Wochen der Demokratie Rechtes Gedankengut frühzeitig erkennen

Nohfelden · Wochen der Demokratie informieren auch mit einer Schau über Methoden, wie Jugendliche verführt werden sollen.

 Michael Groß berichtete über zunehmenden Rechtspopulismus in der Bundesrepublik.

Michael Groß berichtete über zunehmenden Rechtspopulismus in der Bundesrepublik.

Foto: Frank Faber

Die „Wochen der Demokratie und Vielfalt“ sind mit der Wanderausstellung des St. Wendeler Adolf-Bender-Zentrums (ABZ) „Hass ist ihre Attitüde“ im Nohfelder Rathaus eröffnet worden. Bis zum 29. Oktober zeigen 19 Schautafeln konkret, wie probiert wird, rechtes Gedankengut in jugendlichen Alltagskulturen zu etablieren. „Die jüngsten Ereignisse in Chemnitz haben deutlich vor Augen geführt, wie verbreitet Rechtsradikalismus ist und welche Auswirkungen davon ausgehen“, mahnt Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit (CDU). Die Ausstellung in seinem Verwaltungsgebäude macht deutlich, wie Rechtsextreme versuchen, über Kleidung, Musik und Internet besonders Jugendliche zu erreichen. Beispielsweise Zahlenspiele, Codes und Symbole transportieren versteckte Botschaften, die sich oftmals auf die Zeit des Nationalsozialismus (NS) beziehen. Rassismus, Antisemitismus und Gewaltverherrlichung sind wichtige Bestandteile extrem rechter Ideologien. 2011 ist die Ausstellung überholt worden. „Damals hat niemand daran gedacht, mit welcher Geschwindigkeit sich alles verbreitet“, sagt Michael Groß von der Fachstelle gegen Rechtsextremismus für Demokratie beim ABZ. Die 2013 gegründete Partei Alternative für Deutschland (AfD) hat seinerzeit eine Auflösung des Euro-Währungsgebietes und die Rückkehr zur nationalen Währung wie der D-Mark gefordert. Seit der Flüchtlingskrise in Europa erlebt die Partei sowohl in den Mitgliederzahlen als auch in Umfragen einen starken Zulauf und hat 2016 den Einzug in alle drei Landesparlamente geschafft. „Sie ist als rechtspopulistische Partie im Bundestag vertreten“, beklagt Groß.

Als weitere Strömung bezeichnet er die „Neue Rechte“ in der Bundesrepublik. „Ihr Erscheinungsbild ist anders, die Neue Rechte hat keinen direkten Bezug zum Nationalsozialismus, sondern bezieht und orientiert sich an den Denkern der konservativen Revolution zu Zeiten der Weimarer Republik“, erklärt Groß. Denn so werde der völkische Nationalsozialismus geschickt als Ethnopopulismus verpackt. Die Neue Rechte stuft Groß als idenditäre Bewegung ein. „Sie identifiziert sich aus der Abstammung. Jedes Volk hat das Recht auf einen Raum, aber nicht auf Vermischung“, erklärt Groß deren Ansinnen. Letztendlich werde damit der Gedanke des Ethnopluralismus nicht fallen gelassen, sondern lediglich durch einen Pluralismus nationaler Identitäten ersetzt. Auch für Götz Kubitschek sind in erster Linie nicht die Ausländer, sondern die herrschenden Eliten für den „Vorbürgerkriegszustand“ in Deutschland verantwortlich. Er gründete im Jahr 2000 gemeinsam mit Karlheinz Weißmann das Institut für Staatspolitik (IfS), welches derzeit als Denkfabrik der „Neuen Rechten“ gilt. „Der Rechtsextremismus ist laut, sichtbar, nimmt sich Plattformen und will den gesellschaftlichen Diskurs verändern“, fasst Groß zusammen. Ist dagegen die demokratische Gesellschaft zu leise?, fragt er. „Die Kinder- und Jugendhilfe ist ein demokratisches Instrument. Somit sehen wir Angriffe auf die Demokratie. Es gibt gewisse Tendenzen, die uns Sorgen machen, und da wollen wir dagegen angehen“, kündigt Roland Ruttloff, Geschäftsführer der idee.on gGmbH, Sozialpartner im Landkreis St. Wendel, an.

Dass die Volksparteien deutschlandweit immer mehr an Stimmen verlieren, beunruhigt und beschäftigt den Bürgermeister und CDU-Kreischef Veit. „Innerhalb der Partei ist es momentan etwas zu ruhig. Als Ganzes ist die Partie nicht mehr so lebendig, sehr angepasst und entpolitisiert“, findet Veit. Mit den Wochen der Demokratie und Vielfalt will die idee.on nun die Schlagzahl erhöhen und junge Menschen gegenüber Rechtspopulismus sensibilisieren. „Mir ist völlig klar, dass wir ganze dicke Bretter bohren müssen“, weiß Ruttloff. Die noch bis zum 14. November stattfindende Veranstaltungsserie soll keine Eintagsfliege sein. „Wir müssen die politische Jugendbildung verändern, dafür brauchen wir viele starke Partner“, hofft er auf weitere Mitstreiter.

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