„Recht auf Religionsfreiheit muss verteidigt werden“

Saarbrücken · Andrang beim Vortrag von Bischof Stephan Ackermann über „Religionsfreiheit im Brennpunkt“ im Saarbrücker Schloss: Vor 350 Zuhörern skizziert er die Entwicklung der Religionsfreiheit, die heute vor großen Herausforderungen stehe.

Kirche und säkulare (weltliche) Gesellschaft stehen nicht eben im Ruf, ziemlich beste Freunde zu sein. Dass das Verhältnis vor allem von Spannungen gekennzeichnet ist, lässt der Trierer Bischof Stephan Ackermann bei seinem Vortrag über Religionsfreiheit am Dienstagabend im Saarbrücker Schloss nur anklingen, wenn er sagt: Die Religionsfreiheit werde von Kirchenfernen "oft als Privileg missverstanden" und die Religionsausübung gerne "in den privaten Raum abgedrängt". Damit erhebe das Säkulare den Anspruch, "das allein Seligmachende zu sein". Was das für die katholische Kirche heißt, ist klar: Es gilt, sich in einer säkularen Welt zu behaupten, mehr denn je. Um Glaubensgemeinschaften argumentativ zu ihrem Recht zu verhelfen, bedient sich Ackermann nicht unklug eines Gebots, das wohl zuallererst mit eben dieser säkularisierten Gesellschaft in Verbindung gebracht wird: der Meinungsfreiheit. "Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit bedingen einander", sagt Ackermann. Mehr noch: Religionsfreiheit sei nicht zum Nutzen der Kirche, sondern zu dem des Individuums. Es gelte, "das Recht auf Religionsfreiheit stets aufs Neue zu verteidigen" - und Bräuche, die eine Religion als konstitutiv empfinde, zu respektieren. Ganz uneigennützig klingt das aus dem Munde eines Bischofs dann doch nicht.

Begonnen hatte Ackermann seinen Vortrag auf Einladung der Union Stiftung, den rund 50 der insgesamt etwa 350 Zuhörer in einem Nebenraum auf einer Video-Leinwand verfolgen mussten, mit einem Rückblick auf den "Anfang der Freiheit des modernen Menschen": dem Mailänder Edikt im Jahr 313. Die Vereinbarung unter Kaiser Konstantin I. (in Trier zuhause) gewährte "sowohl den Christen als auch überhaupt allen Menschen freie Vollmacht, der Religion anzuhängen, die ein jeder für sich wählt". Dennoch habe die Kirche die Religionsfreiheit lange abgelehnt, so Ackermann. Erst im Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 wird sie offiziell anerkannt. Schlüssel dafür sei die Achtung der "Würde des Menschen" und seiner Entscheidungsfreiheit gewesen.

Dass eben diese Begriffe angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen auch von der Kirche neu austariert werden müssen, zeigt nicht zuletzt Ackermanns kürzliche Äußerung, wonach Ehescheidung keine Sünde (mehr) ist. Müsste die Kirche also der Freiheit, die sie in Bezug auf die Religionsausübung für sich reklamiert, nicht auch mit Blick auf die Lebenswirklichkeit ihrer Gläubigen mehr Raum gewähren? Schade, dass am Ende für eine Diskussion mit den Zuhörern kein Raum blieb.

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