Schau Steine und Fotos mit Geschichte

Bosen · In der Bosener Mühle wurden jetzt die Gewinner des Wettbewerbs „Straße der Skulpturen – Reloaded“ geehrt.

 Sieger des Wettbewerbs ist Hans Peter Hewer mit seiner Aufnahme der Plastik von Vallerie Tullier, die unter dem Titel „Chemin amusement 1993“ im St. Wendeler Stadtpark steht.

Sieger des Wettbewerbs ist Hans Peter Hewer mit seiner Aufnahme der Plastik von Vallerie Tullier, die unter dem Titel „Chemin amusement 1993“ im St. Wendeler Stadtpark steht.

Foto: Hans Peter Hewer/Hans Peter Hewer HPH

„Denkmäler, Bauwerke und Skulpturen im öffentlichen Raum, denen man ständig begegnet, beginnen in unserer Wahrnehmung irgendwann unsichtbar zu werden“, heißt es auf der Internetseite der Straße der Skulpturen. Damit die Skulpturen dieses Schicksal nicht weiter ereilt, wurde das Projekt „Straße der Skulpturen – Reoloaded“ ins Leben gerufen. Mit verschiedenen Mitmach-Aktionen wollen die Initiatoren die Kunstobjekte wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Eine Aktion war ein Fotowettbewerb. Ende Mai war Einsendeschluss. Jetzt wurden die eingereichten Arbeiten während einer Vernissage im Kunstzentrum Bosener Mühle der Öffentlichkeit präsentiert und die Preisträger des Wettbewerbs bekannt gegeben.

Fünf Fotografien wurden mit Preisgeldern im Gesamtwert von 700 Euro prämiert, eine historische Aufnahme erhielt einem Sonderpreis. Insgesamt 80 Fotos wurden  eingereicht, 65 kamen in die engere Auswahl und sind nun in der Bosener Mühle ausgestellt.

Elke Neis aus Theley gehört zwar nicht zu den Preisträgern, freut sich aber über die öffentliche Präsentation ihrer Aufnahme. „Das Motiv habe ich beinahe zufällig im Vorbeifahren auf der Baltersweiler Höhe entdeckt. Mir fiel auf, dass man von der Skulptur aus den Schaumberg in unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen kann“, verrät die Hobbyfotografin bei der Vernissage.

Die dreiköpfige Jury mit Christoph M. Frisch (Bosener Mühle), Cornelieke Laagerward (St. Wendeler Museum) und Rudolf Klos (Fotoclub Tele Freisen) hatte die Qual der Wahl. Christhoph M. Frisch: „Steine sind Dinge, die uns überdauern werden. Der Moment, sich in der Natur um diese Objekte zu bewegen ist etwas sehr spezielles. Wenn die Fotografen ein Motiv finden, entsteht etwas Eigenes.“ Am Ende der Sichtung aller Wettbewerbsarbeiten waren fünf Fotos gefunden, die preiswürdig erschienen. Dabei rankt sich um die Auswahl der beiden Siegerfotos eine kuriose Geschichte. „Wir haben die Fotos nicht personalisiert gesichtet. Das heißt, wir wussten nicht, welcher Fotograf sich hinter jeder Aufnahme versteckt. Umso überraschter waren wir, bei der Zuordnung der Fotografen, dass wir rein zufällig die ersten beiden Preise an ein- und denselben Fotografen vergeben haben“, verrät Christioph M. Frisch.

Fotograf Hans Peter Hewer hat die Jury mit zwei stilistisch unterschiedlichen Fotografien überzeugt. Besonders das Siegerbild hat den Leiter des Kunstzentrums Bosener Mühle sehr beeindruckt. Hewer hat sich der Plastik von Vallerie Tullier, die unter dem Titel „Chemin amusement 1993“ im St. Wendeler Stadtpark steht, experimentell mit einer Doppelbelichtung genähert. So hat er zwei Aufnahmen in einer Bildebene übereinander gelagert. Das Ergebnis ist nicht ein typisches Abbild der Realität, sondern eine die Skulptur kunstvoll in einen neuen Zusammenhang stellende Fotografie. Das Foto verlangt einen zweiten Blick, um es zu durchdingen und die Skulptur zu erfassen. Die erdigen Farbnuancen verleihen der Aufnahme einen mystischen Charakter.

