Warum die Polizei erst nach sechs Monaten Täter-Fotos rausrückte

Saarbrücken · Wenn ein Delikt aufgezeichnet wird, können hiervon im Rahmen von Fahndungsaufrufen Bilder in den Medien verbreitet werden, um den Täter zu finden. Dies ist kürzlich geschehen – ein halbes Jahr nach der Tat.

Am 2. Juli hat die Polizeiinspektion St. Johann zwei Bilder an die Medien verschickt, die von einer Überwachungskamera gemacht wurden. Diese Fotos zeigen eine Person, die sich unter Vorlage eines gestohlenen Personalausweises und der passenden EC-Karte am Schalter einer Bank Geld auszalen lässt. Die Straftat liegt allerdings bereits sechs Monate zurück und datiert vom 2. Januar 2014. In dieser Zeit lebte der Dieb auf freiem Fuß. Inzwischen konnte die Identität des Mannes durch die Öffentlichkeitsfahndung ermittelt werden. Er wird demnächst vernommen.

Warum dauert es so lange, bis für die Fahndung wichtige Fotos an die Öffentlichkeit gelangen? Christian Eckert leitet den Saarbrücker Kriminaldienst und erklärte der SZ: "Die Anzeige wurde erst am 30. Januar gestellt, das Videomaterial lag den Ermittlern fünf Tage später vor." Solche Aufnahmen würden dann zunächst mit internen Datenbanken abgeglichen. "Eine Woche nach der Anzeige wurde in diesem Fall die saarVV-Abokarte des Geschädigten bei einem drogenabhängigen Mann gefunden, der hierdurch zunächst Hauptverdächtiger wurde", so Eckert. Der Mann wurde vorgeladen. Im Glauben, den Richtigen gefunden zu haben, sei bis dahin keine Öffentlichkeitsfahndung beantragt worden. Zur Vorladung Ende Februar sei der Mann nicht erschienen. "Im Drogenhilfezentrum wurde dann klar, dass es sich nicht um den Täter handelt", sagte Eckert. Anschließend habe sich der Antrag auf die Veröffentlichung der Bilder der Überwachungskamera wegen der Elternzeit des zuständigen Polizisten um etwa vier Wochen verzögert. Laut Eckert wurde der Staatsanwaltschaft die Anregung zur Öffentlichkeitsfahndung am 23. April zugeschickt, der richterliche Beschluss kam am 18. Juni zurück. "In diesem Fall gab es keinen Prioritätenvermerk und wir haben den Postweg gewählt. In Fällen der schweren Körperverletzung zum Beispiel gehen wir persönlich mit der Akte los", so Eckert. Staatsanwaltschaft und Richter benötigten ihrerseits also etwa sieben Wochen Bearbeitungszeit - inklusive dem Postweg zurück. Erik Schweitzer, Sprecher der Saarbrücker Staatsanwaltschaft , erläuterte: "Liegt kein Dringlichkeitsvermerk vor, dann landet der Antrag in einem Stapel mit insgesamt bis zu 50 Anträgen. Hunderte bis Tausende Verfahren ohne besondere Dringlichkeit kommen täglich hier rein." Ein solcher Stapel würde dann von einem Staatsanwalt abgearbeitet. Eilfälle hingegen würden rund um die Uhr bearbeitet und die entsprechenden Anträge gingen oft am Tag des Eintreffens bereits weiter zum Richter. Einen Eilvermerk gab es hier nicht. Polizist Eckert räumte ein: "In diesem Fall hat die Freigabe der Bilder ungewöhnlich lange gedauert." Die interne Videoauswertung, die bei den Ermittlungen den ersten Schritt darstelle, sei zurzeit ein Mengenproblem. Eckert: "Wir bearbeiten gerade um die 400 Taschendiebstähle auf diese Weise."

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HintergrundÖffentlichkeitsfahndungen sind in der Strafprozessordnung geregelt, die Paragraphen 131a und 131b entscheidend. Sie schränken im öffentlichen Interesse das Recht des Täters am eigenen Bild ein. Es kann öffentlich nach dem Aufenthaltsort und der Identität gefahndet werden, wenn das Fahnden "auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert" wäre. Paragraph 131c setzt hinzu, dass nur ein Richter Öffentlichkeitsfahndungen anordnen darf - abgesehen von Fällen, in denen Gefahr im Verzug besteht. Die Paragraphen machen aber keine zeitlichen Vorgaben - wann die Fahndung angeregt wird, obliegt den Ermittlern. bfr

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