Ein Nonnweiler Forschergeist, der nicht müde wird

Nonnweiler. Sein Reich ist das Studio unterm Dach seines Hauses in Nonnweiler: eine Privatbibliothek mit mehr als 6000 Büchern. Einige hatte Professor Heiner Timmermann aussortieren wollen, als er vor fünf Jahren als wissenschaftlicher Leiter der Europäischen Akademie Otzenhausen in den Ruhestand ging

 Heiner Timmermann. Foto: B&K

Heiner Timmermann. Foto: B&K

Nonnweiler. Sein Reich ist das Studio unterm Dach seines Hauses in Nonnweiler: eine Privatbibliothek mit mehr als 6000 Büchern. Einige hatte Professor Heiner Timmermann aussortieren wollen, als er vor fünf Jahren als wissenschaftlicher Leiter der Europäischen Akademie Otzenhausen in den Ruhestand ging. "Es ist eher etwas dazugekommen", räumt der Philosoph und Historiker, der heute 70 Jahre alt wird, lächelnd ein. Forschung und Lehre hat er beibehalten: "Die vielfältige Tätigkeit erfüllt mich, ich kann sie jetzt selbst gestalten." Das beflügelt ihn: "Ich kann schneller schreiben als früher, das macht die Erfahrung, ich sitze nicht mehr lange vor einem weißen Blatt Papier." Seit 2005 gibt er die Schriftenreihe "Politik und Moderne Geschichte" heraus und hat sein Großprojekt fertig gestellt: ein Lexikon des Kalten Kriegs auf 1800 Seiten. Der Duisburger kam vor 32 Jahren ins Saarland. Mit Frau Wiltrud besucht er seine vier Kinder regelmäßig: in Primstal, Karlsruhe, dem US-Bundesstaat New Mexico und auf der Pazifikinsel Guam. "Ende März bin ich von einer mehrwöchigen Reise aus Guam, Korea und China zurückgekommen", erzählt er. "Ich verbinde die Besuche mit Vorträgen." Er referiert meist über die europäische Zusammenarbeit als Modell für Nordostasien. In Südkorea, wo er im März 2009 an der Yonsei-Universität in Seoul mit EU-Förderung ein "Europa-Institut" mitgegründet hat, befrage man ihn immer wieder zur Wiedervereinigung, in China zur Vergangenheitsbewältigung. "Sie sagen: Ihr habt das zweimal gehabt nach dem Krieg und dem Fall der Mauer: Wie wird die Aufarbeitung organisiert, was passiert mit den Personen?" Zu seinem Schwerpunkt der DDR-Forschung, die ihm das Bundesverdienstkreuz einbrachte, sagt er: "Die Zeit der überraschenden Entdeckungen ist vorbei. Die kommt erst wieder, wenn auch die Bundesrepublik ihre Akten offenlegt. Es war diskriminierend: Die DDR musste die Hosen runterlassen, die BRD hielt sich bedeckt." Für den wissenschaftlichen Austausch mit Polen trägt Timmermann das Kavalierkreuz des Verdienstordens der Republik Polen. Dem verunglückten polnischen Präsidenten Lech Kaczynski rechnet er an, dass er als Erster einen radikalen Umbau vorgenommen habe, während zuvor nach der Wende weiter die alten Parteieliten, Richter, Armee- und Polizeiführungen im Amt geblieben waren. "Das kann man nicht im Reagenzglas vorher üben und nicht von heute auf morgen machen", erkennt er an, "Deutschland hat das nach 1945 auch nicht gemacht und viele Korrekturen unterlassen." Nebenher engagiert sich Timmermann sozial. Er ist derzeit zum dritten Mal Präsident des Lions Clubs St. Wendel, Vorsitzender der Akademie Rosenhof in Weimar, die Fortbildung im Sozialmanagement betreibt, und im Vorstand der Deutschen Kinderhilfe Sachsen. "Der Ruhestand geht mir nicht verloren", betont er, für Wandern, Schwimmen und Konzertbesuche finde er mit seiner Frau immer noch Zeit.

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