Zwei Fußball-Herzen in einer Brust

St Wendel · Portugal, Ghana und die USA – gegen die Teams dieser Länder tritt die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Brasilien an. Im Vorfeld der Gruppenspiele haben wir Vertreter aus diesen Nationen in die Redaktion eingeladen. Bei diesen Gesprächen war aber nicht nur Fußballwissen gefragt. Es ging vielmehr um Stimmung, Fanrituale und Erwartungen an das Turnier. Dieses Mal treffen ein Ghanaer und ein Amerikaner aufeinander – passend zum gestrigen WM-Spiel.

 Familie Danso: Joseph Adjei, Sean und Christine. Fotos: B&K

Familie Danso: Joseph Adjei, Sean und Christine. Fotos: B&K

 Frank Kissinger tippte auf einen Sieg der USA.

Frank Kissinger tippte auf einen Sieg der USA.

 SZ-Redakteurin Melanie Mai (rechts) im Redaktionsgespräch.

SZ-Redakteurin Melanie Mai (rechts) im Redaktionsgespräch.

Beide sind Fußballfans, beide wohnen in St. Wendel und beide tippten auf einen Sieg ihrer Mannschaft gestern Nacht: Joseph Adjei Danso, seit wenigen Wochen eingedeutschter Ghanaer, und der US-Amerikaner Frank Kissinger. Dabei haben sie noch etwas gemeinsam: Es schlagen jeweils zwei Herzen in ihrer Brust. Natürlich drücken sie ihrem Heimatland die Daumen. Aber wenn Ghana oder die USA nicht gerade gegen Deutschland spielen, dann sind Danso und Kissinger im schwarz-rot-goldenen Fieber. "So habe ich immer noch eine Reserve-Mannschaft, mit der ich mitfiebern kann, sollte Ghana ausscheiden", freut sich der 30-Jährige, der im Trikot von Michael Essien (Ghana ) gekommen ist.

Und noch eine Gemeinsamkeit haben der Ghanaer und der Amerikaner: Beide Fußballfans, die zum SZ-Redaktionsgespräch gekommen sind, sind mit einer Deutschen verheiratet. Während Danso keine Probleme zu erwarten hat - "meine Frau ist neutral" -, sieht das bei Kissinger anders aus: "Wenn Deutschland gegen die USA spielt, dann schauen wir uns das zusammen an - und dann kann schon mal der Haussegen schief hängen." Da werde der Ton rauer. Der 52-Jährige scherzt: "Wenn es zu heftig wird, dann haben wir ja noch ein Gästezimmer." Zurück zum Nachtspiel: Danso tippte auf ein 2:0, Kissinger auf 3:1, jeweils aus Sicht des eigenen Teams. Und beide sind auch sicher, dass ihr Team die Gruppenphase übersteht - jeweils - da sind sie sich einig - gemeinsam mit der deutschen Elf.

Und dann, wie geht es weiter? Danso sieht sowohl Deutschland als auch Ghana im Halbfinale. Kissinger denkt, Deutschland schaffe es nicht einmal ins Viertelfinale; die USA hingegen schon. "Die Amis spielen wie eine Mannschaft", sagt der Bayern-Fan. Deutschland hingegen habe zu viele Verletzte, zu viele Fragezeichen. Außerdem spiele das Löw-Team zu wenig nach vorne. Im Gegensatz zu den USA .

Angst vor Neuer

Auch Danso spricht Personalien an. "Mit Neuer im Tor könnte es eng werden für Ghana ." Der Chelsea-Fan bedauert, das Mario Gomez, sein Lieblingsspieler im deutschen Trikot, nicht im Kader ist. Kissingers deutscher Lieblingsspieler wird aber wohl spielen: Thomas Müller .

Im Redaktionsgespräch bei alkoholfreiem Bier und Chips erzählen Kissinger und Danso auch, welchen Stellenwert der Fußball in ihren Heimatländern hat. "In Ghana ist Fußball das A und O, danach kommt Boxen", sagt Danso, der nur wenige Stunden vor seinem Termin bei der SZ aus Ghana zurückgekehrt war, wo er seine Mutter besuchte.

Und auch Kissinger sieht den Fußball - Soccer - in den Vereinigten Staaten auf dem Vormarsch. Früher habe es nur Football, Baseball, Eishockey oder Basketball gegeben. Heute existiere eine Fußball-Liga - und viele Spieler sammelten Erfahrungen in Europa. Kissinger nennt noch ein Argument für den Aufschwung: "Und jetzt haben wir auch noch Klinsi und Berti."

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