Neunkirchen. Als Cassandra Steen am späten Freitagabend, begleitet von ihrem Gitarristen, Alicia Keys' "If I ain't got you" interpretiert, ist das einer der Momente, die in Erinnerung bleiben. In rotes Licht gehüllt steht sie da und füllt mit ihrer Stimme die Mauern der Neunkircher Gebläsehalle mit derart viel Soul, dass es den knapp 500 Besuchern einen Schauer über den Rücken jagt. Das lange Warten auf die Sängerin, die nach dem Auftritt von Johannes Oerding um 22 Uhr mit dem Titelstück ihrer aktuellen CD "Darum leben wir" die Bühne betritt, hat sich bereits zu diesem Zeitpunkt mehr als gelohnt. Steen, die mit Künstlern wie Bushido, Freundeskreis, Azad und Xavier Naidoo zusammengearbeitet hat, könnte sich zwar mittlerweile ganz auf ihr eigenes Repertoire verlassen, lässt aber immer wieder Covertitel wie beispielsweise "Ohne dich" von der Gruppe Selig in ihr Programm einfließen. Irgendwie passt das zu der zurückhaltenden Art der Sängerin, die sich nicht scheut, bei zwei Stücken in den Hintergrund zu treten und ihren beiden Backgroundsängern den Vortritt zu lassen. Cassandra Steen, die jahrelang die Titel oben genannter Sänger mit ihrer Stimme veredelt hat, scheint zu wissen, was es heißt, als Duettpartner eher im Schatten als im Rampenlicht zu stehen. Auch ihr Megahit "Stadt" ließ die sympathische 30-Jährige nicht zum abgehobenen Lautsprecher werden. Sie kommt ohne große Gesten und verschwenderische Plattitüden aus und lässt zwischen den Titeln nur wenige Worte fallen. Die gebürtige Stuttgarterin überzeugt einzig und allein mit ihrer Stimme. Fast scheint es so, als sei es ihr unangenehm, das Publikum bei "Glaub ihnen kein Wort" zum Mitklatschen zu animieren, aber auch nur fast. Denn als sie plötzlich abbricht und träge Besucher mit einem Augenzwinkern direkt auf ihre Miesepetrigkeit anspricht, wird klar, dass sie bei aller Bescheidenheit auch anders kann. "Test bestanden, ab jetzt gehört ihr zur Band", lässt sie das Publikum wissen, nachdem dieses ein Gespür für den richtigen Rhythmus unter Beweis gestellt hat. Es folgt "Fall nach oben", von Steen als "Hymne für alle frisch Verliebten" ankündigt. Nicht nur hier wird deutlich, dass die Soulsängerin ein Faible für Motown hat. In den Sound einer Hammond-Orgel gebettet, avanciert die Nummer zu einem weiteren Höhepunkt. Als der Abend gegen 23.30 Uhr mit dem Hit "Stadt" endet, hat sich längst jeder von seinem Sitz erhoben und singt die Zeilen "Ich bau' ne Stadt für Dich, aus Glas und Gold und Stein" mit.