.

Schildbuckel (7), Schwert (8) und Lanzenspitze (9) im Grab des keltischen Kriegers, für den Laien schwer zu erkennen.

 Thomas Fritsch skizziert Details am Fundort.

Thomas Fritsch skizziert Details am Fundort.

 Professor Ralf Gleser an einem flachen frührömischen Grab.

Professor Ralf Gleser an einem flachen frührömischen Grab.

In einer Ecke der kleinen rechteckigen Grube liegen die Überreste seiner Waffen : Schwert, Lanzenspitze und Schildbuckel, beige-braun, verrostet, für den Laien auf den ersten Blick nicht zu deuten. Auf den zweiten schon eher, denn Professor Ralf Gleser erklärt die Funde in dem Grab des keltischen Kriegers. Entdeckt haben die Forscher dieses jetzt auf einer Wiese an der Landstraße nach Sitzerath.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Kelte die Zeit des gallischen Krieges erlebt hat, dass er vielleicht sogar gegen die Truppen des römischen Imperators Caesar gekämpft hat. Gestorben ist er wohl in der Zeit zwischen 50 und 20 vor Christus, erklärt Gleser, Leiter der Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Münster. Beerdigt wurde der Krieger voll bewaffnet, vermutlich in einer Kiste aus Holz. Das Grab enthielt zudem Teile eines Rennofens zur Metallschmelze und Keramikgefäße. "Dieser Mann hat eine besondere Rolle in der damaligen Gemeinschaft gespielt", ist sich Gleser sicher.

Je höher der Rang eines Verstorbenen, desto reichhaltiger waren die Grabbeigaben, erklärt der Experte. Auch an der Tiefe des Grabes kann man den Status erkennen. Einfache Kelten wurden in flacheren Gruben bestattet. Allen gemein ist diesen Verstorbenen jedoch, dass sie zunächst auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Dabei gab es ein Gelage. Die leeren Gefäße zerschlugen die Trauernden. Sie kamen mit der Asche in die Grube, in der aber auch gefüllte Gefäße dem Verstorbenen als Beigaben mitgegeben wurden. Je mehr Scherben unterschiedlicher Gefäße, desto mehr Menschen nahmen an der Bestattung teil. Bei dem keltischen Krieger geht der Professor von etwa 20 Gefäßen aus.

Seit drei Wochen untersuchen neun Mitarbeiter der Universität Münster und der kreiseigenen Grabungsgesellschaft Terrex das spätkeltische Gräberfeld auf der Gemarkung Sitzerath. 15 Gräber haben sie entdeckt, einfache und die von wohlhabenderen Menschen. Gestorben sind sie in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts vor Christus, in spätkeltischer und frührömischer Zeit.

Gerade gestern haben die Experten vermutlich das Grab gefunden, das der Sitzerather Bauer Nikolaus Brücker 1906 entdeckt und beschrieben hat. Brücker barg in diesem Grab eine römische Amphore, die heute im Landesmuseum in Trier aufbewahrt wird. Solche mit Wein oder Öl gefüllten Amphoren konnten sich nur reiche Kelten leisten, eine hatte den Gegenwert von zwei Sklaven. Die Forscher haben in dem Grab sorgfältig ein rundes Loch ausgegraben, in dem die Amphore damals gestanden hat. Thomas Fritsch, Terrex-Projektleiter der Ausgrabungen am und um den Hunnenring, freut sich über diese Wiederentdeckung, weil Notizen des Landwirtes ihn vor einigen Jahren erst auf die Spur des Gräberfeldes gebracht haben.

Weitere Hinweise ergaben dann geomagnetische Messungen auf der Wiese, die das Institut für Geophysik der Uni Münster unter Leitung von Volkmar Schmidt durchgeführt hat. Schmidt untersuchte auch jetzt im Vorfeld der aktuellen Grabung das Areal und gab Antwort auf die Frage: "Wo wäre es am günstigsten zu graben." So genannte Anomalien in der Erde können Hinweise auf Funde geben.

Die Ausgrabung läuft noch einige Tage. Dann wird die Fläche wieder verfüllt. Für die Wissenschaftler ist damit aber erst ein kleiner Teil der Arbeit getan. Die Funde werden im Landesdenkmalamt restauriert. Die Inhalte der Gefäße untersucht. Pflanzenreste, Knochenstücke, selbst Holzkohle können wichtige Informationen liefern.

Dann müssen die Funde ausgewertet werden. Vielleicht kommt auch wieder das Fraunhofer Institut in Saarbrücken ins Spiel. Christian Schorr, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes, hat nämlich schon eine seltene eiserne Dose aus einem im vergangenen Jahr entdeckten Grab einer keltischen Adligen unter dem Elektronenmikroskop untersucht (wie bereits berichtet). Vielleicht kann er auch unter die dicke Rostschicht der Waffen des keltischen Kriegers blicken.

Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Terrex und Universität Münster, da sind sich die Beteiligten einig, soll fortgesetzt werden. Im vergangenen Jahr entdeckten die Wissenschaftler in dem Gräberfeld zwei reichhaltig ausgestattete Gräber, vermutlich von keltischen Adligen.

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