Rotlicht erhitzt den Landtag

Saarbrücken · Der Plan der CDU/SPD-Landesregierung, mit schärferen Kontrollen die Prostitution zu bekämpfen, ist im Landtag kontrovers debattiert worden. Piraten-Chef Hilberer sieht darin eine Diskriminierung der Huren.

 Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (l.), Innenministerin Monika Bachmann und Fraktionschef Klaus Meiser (alle CDU) wollen mehr Polizei-Kontrollen in den Rotlichtbezirken ermöglichen. Foto: Becker&Bredel

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (l.), Innenministerin Monika Bachmann und Fraktionschef Klaus Meiser (alle CDU) wollen mehr Polizei-Kontrollen in den Rotlichtbezirken ermöglichen. Foto: Becker&Bredel

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. Das angeschlagene Image von Saarbrücken als Prostitutions-Hochburg in Deutschland hat die CDU/SPD-Landesregierung veranlasst, mit schärferen Ausweiskontrollen bei Huren und Sex-Kunden ,,den Auswüchsen zu begegnen". Das sagte gestern Landesinnenmininsterin Monika Bachmann (CDU) im Landtag, als sie die von ihrem Hause vorgeschlagenen Änderungen im Polizeirecht begründete. "Die Vollzugspolizei kann künftig an allen Orten, an denen Menschen der Prostitution nachgehen, ohne Anlass Identitätsprüfungen vornehmen", erklärte Bachmann. Das gelte sowohl für den Straßenstrich als auch für die Wohnungsprostitution. Neu sei auch, dass Wohnungen, in den Huren arbeiteten, künftig "aus Gründen der Gefahrenabwehr" von Polizisten betreten werden dürften. Peter Strobel, Saarbrücker CDU-Abgeordneter unterstrich, dass der "Handlungsdruck", die "Auswüchse" der Prostitution gerade in Saarbrücken einzudämmen, "stetig gewachsen" sei. Die Bürger fühlten sich durch die Prostitution vor allem auf dem Straßenstrich gestört und beeinträchtigt. "Die immer wiederkehrende Präsenz von Saarbrücken als Prostitutions-Hochburg in den Medien und der Bau eines Groß-Bordells setzten dem ganzen ein I-Tüpfelchen auf", so Strobel. Die Vergrößerung des Sperrbezirks schränke jetzt die Prostitution ein, ebenso wie die zeitliche Begrenzung auf die Abend- und Nachtstunden. Strobel rechtfertigte auch die verordnete Kondompflicht, selbst wenn diese nur schwierig zu kontrollieren sei.

Der Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer sagte, dass die Geduld der Piraten jetzt am Ende sei. Die Personen-Kontrolle der Prostituierten sei ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung. "Prostitution ist in Deutschland nicht strafbar", so Hilberer. "Sex-Arbeiterinnen und ihre Kunden werden mit Strafverdächtigen gleichgesetzt", sagte Hilberer in Bezug auf die geplanten Personen- und Wohnungskontrollen. Das wäre eine Kriminalisierung der Prostitution, deshalb könnten die Piraten dem CDU/SPD-Gesetzentwurf nicht zustimmen. Die Landesregierung solle besser die Huren-Selbsthilfeorganisationen unterstützen statt mit Polizei gegen die Prostituierten vorzugehen. Deshalb lehnten die Piraten den Gesetzentwurf ab. Linksabgeordnete Birgit Huonker bezeichnete die Kontrollen im Rotlicht-Bezirk als "schwierig". Linke und Grünen enthielten sich der Stimme, als der Gesetzentwurf mit Mehrheit von CDU und SPD überwiesen wurde. Enthalten darin ist auch, dass es keine automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung mehr gibt und dass die Gemeinden künftig keine Videoüberwachung im Straßenraum mehr veranlassen können, nur noch die Polizei.. Der Versuch der Linksfraktion, die Zahlungspflicht des Landes für den Kommunen übertragene Aufgaben zu erweitern, ist gestern von der CDU/SPD-Mehrheit im Landtag abgelehnt worden. Magnus Jung (SPD) räumte ein, dass es da Differenzen zwischen SPD und CDU gebe, die SPD befürworte ein "echtes Konnexitäts-Prinzip". Doch die SPD halte sich an "die Absprachen in der Koalition". Städte- und Landkreistag hatten eine bessere Abgeltung der von Kommunen übernommenen Landesaufgaben gefordert, auch Regionalverbandspräsident Peter Gillo (SPD). Die Piraten sind mit ihrem Vorstoß im Landtag, eindeutig messbare Ziele in der Landespolitik einzuführen, gescheitert. Jedoch einigten sich die Fraktionen darauf, darüber im Innenausschuss zu beraten und eine Expertenanhörung durchzuführen. Die Piraten hatten gefordert, politische Ziele nach der Smart-Methode, die aus der Wirtschaft stammt, zu definieren. Dabei werden spezifische, messbare Ziele formuliert, die in einem festgelegten Zeitplan erreicht werden müssen. So könnten Bürger besser nachvollziehen, ob Ziele tatsächlich umgesetzt würden, so die Piraten.CDU, SPD, Piraten und Grüne haben in einem Antrag die Bürger aufgefordert, am 25. Mai zu den Europawahlen zu gehen. Die Linke enthielt sich, weil der Antrag aus ihrer Sicht die europäische Politik gutheißt, obwohl in der EU "einiges schief laufe". Roland Theis (CDU) kritisierte die Enthaltung und zitierte Helmut Schmidt: "Als Populisten sind Oskar Lafontaine und Jean-Marie Le Pen vergleichbar." Für diesen Vergleich des (abwesenden) Linken-Fraktionschefs mit einem rechtsextremen französischen Politiker wurde er von der Linken und der SPD gerügt.

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