So schwingen Syrer bei uns im Walzerschritt

Gonnesweiler · Fünf Syrer tanzen mittlerweile im Bosener Ensemble La Volte. Seinen ersten Auftritt hatte das Quintett bei Friedensfest des Nohfelder Flüchtlingsnetzwerkes in Gonnesweiler.

 Syrer Abdesalam führt in Turnschuhen im Wiegeschritt eine Tänzerin des Nohfelder Ensembles übers Parkett. Fotos: Frank Faber

Syrer Abdesalam führt in Turnschuhen im Wiegeschritt eine Tänzerin des Nohfelder Ensembles übers Parkett. Fotos: Frank Faber

 In feiner Robe auf der Bühne: Das Bosener Tanzensemble ist um syrische Tänzer (im Frack) reicher.

In feiner Robe auf der Bühne: Das Bosener Tanzensemble ist um syrische Tänzer (im Frack) reicher.

Könnte es möglich sein, dass junge Syrer vor ihrer Flucht nach Deutschland in den Metropolen Damaskus und Aleppo nur ein paar Straßenzüge voneinander entfernt aufgewachsen sind, sich aber jetzt erst im St. Wendeler Land begegnen? Um zumindest jetzt ihre Landsleute sowie Helfer und Betreuer besser kennenzulernen, hat das Nohfelder Flüchtlingsnetzwerk ein Friedensfest in der Gonnesweiler Mehrzweckhalle veranstaltet.

"Tolle Sache", wertete der in Bosen wohnende Syrer Baghri. Der Betriebswirtschaftsstudent ist richtig glücklich, sich auch einmal mit vielen seiner Landsleute austauschen zu können. "Ich weiß ja sonst nicht, wer in Walhausen oder Gonnesweiler lebt", sagte der aus Aleppo stammende junge Mann. Derzeit nimmt er am Integrationskurs in St. Wendel teil. "Den Rest bleibe ich zu Hause. Ich bin doch auf andere angewiesen, weil ich ohne Auto nicht wegkomme", berichtete Baghri. Ein eigener Wagen koste zu viel Geld. Und was seinen syrischen Führerschein betrifft: "Den Theorieteil und zwei, drei Fahrstunden müsste ich machen. Vielleicht kostet mich das 1000 Euro", vermutete Baghri. Seine Deutschkenntnisse sind bereits top, will sie dennoch ausbauen.

Aktuell leben 144 Syrer, Afghanen und Eritreer in der Gemeinde Nohfelden. In Gonnesweiler hat sich Stefan Kunz frühzeitig intensiv mit dem Aufbau eines Flüchtlingsnetzwerkes befasst. Kunz blickte zurück: "Die erste Zeit im vergangenen Januar war schwer, geprägt von Berührungsängsten beider Seiten." Sein Dank gelte allen Ehrenamtlichen, die sich von der Spielzeugbeschaffung bis zum Fahrdienst vorbildlich um die Belange der Asylbewerber kümmerten.

Dass fußballbegeisterte Menschen aus den Krisenländern mittlerweile im Trikot der Spielgemeinschaft (SG) Bostalsee auf Torejagd gehen, kommt nicht überraschend. Ist das Spiel mit dem runden Leder doch in Syrien Sportart Nummer eins.

Zunächst schwer vorstellbar, dennoch Realität. Fünf zwischen 20 und 24 Jahren alte in Sötern lebende Syrer sind als Tänzer beim Bosener Ensemble La Volte dabei. Für die folkloristische Tanzgruppe sei dies zurzeit ein Problem: "Jetzt haben wir zu wenig Frauen in der Gruppe", scherzte Mitgründer Josef Kramer. Indes saßen bei Yusuf, Ristam, Ali, Feras und Adesalam Frack und Zylinder wie angegossen, als sie mit ihren Partnerinnen die Bühne betraten und zur Musik von Johann Strauß eine Walzer-Kostprobe darboten.

"In Syrien gibt es viel Folkloremusik, und das Tanzen macht sehr viel Spaß. Wir sind regelmäßig jede Woche beim Training", berichtete Abdesalam. Über La-Volte-Mitglied Adrian Finkler ist das Quintett zum Tanzen gekommen.

Kramer griff nach der Vorführung zum Mikrofon und nutzte die Gelegenheit, um für Tänzerinnen zu werben. "Wenn sich unter den Frauen welche befinden, die gerne tanzen, sind sie bei uns in der Gruppe immer willkommen", rief Kramer zu.

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