Weniger Jugendhilfe für Flüchtlinge

Nohfelden · Wie sollen jugendliche Flüchtlinge, die ohne Eltern gekommen sind, untergebracht werden? In dieser Frage waren sich gestern bei der Eröffnung des fünften Clearing-Hauses in Nohfelden Träger und Ministerium uneins.

 Vier junge Afghanen im neuen Clearing-Haus in Nohfelden zeigen, wo sie vor der Flucht lebten. Foto: Bonenberger

Vier junge Afghanen im neuen Clearing-Haus in Nohfelden zeigen, wo sie vor der Flucht lebten. Foto: Bonenberger

Foto: Bonenberger

Bei der offiziellen Eröffnung gestern Nachmittag ist das fünfte Clearing-Haus für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge im Saarland schon längst belegt. 18 Jungen im Alter von 13 bis 18 Jahren überwiegend aus Syrien, Afghanistan und Eritrea haben hier nach ihrer Flucht vorübergehend ein neues Zuhause gefunden. Die neue Clearing-Stelle im Palotti-Haus in Nohfelden-Eiweiler wird von der Diakonie und der Pallottiner Jugendhilfe unter Mitgliedschaft der Marienhaus-Stiftung getragen.

In die Freude, mit dem Ferienhaus einen guten Ort für die Kinder und Jugendlichen gefunden zu haben, mischte sich bei Diakoniepfarrer Udo Blank die Sorge wegen der Überlegungen im Saarland, die Jugendhilfestandards für Flüchtlingskinder abzusenken (wir berichteten). "Diese Jugendlichen benötigen in ihrer Situation besonders intensive Begleitung und Förderung, die über die reine Betreuung weit hinausgeht. Dazu sollten wir uns alle verpflichtet fühlen", sagte Blank. Sozial-Staatssekretär Stephan Kolling (CDU ) hatte am Vortag neue Standards "deutlich unterhalb der Hilfe zur Erziehung" angekündigt. Kolling verteidigte die Pläne: "Wir müssen zunächst die individuellen Bedarfe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ermitteln. Dabei müssen sich die Kosten im Rahmen halten, denn wir sind ein Haushaltsnotlageland." Mit den Landkreisen würden in Kürze gemeinsame Standards vereinbart, welches Betreuungsverhältnis gebraucht werde und was das Personal an Ausbildung vorweisen müsse: "Sind es Erzieher, Sozialpädagogen oder Psychotherapeuten? Was muss an medizinischem Sachverstand in den Einrichtungen sein? Das meinen wir mit angepassten Standards", so Kolling.

120 Plätze gibt es in den fünf Clearing-Stellen in Völklingen (2), Merzig-Besseringen, St. Wendel und Nohfelden-Eiweiler. Zwischen drei und sechs Monaten bleiben die Jugendlichen im Schnitt dort, bis ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist. Danach wechseln sie in Wohngruppen oder andere Jugendhilfeeinrichtungen. Die Vormundschaft übernimmt das zuständige Jugendamt.

In 83 Einrichtungen sind im Saarland laut Sozialministerium die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) untergebracht. Rund 650 der 1200 Jugendlichen leben aktuell (Stichtag 19. Oktober) in Einrichtungen der Jugendhilfeträger speziell für Flüchtlinge . Weitere sind in regulären Jugendhilfeangeboten untergebracht. 190 Jugendliche sind bei Verwandten untergekommen, die auch Vormund sind. Da die Plätze nicht ausreichen, müssen die Jugendämter zusätzliche Räume als Übergangslösung anmieten - das sind derzeit Campingplätze, Hotels, Altenpflegeeinrichtungen, Jugendherbergen und alte Schulen. Insgesamt zehn Notunterkünfte mit 220 Plätzen existieren zurzeit. Für diese Jugendlichen werde nach geeigneteren Unterkünften gesucht, sagte Kolling. Das Saarland rechne mit 36 Millionen Euro Ausgaben jährlich für die jugendlichen Flüchtlinge .

Ab dem 1. November nimmt das Saarland keine neuen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge mehr auf. Die Clearing-Stelle in Eiweiler soll dann in eine Regeleinrichtung umgewidmet werden. Die Neuankömmlinge werden dann wie die Erwachsenen nach einer festen Quote ("Königsteiner Schlüssel") auf die 16 Bundesländer verteilt. Das Saarland habe bereits ein Vierfaches seines Solls aufgenommen, so Kolling. Er rechnet damit, dass das Saarland bis 2017 keine weiteren Jugendlichen aufnehmen muss. Die Neuankömmlinge würden nach Rheinland-Pfalz gebracht. Die Grünen im Landtag forderten, dass bei der Weiterleitung junger Flüchtlinge eine dem Kindeswohl entsprechende Betreuung gewährleistet werde und beantragten einen Bericht im zuständigen Ausschuss.

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