Fast schon mystisch ist ein weiterer, trauriger Begleitumstand, der sich zusätzlich um die beiden Siegerfotos rankt. Fotograf Hans Peter Hewer verstarb leider zwei Monate vor der Prämierung. Sichtlich gerührt nahm schließlich Manfred Hewer die Auszeichnungen für den verstorbenen Bruder entgegen. „Mein Bruder hat in seiner frühen Jugend mit der Fotografie angefangen. Er hat schon immer lieber experimentell vor Ort gearbeitet und die Bildbearbeitung am Computer abgelehnt“, erinnert sich Manfred Hewer.

Bei der Sichtung der Wettbewerbsbeiträge fiel ein Foto sprichwörtlich aus dem Rahmen und lieferte eine weitere besondere Geschichte. Alexandra Klein aus St. Wendel reichte ein Griff in das Familienalbum und schon war das Wettbewerbsfoto gefunden. Die historische Aufnahme entstand im Jahre 1972 nicht lange nach ihrer Geburt. Vater Manfred Klein hielt den ersten Ausflug der kürzlich geborenen Tochter fest und fotografierte seine Frau Anneliese neben der Skulptur von Gernot Rumpf mit dem Kinderwagen stehend. Das klassische Zelluloid-Foto fotografierte Esther Klein mit dem Handy für die Schwester ab, damit diese das Foto online einreichen konnte. „Ein aktuelles Bild wäre sicherlich noch mit einer Tasterfahrung verbunden gewesen“, verrät die junge Frau. Das Außergewöhnliche an der Situation: Alexandra Klein verlor infolge einer frühkindlichen Gehirnschädigung im Alter von 17 Jahren, kurz nach ihrem Realschulabschluss, das Augenlicht. Trotz dieses tiefen Lebenseinschnitts steckte sie in den Folgejahren viel Energie in ihre musikalische Ausbildung.

Heute ist sie Diplom-Musiklehrerin, Organistin und Komponistin. 2007 wurde sie mit dem Integrationspreis des Saarlandes ausgezeichnet. In ihrer Freizeit genießt sie die Ausflüge mit ihrer Schwester zur Skulpturenstraße: „Wir radeln mit dem Tandem entlang der Skulpturenstraße. Da ist es einfach schön. Insofern hat dieser Stein doch einen prägenden Einfluss auf mich genommen“, verrät Alexandra Klein. Ihr Wettbewerbsfoto aus 1970er Jahren lädt zu einer Zeitreise ein in die Welt der klassischen Analogfotografie und erinnert an die Mode der damaligen Zeit. In der für ein Zelluloid-Foto aus vergangenen Zeiten typischen Farbgebung erscheint das Foto in der Reihe der technisch ausgefeilten digitalen Aufnahmen wie im Retrostil und versprüht Nostalgie. Zur Vernissage und Preisverleihung konnte die Fotografin leider nicht kommen, da sie zeitgleich in der Türkismühler Gesamtschule Klavierunterricht geben musste.

 1972 entstand diese Aufnahme an der Skulpturenstraße. Alexandra Klein erhält dafür einen Sonderpreis.

1972 entstand diese Aufnahme an der Skulpturenstraße. Alexandra Klein erhält dafür einen Sonderpreis.

Foto: Alexandra Klein

Obwohl die Fotografien nicht die Vielfalt der Objekte wiederspiegeln, ist das ein erster Einstieg in die Welt der Skulpturenstraße. „Ein Großteil der Wettbewerbsfotos ist auf dem Symposiumsfeld in Baltersweiler entstanden. Es gibt also noch Nachholbedarf“, so Christoph M. Frisch. Bis zum 22. Juli sind ist die Foto-Ausstellung im Kunstzentrum Bosener Mühle zu sehen.

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