Menschen und Europa näher kommen

Otzenhausen · 85 Junge Menschen aus Israel, der Türkei und den Balkan-Ländern weilten in der Europäischen Akademie in Otzenhausen, um Europa kennenzulernen. Wie erleben junge Leute Europa? Sind ihre Erwartungen von Sorgen oder Optimismus bestimmt?

 Iris Canor, Martin Anastasovski und Maja Richtermoc (v. l.) in der Akademie Otzenhausen. Foto: Faber

Iris Canor, Martin Anastasovski und Maja Richtermoc (v. l.) in der Akademie Otzenhausen. Foto: Faber

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Israel liegt geografisch unbestritten in Asien. Bei international wichtigen Sport-und Kulturveranstaltungen wird es oft Europa zugeordnet. "Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen mit Europa sind für unser Land eine wichtige Sache", sagt Iris Canor, Professorin und Lehrerin für europäisches Recht und Völkerrecht in Tel Aviv. Ihr Land versuche, durch die politischen Maßnahmen mit Europa auch den Frieden zu finden. "Wenn es um den Gaza-Krieg geht, ist es nicht leicht, die Gefühle der Israelis den Europäer zu vermitteln. Der Konflikt wird immer ein Thema bleiben", bedauert die Professorin. Israel müsste weiter lernen die Europäische Union (EU) mit wirtschaftlichen Mitteln zu beeinflussen.

Im Gegenzug sieht sie dadurch die Chance, dass ihr Land von außerhalb durch europäische Werte beeinflusst werde. Trotz Finanzkrise, einigen hoch verschuldeten Mitgliedsstaaten und der hohen Jugendarbeitslosigkeit , stellt die Völkerrechtlerin Europa eine günstige Zukunftsprognose aus. "Europa wird im Endeffekt zu einer Direktivität und wird noch für die Menschen zu einem besseren Leben führen", blickt Canor voraus. Während der 27-jährige Mazedonier Martin Anastasovski aus Skopje Otzenhausen besucht, macht Angela Merkel seinem Heimatland Hoffnung für den EU-Beitritt.

"Sie ist für Mazedonien die entscheidende Triebfeder in den Verhandlungen. Mazedonien braucht einen strengen Partner wie Deutschland, Mazedonien will nicht ins Abseits gestellt werden", sagt Anastasovski. EU-Mitgliedsstaat zu werden, sei für Mazedonien von immens großer Bedeutung. "Wir wären in Europa mit anderen Staaten involviert und könnten am europäischen Markt teilnehmen." "Die Menschen müssten natürlich auch die Angst verlieren, um kreativer zu sein", meint Anastasovski, der bereits mehrere Bücher zum Thema Europa in seine Heimatsprache übersetzt hat. Die Verhandlungen durch die Bundeskanzlerin geben ihm persönlich Hoffnung, dass ein EU-Beitritt für Mazedonien beschleunigt werden kann. "Aber in Mazedonien würden sich auch viele Menschen gegen die EU entscheiden, wenn man versuchen würde die mazedonische Identität umzuwandeln. Denn der Mazedonier hat seinen eigenen Stolz", beschreibt Anastasovski.

Seit einem Jahr gehört Kroatien zu den EU-Mitgliedsländern. Was hat es bisher gebracht? "Man spürt es im Sinne, dass man nicht mehr an der slowenischen Grenze bei der Passkontrolle im Stau steht", entgegnet Maja Richtermoc aus Zagreb. Im alltäglichen Leben habe sich nach dem EU-Beitritt Kroatiens nicht so viel verändert. Die 27-jährige hat ihren Master in Germanistik und Turkologie in der Tasche. "Sicherlich ist es nun leichter geworden einen Studienplatz zu finden", meint sie. Allerdings sei die Jugendarbeitslosigkeit zu hoch, auch bei jungen Menschen mit Hochschulabschluss. "Kroatien verfügt über ein gut organisiertes Schulsystem, aber es funktioniert leider wie in Amerika. Nur wer zahlen kann, kann eine bestimmte Schule besuchen", kritisiert sie.

Korruption und üppige Steuern seien weitere gravierende Probleme im Land. "Die Wirtschaft funktioniert doch nur, wenn die Leute Geld zum Ausgeben haben", ist sie überzeugt. Deshalb müsse sich Kroatiens Regierung einmal selbst reinigen. Die EU sei für sie gut, aber nicht perfekt. "Denn die Gründerstaaten haben ja selbst genügend Probleme", meint Richtermoc. Für das Tourismusland Kroatien biete die EU viele Möglichkeiten, allem voran der offene Markt.

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Auf einen Blick85 junge Menschen aus Israel, der Türkei und den Balkan-Staaten Serbien, Mazedonien , Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kroatien , Kosovo und Albanien waren zwei Wochen in Otzenhausen , um Europa kennenzulernen. Auf dem Seminarplan: das politische System der EU, die europäischen Beziehungen zu Israel, der Türkei und zu den Balkan-Ländern, europäische Integration, Energie- und Klimapolitik. Auf die Workshops abgestimmte Exkursione führten zum Europäischen Parlament nach Brüssel, zum Europarat nach Straßburg und nach Trier. Veranstalter: Europäische Akademie, Asko-Europa-Stiftung aus Saarbrücken. frf

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