Zwischen Industriekultur und Untergang

Schnappach · 1774 begann eine erste Besiedlung Schnappachs. In den vergangenen 240 Jahren ist viel passiert. Fabriken und der Kohlebergbau brachten ersten Reichtum, doch später drohte das Dorf sogar zu versinken.

 Die Mitglieder aus den Anfangsjahren des Schnappacher Turnvereins. Fotos: Stadtarchiv Sulzbach

Die Mitglieder aus den Anfangsjahren des Schnappacher Turnvereins. Fotos: Stadtarchiv Sulzbach

Auf eine bewegte 240-jährige Geschichte blickt der kleine Stadtteil Schnappach in diesem Jahr zurück. Eine erste Besiedlung begann im Jahr 1774. Mit den darauf folgenden ersten Industrieansiedlungen, mit Alaunhütte und Rußhütte, begann ein erster Aufschwung des Ortes. Auch Kohle wurde aus Stollen abgebaut, doch "der große Aufschwung", wie es Rita Lampel-Kirchner in einem Dia-Vortrag zur Ortsgeschichte ausdrückte, kam mit der Gründung der beiden Glashütten.

1784 gründete Gräfin Marianne von der Leyen die Glashütte im Ruhbachtal. Bundglasfenster aus Schnappacher Produktion sind heute noch in der evangelischen Kirche in Sulzbach und im Sitzungssaal des Rathauses zu sehen, außerdem zieren sie Kirchen in Luxemburg und der Pfalz. Knapp 20 Jahre später, im Jahr 1810, folgte eine zweite Manufaktur des Sulzbacher Fabrikanten Carl Philipp Vopelius. Nach der französischen Herrschaft unter Napoleon Bonaparte wird Schnappach 1816 bayrisch, 1829 zum Ortsteil St. Ingberts und trägt den amtlichen Namen "St. Ingberter Grube". Das Bergwerk ging in bayrischen Staatsbesitz über, der Kohlenbergbau in Schnappach nahm einen "gewaltigen Aufschwung". 1880 sollen bereits 1400 Menschen in Schnappach gelebt haben. Circa 20 Wirtschaften sind um diese Zeit belegt, denn das Bier war in Bayern billiger, viele "Touristen", beispielsweise aus dem "Sulzbacher Ausland", besuchten so des Öfteren den Ort. Laut Dorf-Chronik gab es in Schnappach "schon um 1880 rund 1 400 Einwohner, 110 Häuser, mehrere Läden und etwa 20 Wirtschaften. Später sollen es sogar 26 Wirtschaften gewesen sein. Als 1897 eine Feuerwehr gegründet wurde, gab es im "Dorf" bereits 19 Vereine.

Die "goldene Zeit" endete aber nach dem Ersten Weltkrieg, als die Gruben in französischen Besitz übergingen. "Ab 1919 erfolgte unter dem Ort ein rücksichtsloser Kohlenabbau, der zu Grubenschäden in nie gekanntem Ausmaß führte", schrieb Fritz Hau in der Dorf-Chronik 1955. "In der ganzen Welt wurde in Zeitungen vom ‚versinkenden Dorf' berichtet, da zahlreiche Wohnhäuser, die erst 1902 erbaute evangelische Kirche und eine Schule wegen Einsturzgefahr abgerissen werden mussten". Nach dem Zweiten Weltkrieg baute die Stadt St. Ingbert laut Aussage von Lampel-Kirchner mit einem Hilfsprogramm als "Beitrag zum Wiederaufstieg" zwölf Wohnhäuser mit 56 Wohnungen, 1955 wurde die ehemalige Glasmalerei zur Volksschule umgebaut und 1961 ein Kindergarten errichtet. Von den Kirchengemeinden wurde 1961 eine kleine neue evangelische Kirche gebaut, 1970 folgte die katholische Kirche St. Barbara. 1974 wurde Schnappach von Sulzbach eingemeindet. Von den industriellen Anlagen gibt es heute keine baulichen Relikte mehr, da alle Anlagen im Laufe der Jahre beseitigt wurden, nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Grubenanlagen.

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