"Zum Glück gibt es Fußball und Dosenbier"

Neunkirchen. Kaum hatte man sich nach über zwei Wochen Weltmeisterschaft an die tägliche Dosis Fußball gewöhnt, erwies sich die Fifa mal wieder als Spaßbremse und gönnte den Spielern eine zweitägige Pause

Neunkirchen. Kaum hatte man sich nach über zwei Wochen Weltmeisterschaft an die tägliche Dosis Fußball gewöhnt, erwies sich die Fifa mal wieder als Spaßbremse und gönnte den Spielern eine zweitägige Pause. Schön und gut, aber wer hat dabei an die Zuschauer gedacht, denen urplötzlich der WM-Hahn abgedreht wurde? Der Theater- und Spielverein "die kulisse" hatte diesen Part übernommen und mit dem Programm "Fußball und Dosenbier" für einen mehr als adäquaten Ersatz gesorgt. Denn als man sich in Südafrika am Mittwoch und Donnerstag ganz der Rasenpflege widmete, machte "die kulisse" aus der Stummschen Reithalle für zwei Tage eine Stumm-Arena und präsentierte dort vor vollbesetzten Rängen die Neunkircher Fußballrevue. Glücklicherweise hatten sich die Akteure dabei nicht am oft ermüdenden Gekicke der WM orientiert, sondern all das in einen Topf geworfen, was sich Fans von einer packenden Partie erhoffen. Musikalischer AnpfiffTrainer und Teamchef Markus Müller betrat nach dem Anpfiff um 20 Uhr zunächst in Beckenbauer-Manier alleine den Platz und stimmte musikalisch auf das ein, was - wer hätte es gedacht - in 90 Minuten folgen sollte. "Es könnt' alles schlimmer kommen, doch das Eine sag ich dir: Es wär' alles noch viel schlimmer, ohne Fußball und Dosenbier", lautete dann auch das Motto des Abends. Angetan von so viel wahrhaftiger Ballsport-Poesie machten sich auch die Fans in der Südkurve erstmals lautstark bemerkbar und griffen anschließend zu Stadionwurst und Büchsenbier. Es folgte ein Zaungespräch zweier Fußballväter, die mit ihrem Sachverstand natürlich bereits unter den Jugend-Kickern den "Bezirksliga-Maradona" vom "Bolzplatz-Legastheniker" unterscheiden konnten. Wunderbar überspitzt wurde dann sowohl das männliche, als auch das weibliche Abwehrverhalten in "Gedanken einer Freistoßmauer" dargestellt. So wünschte er sich, seinem Kampfgeist entsprechend, wenigstens etwas Blut auf dem Trikot, während sie eher der Frage nachging, wie man Grasflecken in den Stutzen zu Leibe rücken könnte. In der Game-Show "Ruck Zuck" mussten die Spieler dann Begriffe wie Flutlicht, Latte und Grätsche ("Sächsisch für Gretchen") erklären und sorgten ganz nebenbei mit der Wortneuschöpfung Blut-Schwalbe für genau das Substantiv, nachdem man bei Andy Möllers Fallsucht stets vergebens gesucht hatte. Nach einer 15-minütigen Pause ging es in die zweite Halbzeit, die ebenfalls reich an Höhepunkten war. Ob beim Rezitieren von Trapattonis Wutrede ("Ein Trainer ist nicht ein Idiot"), beim herrlichen Verbal-Doppelpass zwischen Andreas Fischer und Ida Jacobi während einem "Rendezvous mit Championsleague", oder bei der wissenschaftlichen Analyse deutscher Fangesänge. Schade, dass nach 90 Minuten schon alles vorbei war. Bei solchen Spielen wünscht man sich eine Verlängerung samt Elfmeterschießen. Aber seit Sepp Herberger ist ja bekannt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und die nächste WM samt Spielpause kommt ja auch schon in vier Jahren.

AuF einen BLickFolgender Elf hatte Trainer und Teamchef Markus Müller sein Vertrauen geschenkt: Constanze Baus, Kathrin Ecker, Dietmar Feiock, Sascha C. Ferdinand, Andreas Fischer, Ida Jacobi, Isaak Jacobi, Sylvia Müller, Sibille Sandmayer, Hannah Sieren, Martin Sieren. Für musikalische Anfeuerung während der gesamten Spielzeit sorgten Carina Peitz und Carsten Gräß (Ergänzungsspieler songweise Isaak Jacobi). pra

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