Theater in Walhausen Schüler im Hotel zu den zwei Welten

Walhausen · Die Zwölftklässler zeigten in der Waldorfschule in Walhausen ein Theaterstück von Éric-Emmanuel Schmitt.

 Der Aufzug spielt eine zentrale Rolle in diesem Raum, der wie ein Hotel aussieht, aber in Wahrheit ein Wartesaal zwischen Leben und Tod ist.

Der Aufzug spielt eine zentrale Rolle in diesem Raum, der wie ein Hotel aussieht, aber in Wahrheit ein Wartesaal zwischen Leben und Tod ist.

Foto: Ralf Mohr

Keinen leichten Stoff hatten sich die Schüler der Klassenstufe zwölf an der Freien Waldorfschule in Walhausen für ihre Theateraufführung ausgesucht. Zusammen mit der Klassenbetreuerin Ursula Kirchdörfer und dem Klassenbetreuer Olaf Renneberg hatte man sich auf das Stück „Hotel zu den zwei Welten“ von Éric-Emmanuel Schmitt festgelegt.

Das Stück „Hotel zu den zwei Welten“ („Hôtel des deux mondes“) ist ein französisches Theaterstück aus dem Jahre 1999. Es erzählt von der fast schon surrealen Welt der Koma-Patienten, die zwischen Leben und Tod schweben und deren Seelen sich im Hotel zu den zwei Welten wiederfinden. Hauptprotagonist ist der Sportjournalist Julian Portal, der sich nach einem Autounfall in besagtem Hotel erst wieder zurechtfinden muss. Zunächst weiß er nicht, wo er sich befindet, aber nach und nach lichtet sich das Dunkel. Es wird klar, dass man hier nur mit einem Aufzug ankommen und auch wieder abreisen kann. Entweder hinunter auf die Erde, oder aber hinauf in das ungewisse Reich des Todes. Es geht also in gewisser Weise um Leben und Tod in dem Stück.

„Ich bin sehr stolz, dass sich die Schüler für dieses Stück entschieden haben“, erklärte Kirchdörfer. „Ich unterrichte ja nicht nur Deutsch, sondern auch Philosophie, und darum freut mich das umso mehr, dass die Wahl letztendlich auf ein so anspruchsvolles Thema fiel.“ Das Stück hatte sich bei den Zwölftklässlern gegen drei Mitbewerber durchsetzen können. „Es passiert nicht so viel auf der Bühne. Daher ist das Stück sehr dialoglastig“, unterstrich die Klassenbetreuerin vor allem auch die Leistung, sich so viel Text zu merken und szenisch umzusetzen. „Die einzige Aktion ist im Grunde genommen das Kommen und Gehen mit dem Aufzug“, fasste sie die Bühnenaktionen zusammen.

Vier Wochen lang probten die Schüler in Vollzeit. Zuvor erarbeiteten sie bereits im Unterricht den Inhalt des Stückes. Die Schüler haben sich auch zusammen mit Olaf Renneberg um das Bühnenbild und die entsprechende Ausstattung gekümmert. Regie geführt hat die Schauspielerin und Theaterpädagogin Catherine Ann Schmid, die extra aus der Schweiz für die Zeit des Klassenspiels angereist war. „Es ist ja eine sehr kleine Klasse mit gerade mal 15 Schülern. Wobei nur 14 in zwei Besetzungen an drei Tagen spielen. Dem syrischen Mitschüler Mohamed Rashid kommt eine sehr wichtige technische Aufgabe zu: Er ist der Aufzug“, erklärte Ursula Kirchdörfer zwinkernd. Er sei dafür verantwortlich, dass sich die Türen des Aufzugs, der eine zentrale Rolle im Stück innehat, im richtigen Moment öffnen und schließen.

Das Schwierige in der kurzen Zeit der Proben, erklärte die Regisseurin Schmid, war es, zwei komplette Besetzungen einzustudieren. Dazu wurde oftmals nur mit den einzelnen Rollen, also beispielsweise mit den beiden Maries, geprobt. So konnte intensiv und effektiv gearbeitet werden. Mehr in den Text hineinzufühlen, ohne zu spielen, war dabei die Intention.

„In diesem Projekt sind neben dem Spiel auch das Bühnenbild, das Plakat und das Programmheft inbegriffen“, führte sie weiter aus. „Die Schüler haben auch gemeinsam mit mir die Kostüme zusammengestellt und vorher das Stück im Deutschunterricht erarbeitet.“ Das freie Äußern, Hemmungen zu überwinden, akzentuiert sprechen und den unglaublich umfangreichen Text zu bewältigen, und diesen Text auch zu fühlen, das waren die Herausforderungen, denen sich die Schüler stellen mussten.

„Das alles war mit dieser Klasse eine sehr schöne Arbeit“, lobte die Regisseurin die Schüler. „Ich bin auch sehr glücklich, dass diese Klasse bereit war, sich mehr auf das Spiel zu konzentrieren und weniger im Aufwand zu verlieren“, freute sie sich über die minimalistische Bühnenausstattung. Gerade auch das feinfühlige Spiel – denn schließlich geht es hier um die Dialoge von Seele zu Seele – sei für so jungen Menschen nicht einfach. „Wie spielt man nur Seele, die eigentlich keinen Körper hat auf der Bühne“, stellte sie eine Frage in den Raum.

„Heute brennen alle“, beschrieb die Regisseurin die Spielfreude der Zwölftklässler bei der Premiere. Und diese Freude am Spiel merkte man auch beim Agieren auf der Bühne. Jeder und jede verkörperte genau die Rolle, die auf ihn oder sie regelrecht zugeschnitten schien. Man kaufte den jungen Darstellern ihre Figuren ab und ließ sich mitnehmen auf eine Reise zwischen den Welten, nahm Anteil an ihren Ängsten, ihren Sorgen, ihren Nöten, ihren Bedürfnissen und vor allem auch ihren Gefühlen. Ein großartiges Spiel auf einer kleinen Bühne an einer kleinen Schule in einem kleinen Dorf, aber auf den Brettern, die überall die Welt bedeuten können.

 Die jungen Schauspieler entführten die Zuschauer in ein imaginäres Hotel.

Die jungen Schauspieler entführten die Zuschauer in ein imaginäres Hotel.

Foto: Ralf Mohr
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