Schneller zum Spezialisten
Saarbrücken · Patienten sollen in dringenden Fällen schnell einen Facharzttermin bekommen. Dafür gibt es seit 2010 ein entsprechendes Formular. Ob es dazu beiträgt, die Wartezeiten zu reduzieren, soll nun eine Studie zeigen.
Politischer Druck macht erfinderisch. Nachdem die neue schwarz-rote Bundesregierung angekündigt hat, gesetzlich Versicherten, die binnen vier Wochen keinen Facharzttermin erhalten, auf Kosten der niedergelassenen Mediziner in Krankenhaus-Ambulanzen zu schicken, hat die Kassenärztliche Vereinigung Saarland (KV) gestern ihren Modellversuch "Dringliche Überweisung" präsentiert. Damit soll sichergestellt werden, dass dringende Fälle schnell versorgt werden.
Dabei greift sie auf ein 2010 im Saarland eingeführtes Fax-Formular zurück, mit dem Patienten nach ihrer Dringlichkeit sortiert werden. Die Überweisung eines Arztes an einen Kollegen wird dabei ergänzt um einen Hinweis, wie dringend ein Termin benötigt wird. "Dringlichkeitsstufe 1 bedeutet, dass ein Termin innerhalb von 48 Stunden nötig scheint, Dringlichkeitsstufe 2 heißt, ein Termin sollte innerhalb von einer Woche erfolgen", erklärt KV-Vorsitzender Gunter Hauptmann. Das Verfahren habe sich bewährt. Aber: "Bisher wissen wir nicht, wie oft das Formular von den Ärzten genutzt wird." Auch gebe es keine Daten, wie lange Patienten im Saarland auf einen Facharzttermin warten müssen.
Daher soll im Modellversuch ab 1. April über zwei Quartale bis zum 30. September bei allen niedergelassenen Ärzten untersucht werden, wie oft das Formular eingesetzt wird und ob es dazu beiträgt, die Wartezeit zu reduzieren. Erste Ergebnisse sollen im Oktober vorliegen. "Viele Praxen vereinbaren in dringenden Fällen direkt telefonisch einen schnellen Termin bei einem Kollegen", sagt Hauptmann. Auch diese Absprachen sollen in die Studie einfließen, in die die KV Saarland 100 000 Euro steckt. Dabei sollen Ärzte, die das Formular nutzen, pro Fall fünf Euro erhalten. Sollte sich der Versuch bewähren, wolle man die Honorierung auch künftig beibehalten. "Wir wollen auch herausfinden, ob bestimmte Regionen oder Fachgruppen betroffen sind", sagt Hauptmann.
Die Studie wird vom Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie von Professor Martin Dietrich an der Saar-Uni durchgeführt. Das Land wird die Evaluierung mit 10 000 Euro unterstützen. "Das Modellprojekt der dringlichen Überweisung kann ein wichtiger Baustein zur patientenorientierten Steuerung im Gesundheitswesen werden", sagte Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU), Vorsitzender des Beirats, der das Projekt begleitet. Ihm werden neben Fachärzten auch der Mannheimer Gesundheitsökonom Eberhard Wille, Andreas Köhler von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie der ehemalige Patientenbeauftragte des Bundes, Wolfgang Zöller (CSU), angehören. Er soll die Ergebnisse auch in die bundesweite Diskussion einbringen.
Die Forderung des Bundesgesundheitsministeriums, zentrale Termin-Servicestellen bei den KVen einzurichten, die innerhalb einer Woche Termine vermitteln, hält Hauptmann für nicht praktikabel. Seiner Einschätzung nach sind im Saarland sehr lange Wartezeiten Einzelfälle, bei denen er einen "Regelungsbedarf" sieht. Die Option, ins Krankenhaus zu gehen, nütze wenig. "Da fehlen ebenfalls Ärzte", sagt Hauptmann. Angesichts weniger werdender Ärzte könne es das Gesundheitssystem nicht leisten, allen Patienten in vier Wochen einen Termin anzubieten.