„Wir sind Lebensbegleiter“

Neunkirchen/Nahe · Individuelle Versorgung seiner Bewohner will das Caritas-Senioren-Zentrum in Neunkirchen/Nahe bieten. Ein wichtiger Punkt ist die Notfall-Vorausplanung für die Versorgung am Lebensende.

 Heimleiterin Steffi Gebel hat immer ein offenes Ohr für die Bewohner. Foto: Stefan Bohlander

Heimleiterin Steffi Gebel hat immer ein offenes Ohr für die Bewohner. Foto: Stefan Bohlander

Foto: Stefan Bohlander

"Wir sind keine Sterbegleiter - wir sind Lebensbegleiter", bringt es David Fitzpatrick auf den Punkt. Der Koordinator des Palliative-Care-Teams arbeitet seit 2010 im Caritas-Senioren-Zentrum Haus am See in Neun kirchen/Nahe. Seine Stelle wurde extra für ein vom Gesundheitsministerium gefördertes Pilotprojekt geschaffen. In diesem saarlandweit einmaligen Projekt, das 2012 in ein zweites mündete, soll es gelingen, die Palliativmedizin, also die Versorgung Schwerkranker und Sterbender, in die Pflegeabläufe in Seniorenheimen mit einzubinden.

Um die richtige Versorgung für die Bewohner zu gewährleisten, muss man ganz individuell die jeweilige Biografie aufarbeiten, weiß Hausleiterin Steffi Gebel. Dabei gibt sie zu bedenken, dass die Situation in der Palliativmedizin eher der in einem Krankenhaus ähnele, während in einem Hospiz klar ist: "Man stirbt." Deswegen mache man sich bereits sehr früh Gedanken: "Wie gehen wir mit der Herausforderung für eine würdevolle Begleitung um?" In der Palliativversorgung im Altenheim setzt man sich intensiv mit dem Thema Leben auseinander. Die richtige Sterbebegleitung sei die, die sich individuell nach den Bedürfnissen des jeweiligen Bewohners richte und ein selbstbestimmtes Leben bis zuletzt gewährleiste.

Herzstück bei dieser Begleitung ist eine Notfall-Vorausplanung, die eine Art Patientenverfügung mit integriertem Therapieplan für die Versorgung am Lebensende ist. Damit wird anhand der individuellen Gesundheitssituation festgelegt, was im Falle des Sterbens zu beachten ist. Dass zum Beispiel nicht eine falsche Medikation verabreicht wird. Die Linderung der Symptome spielt dabei eine wichtige Rolle. "Dass Bewohner in der Sterbephase leiden müssen, wollen wir unter allen Umständen vermeiden", so Fitzpatrick. Dafür ist eine enge Kooperation zwischen den betreuenden Hausärzten und Fitzpatrick als Fachpfleger für Schmerztherapie, Onkologie und Palliativmedizin erforderlich.

Die radikale Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Bewohner in dieser Phase bedeutet auch, eigene Wertvorstellungen zu hinterfragen und nach hinten zu stellen. "Die Frage lautet immer: Was ist für den Bewohner wichtig?", betont Gebel, "ist es ein kleiner Moment der Schmerzfreiheit oder doch noch das Leibgericht am Abend?". Eine von Fitzpatrick erhobene Studie in zehn Einrichtungen im Saarland und in der angrenzenden Pfalz unterstreicht, wie wichtig die Notfall-Vorausplanung ist.

Dass Bewohner sterben, lässt sich nicht aufhalten. "Geht man dann zur Tagesordnung über?", lautet die rhetorische Frage. In besonders traumatischen Fällen, wenn man zum Beispiel über längere Zeit jemanden begleitet und somit relativ viel Nähe erarbeitet hat, wird Raum für die Mitarbeiter geschaffen, um sich untereinander auszutauschen und miteinander zu reden. In Trauerfällen gelte es, auch die Bewohner mit einzubeziehen.

Im umgekehrten Fall haben auch die Bewohner eine intensive Zeit im Haus am See erlebt. Die sinnliche Wahrnehmung sei bis zum Ende da, berichten Fitzpatrick und Gebel. Deswegen sei räumliche und körperliche Nähe für die Bewohner enorm wichtig. Ein Bewohner beispielsweise verbrachte sein letztes Jahr in der Einrichtung. "Es war die schönste Zeit meines Lebens", habe er gesagt. Oftmals würden sich die Angehörigen für die geleistete Arbeit bedanken.

Die Trauerarbeit falle erstaunlicherweise oftmals den Erwachsenen schwerer. "Bei Kindern ist es wie eine Pfütze, aus der man wieder herausspringt", berichten die beiden, "bei Erwachsenen hingegen so als müsse man durch dichtes Wasser waten".

Zum Thema:

AUF EINEN BLICKSteckbrief: Caritas-Senioren-Zentrum Haus am See, Zur Altenheimstätte, 66625 Neunkirchen /Nahe: 80 Pflegeplätze, davon 8 Kurzzeitpflege, Betreutes Wohnen/Palliative Care. Ansprechpartner: Steffi Gebel, Heimleitung, David Fitzpatrick, Koordinator für Palliative Care, Telefon (0 68 52) 90 80, E-Mail: info@haus-am-see.de, Träger: Caritas Trägergesellschaft Saarbrücken. www.haus-am-see.de . red

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