Wege-Sperrung im Niemandsland

Völklingen · Alarm von Völklinger Wahlkämpfern brachte den Stein ins Rollen: Seit Donnerstag sind Fußwege und Treppen gesperrt, die im Wohngebiet Westend von der Siemensstraße bis zum Nordring führen. Die vernachlässigten Wege, das zeigte sich bei SZ-Recherchen, sind Niemandsland, es gibt keinen Besitzer. Saarstahl, früherer Eigentümer, will nun sanieren.

 Gesperrt: Der vernachlässigte Fußweg, der von der Siemensstraße bis hinauf zum Nordring führt. Foto: Jenal

Gesperrt: Der vernachlässigte Fußweg, der von der Siemensstraße bis hinauf zum Nordring führt. Foto: Jenal

Foto: Jenal

Zuerst stolperte Karl-Heinz Remark, Fraktionsvorsitzender der IG Pro Völklingen im Stadtrat (und Spitzenkandidat für die bevorstehende Kommunalwahl) über das Thema. Dann schickte auch Lothar Geisinger, der am 25. Mai für die SPD in den Völklinger Rat einziehen will, eine Brandmail an die SZ. Gegenstand des Doppel-Alarms ist ein Fußweg mit Treppe, der vom Haus Röntgenstraße 96 zum höher gelegenen Nordring führt. Dieser Weg, sagen beide Stadtratskandidaten unisono, sei für die Anwohner wichtig. Doch er sei in miserablem Zustand. Links und rechts des Weges stehe zu hohes Unkraut, schreibt Remark. Lose Betonplatten auf der Treppe seien gefährlich für Fußgänger, schreibt Geisinger; eine "Zumutung", sagt Remark.

Lockere Treppenstufen

Beide haben Recht mit ihrem Alarmruf, zeigte sich beim SZ-Ortstermin. Die Treppe ist ein Problem: Die auf den Beton-Unterbau aufgelegten Trittplatten haben sich zum Teil aus dem Mörtel gelöst. Das Geländer, rostig, wirkt wenig vertrauenswürdig. Der Weg hingegen ist intakt. Die Ligusterhecken, die ihn rahmen, hat offenbar in diesem Jahr schon jemand geschnitten. Auch das Kraut an der Seite ist mal gemäht worden; jetzt aber rückt es, halbmeterhoch, der Pflasterung in der Mitte nahe. In der Verlängerung - der Fußweg geht nach unten weiter bis zur Siemensstraße - sieht es ähnlich aus.

Einem Irrtum erlegen sind jedoch beide Wahlkämpfer mit ihren Bitten um Reparatur. Remark hat sich mit der seinigen an die WoGe Saar gewendet, Eigentümerin der umliegenden Mietshäuser. Geisinger hat Oberbürgermeister Klaus Lorig aufgefordert, die Stadt möge etwas tun. Beide E-Mails richten sich an die falsche Adresse.

"Wir dürfen da gar nicht tätig werden", sagt ein Sprecher der WoGe, "denn wir sind nicht Eigentümer." Zwar habe die WoGe die Häuser in der Röntgenstraße - Teil einer einstigen Hüttensiedlung - vor Jahren von Saarstahl übernommen. Die Wege aber seien Saarstahl-Besitz geblieben. Bis das Unternehmen das Eigentum daran aufgegeben habe; am 9. Februar 2006 sei der "rechtswirksame Verzicht" ins Grundbuch eingetragen worden.

Herrenlose Fläche

"Dereliktion" heißt so etwas bei den Juristen: Man kann ein Grundstück ganz offiziell aufgeben. Damit wird es herrenlos. Nur der Fiskus, also das Land, darf sich dann die Fläche aneignen. Das aber, sagt der WoGe-Sprecher, sei hier nicht geschehen. So habe die WoGe, als sich vor ein paar Jahren Siedlungsbewohner erstmals über den schlechten Wegezustand beschwerten, schlicht die Mieter über die Lage informiert.

Ebenso die Stadt. Doch auch die ist unzuständig, weil nicht Eigentümerin. Sie habe denn auch nicht gesperrt, sagt Jürgen Manz, persönlicher Referent von OB Lorig, auf SZ-Nachfrage. "Wir waren es auch nicht", sagt Ludwin Vogel von der WoGe. Wer dann? Ein Gespräch mit Ulrike Jungmann von der Saarstahl-Pressestelle bringt Aufklärung: Das Unternehmen war's. "Wir sind zwar nicht mehr Eigentümer", betont Jungmann, "aber wir wollen uns kümmern" - unabhängig davon, ob man rechtlich dazu verpflichtet sei oder nicht. "Wir werden die Wege sanieren", verspricht Jungmann, "wir gehen da gleich dran."

Und danach gelte es, das bizarre juristische Problem zu lösen, das der Alarm der beiden Wahlkämpfer ans Licht gebracht hat: Es gibt Niemandsland mitten in der Stadt - was tun damit?

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