Statt Heimat eine Turnhalle

Köllerbach · Die kleine Aufnahmestelle für junge, allein reisende Flüchtlinge in Völklingen ist voll. DRK und die Stadt Püttlingen halfen kurzfristig aus der Patsche: Für ein paar Tage leben nun Flüchtlinge aus Eritrea in Köllerbach.

 Sicher wären sie lieber zu einem freundschaftlichen Basketballspiel in der Turnhalle in Köllerbach, doch die 13 jungen Flüchtlinge aus Äthiopien sind auf der Suche nach einer neuen Heimat. Foto: Becker

Sicher wären sie lieber zu einem freundschaftlichen Basketballspiel in der Turnhalle in Köllerbach, doch die 13 jungen Flüchtlinge aus Äthiopien sind auf der Suche nach einer neuen Heimat. Foto: Becker

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Sie heißen Samuel, Nafe, Efre oder Asmorom. Alle kommen aus Eritrea und haben eine Reise hinter sich, quer über Afrika, das Mittelmeer und durch Europa bis nach Saarbrücken. Es sind Jungs mit dunkler Hautfarbe, die aber genauso gern Fußball spielen wie deutsche Jungs. Sie sind nett, wenn man sich auch nur mit Mühe verständigen kann, freundlich und räumen nach dem Frühstück den Tisch ab - dann wird gekehrt in der Turnhalle Köllerbach. Denn hier ist wieder eine Zwischenstation auf ihrer Reise, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat eine Notunterkunft eingerichtet. "Für sieben bis zehn Tage werden wir die Jugendlichen hier aufnehmen", sagt Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD), der zugleich der DRK-Kreisvorsitzende ist.

Die Flüchtlingsströme Europas erreichen die Saarländische Landeshauptstadt seit Wochen (die SZ berichtete). Mit Zügen aus Frankreich kommen fast täglich Flüchtlinge an, die von Behörden untergebracht werden müssen. Jugendliche, die ohne Eltern auf der Flucht sind, werden normalerweise nach Völklingen-Heidstock in die "Clearingstelle" des Diakonischen Werks gebracht. Doch nach Angaben Gillos sind die 40 Plätze dort erschöpft. 280 dieser Flüchtlinge leben bereits im Regionalverband.

Die 13 Jugendlichen aus Eritrea mussten in eine Notunterkunft. Das DRK Püttlingen bot seine Räume an, doch dort gibt es keine Duschen. "Dann hat sich Püttlingens Bürgermeister Martin Speicher spontan bereiterklärt, die Turnhalle am Technischen Rathaus zu belegen", sagt Gillo. Am Mittwoch richteten 20 Aktive mehrerer DRK-Ortsvereine die Halle her, bauten Feldbetten auf, besorgten Tische und Stühle und richteten einen Dienstplan ein, denn die DRK-Helfer sind rund um die Uhr vor Ort. Dieter Hirtz und Roland Post teilen sich die Einsatzleitung. Der DRK-Betreuungsdienst macht Frühstück, Mittag- und Abendessen.

Mitarbeiter der Diakonie kümmern sich um die Bürokratie, DRK-Arzt Carsten Zeiner untersucht die Jugendlichen: "Die sind alle in guter Verfassung", sagt er. Trotzdem würden Blutproben untersucht und einige Tests gemacht. Die Hausarztpraxis neben der Halle hilft.

"Auch die Vereine, die jetzt einige Tage keine Halle haben, waren sehr kooperativ", sagt Post. Ein Tischtennisturnier sei verlegt worden. Inzwischen suche das Jugendamt nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten. Die Halle wolle man spätestens Ende nächster Woche räumen. Auch das DRK plant keinen längeren Einsatz. Bürgermeister Speicher: "Diesen Menschen zu helfen war uns eine humanitäre Verpflichtung." > Weiterer Bericht: Seite B3

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HintergrundEritrea, ein Staat im nordöstlichen Afrika am Roten Meer gelegen, hat rund 6,5 Millionen Einwohnern. Im Mittelalter herrschten über die Küstenregion lokale Fürsten, über das Hochland die christlichen äthiopischen Kaiser. 1554 wurde das Gebiet Kolonie des Osmanischen Reichs, 1890 unter dem Namen "Eritrea" eine Kolonie Italiens. Nach dem Zweiten Weltkrieg und kurzer britischer Verwaltung verleibte sich Äthiopien das Land ein und es kam zum dreißigjährigen Unabhängigkeitskrieg. 1993 wurde das Land selbstständig. Die Vorherrschaft hat die "Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit". Neben kleinen Religionsgemeinschaften teilen sich Muslime und Christen das Land recht friedlich, es kommt laut UN aber zu Verfolgungungen von staatlich nicht anerkannten christlichen Kleinkirchen. Spannungen gibt es auch im Grenzgebiet zu Äthiopien. red

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