"Zahl der Sitzenbleiber ist ohnehin gering"

Neunkirchen. Nur unter bestimmten Bedingungen befürworten die Leiter der Gymnasien im Kreis Neunkirchen die Abschaffung des Sitzenbleibens in den Klassen fünf und sechs, wie sie Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) plant (die SZ hat berichtet)

Neunkirchen. Nur unter bestimmten Bedingungen befürworten die Leiter der Gymnasien im Kreis Neunkirchen die Abschaffung des Sitzenbleibens in den Klassen fünf und sechs, wie sie Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) plant (die SZ hat berichtet). Klaus Dieter Lessel, Leiter des Illtal-Gymnasiums und Vorsitzender des saarländischen Philologenverbandes, sieht keine Notwendigkeit für den Schulversuch. Mit zwei bis drei Sitzenbleibern pro Schule sei die Zahl zu gering. In der Klasse fünf habe es am Illtal-Gymnasium im vorigen Schuljahr keine Sitzenbleiber gegeben."Schwache Schüler würden das Gefühl bekommen, dass ihnen ohnehin nichts passieren kann", sagt Lessel. Das Sitzenbleiben hingegen helfe, die Leistungsbereitschaft zu erhöhen. Zudem könnte zu spät erkannt werden, dass das Gymnasium für ein Kind die falsche Laufbahn ist, wenn das Sitzenbleiben ausgesetzt wird. Für die individuelle Förderung, die die Reform bei vom Sitzenbleiben bedrohten Schülern vorsieht, müsste zusätzlich Personal eingestellt werden. Das sei teurer, als wenn ein Schüler die Klasse wiederholt. "Außerdem gibt es seit einigen Jahren Förderstunden und Projekte für schwache Schüler, so dass die Zahl der Sitzenbleiber bereits reduziert wurde", sagt Lessel.

Für Sascha Schlicker, stellvertretender Leiter des Neunkircher Gymnasiums am Steinwald, macht die Reform nur dann einen Sinn, wenn die Zahl der Schüler pro Klasse deutlich verringert wird. "Bei 20 Kindern pro Klasse können die Schüler viel individueller gefördert werden", sagt Schlicker. Er befürchtet jedoch, dass das Geld dafür fehlt. Rita Monz, Elternsprecherin des Illtal-Gymnasiums und Schriftführerin der Landeselternvertretung der Gymnasien, befürwortet den Versuch ebenfalls nur, wenn die Bedingungen stimmen - diese seien jedoch noch nicht bekannt. "Die Förderung muss ausreichend personalisiert und entsprechend Lehrerstellen zur Verfügung gestellt werden, aber ohne, dass woanders gekürzt wird", sagt Monz. Doch schon im normalen Schulbetrieb würden Lehrer fehlen und Stunden ausfallen. Außerdem dürfe die Förderung der Hochbegabten nicht darunter leiden.

Dem Argument von Bildungsminister Klaus Kessler, die Schüler nach dem Wechsel von der Grundschule aufs Gymnasium zu stabilisieren, hält Sascha Schlicker entgegen: "Wir wissen, dass dieser Schritt schwierig ist und versuchen ohnehin, das möglichst zart zu gestalten". Würde sich dann herausstellen, dass das Gymnasium nicht das richtige ist, könne der Schüler immer noch auf die Realschule wechseln, das System sei durchlässig.

Im Ottweiler Gymnasium seien in den vergangenen drei Jahren nur vier Schüler nicht versetzt worden, so Schulleiterin Rebecca Spurk. "Ich sehe das Problem des Sitzenbleibens daher weniger in den Klassen fünf und sechs, als in der Mittelstufe", sagt Spurk. Denn wegen der Pubertät sinke in den Klassen acht und neun eher die Leistung. "Ich sehe, dass bei uns bereits sehr viel gefördert wird, vor allem in der Unterstufe", so Spurk. Dennoch sei man offen und froh über neue Fördermöglichkeiten. "Dafür bräuchte man kleinere Klassen und zusätzliche Lehrerstunden. Das muss erst finanziert werden". Das sei aber nicht durch Überstunden der Lehrer möglich.

Das Neunkircher Gymnasium am Krebsberg war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

"Man bräuchte kleinere Klassen und mehr Lehrerstunden."

Rebecca Spurk, Leiterin des Ottweiler Gymnasiums

Hintergrund

Unter dem Motto "Fördern statt Sitzenbleiben" plant Bildungsminister Klaus Kessler für vier Jahre einen Modellversuch ab dem Schuljahr 2011/12. Die Nicht-Versetzung soll an einigen Gymnasien in den Klassen fünf und sechs ausgesetzt werden. In diesen Klassen sind blieben im Jahr 2009/10 genau 114 Schüler sitzen. red

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