Wählen kann so gemütlich sein

Völklingen · Jede Stimme kann entscheiden. Auch die Mitarbeiter im Wahlbüro von Völklingen wissen aus Erfahrung, wie wichtig ein einzelnes Kreuzchen sein kann, und passen auf, dass niemand schummelt.

Einmal war der Staatsschutz da. Ja, daran kann sich Horst Mathieu erinnern. Er muss scharf nachdenken, weil es schon so lange her ist. Aber wie es ausgegangen war, das weiß er dann doch nicht mehr. Im Raum stand damals, dass jemand sich die Stimme eines anderen erschlichen habe, der nichts davon wusste. Aber so etwas passiere in Völklingen höchst selten. Obwohl eine einzige Stimme tatsächlich eine unglaubliche Kraft entfalten könne - zum Beispiel bei der Zusammensetzung des Ortsrates. Das Ergebnis sei manchmal wirklich so knapp.

Horst Mathieu ist Fachbereichsleiter im Verwaltungsmanagement in Völklingen und hat im Laufe der Zeit insgesamt nicht so viele abstruse Dinge im Wahlbüro erlebt, wie man vielleicht vermuten möchte. Außerdem sind die Urnen gut versiegelt, und für Stimmendiebe ist es schwierig, unter den Augen von Simone Haselmann und denen des Personals im Wahlbüro anders zu wählen, als es das Gesetz erlaubt.

Seit dreieinhalb Wochen schuften Haselmann, Wahlbüro-Organisatorin und "absolute Fachfrau für Wahlangelegenheiten" (Mathieu), und ihre Mitarbeiter hinter ihren Schreibtischen im Saal 1 des Neuen Rathauses und begrüßen täglich altbekannte und neue Gesichter, die auf bequeme Weise in die Politik eingreifen wollen. Mit einem Kreuzchen. "Ich wähle immer per Briefwahl, damit ich am Sonntag nicht extra los muss", sagt zum Beispiel Hans-Jürgen Bennoit aus Völklingen, der sich im Vorraum in einer der Wahlkabinen - da darf dann niemand mit - die Stimmzettel noch einmal genüsslich durchliest. Das braucht etwas Zeit, vier Stück sind es an der Zahl für die Wahl des EU-Parlamentes, der Regionalversammlung, für Stadtrat und Ortsrat. Und genau in dieser Reihenfolge wird am Sonntagabend auch ausgezählt, sagt Horst Mathieu. "Ganz Europa wartet schließlich darauf, was Völklingen wählt!" Auch die Briefwahlunterlagen werden dann erst geöffnet - wenn sie am Sonntag um 15 Uhr schon den Test der gestrengen Wahlvorsitzenden der sieben Völklinger Briefwahlbezirke bestanden haben: Die Unterlagen müssen einen Wahlschein im Mantelumschlag aufweisen. Ohne ihn verschwindet das Kreuzchen im Nirwana. Es bringt also nichts, Simone Haselmann in ein Gespräch zu verwickeln und heimlich einen zweiten Stimmzettel zu stibitzen. Den mit einem Siegel versehenen Wahlschein bekommt man nur von ihr - oder einem der Mitarbeiter. Auch mit einem aufgeklebten Schnurrbart hat man keine Chance auf eine zweite Stimme. Man muss schon beweisen können, wer man ist - mit Personalausweis, sonstigen Dokumenten, oder wenn einer der Mitarbeiter einen kennt. Das geht auch.

Beim Kreuzchen setzen sind Haselmann und Co. dann aber nicht so streng. Wer den Kreis seiner Lieblingspartei mit dem Bleistift in einen Smiley verwandelt, hat diese tatsächlich gewählt. Man kann auch alle ankreuzen, bis auf einen. Die Partei mit dem freien Kreis gilt dann als gewählt. "Am besten ist aber immer noch ein einfaches Kreuzchen", sagt Horst Mathieu, weil man nur damit wirklich sicher gehen kann, dass die Stimme beim Auszählen auch anerkannt wird. Bei Missverständlichem entscheidet über die Gültigkeit der Wahlvorstand.

Auf solche Vabanquespiele will sich Karl-Heinz Kroß nicht einlassen. Der Briefwähler ist sogar schon mal zurückgekommen und hat die Mitarbeiter gebeten, den Bleistift zu spitzen, wie er erzählt. Er hätte aber auch seinen Kuli benutzen können. Jeder darf das, sagt Haselmann und ergänzt, dass es sich gar nicht um Bleistifte handelt. In den Kabinen liegen Kopierstifte aus. Unausradierbar und dokumentenecht.

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Auf einen BlickNoch bis Samstag, 12 Uhr, hat man die Chance, im Neuen Rathaus seine Stimmen für die Wahlen abzugeben. Geöffnet ist Mittwoch und Freitag von 7.30 bis 18 Uhr, am Donnerstag von 7.30 bis 16 Uhr und am Samstag von 9 bis 12 Uhr. Die 33 Wahllokale im Stadtgebiet öffnen am Sonntag von 8 bis 18 Uhr.Sobald die Ergebnisse feststehen, will die Stadt sie online auf www.voelklingen.de veröffentlichen. Wer will, kann aber auch ab 18 Uhr in den Großen Sitzungssaal im Neuen Rathaus kommen und sich gemeinsam mit anwesenden Parteienvertretern die Hochrechnungen und Ergebnisse auf die Leinwand projizieren lassen. Dazu gibt es Wahlberichterstattung aus dem Fernsehen. avm

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