Naturschutz auf Kosten der Landwirtschaft?

Wallerfangen · 30 Bauern vom Saargau kritisieren die Tätigkeit der Naturlandstiftung Saar und ihrer Tochtergesellschaft. Diese kaufe Land auf und zerstückele die Äcker. Die Vorwürfe seien haltlos, wehrt die Stiftung dagegen ab.

 Edwin Winter aus Ittersdorf zeigt Felder auf dem Gau, die von Buschreihen zerteilt werden. Foto: H. Jenal

Edwin Winter aus Ittersdorf zeigt Felder auf dem Gau, die von Buschreihen zerteilt werden. Foto: H. Jenal

Foto: H. Jenal

Mit Traktoren haben Bauern aus dem Saar-Nied-Gau am Freitag zur Hauptverkehrszeit die B 269 bei Oberfelsberg blockiert (die SZ berichtete). 30 Landwirte aus Wallerfangen und Rehlingen-Siersburg haben sich zusammengeschlossen, um gegen die Naturlandstiftung Saar (NSL) zu protestieren. "Wir wollen die Bevölkerung auf uns aufmerksam machen", erklären Edwin Winter aus Ittersdorf und Erhard Ecker aus Niedaltdorf. Die Landwirte kritisieren die Praxis der Stiftung, Grundstücke zu erwerben und damit Agrarflächen zu zerschlagen. 15 Landwirte aus dem Saar-Nied-Gau sind nach ihren Angaben direkt davon betroffen.

Die Zerstückelung landwirtschaftlicher Fläche soll eigentlich ein Gesetz verhindern: Das Grundstückverkehrsgesetz besagt, dass Landwirte bei Verkauf eines Stückes Land, das größer als 15 Ar ist, Einspruch einlegen können und auch ein Vorkaufsrecht haben. Das gilt aber nicht, wenn ein anderer Landwirt Käufer ist, erklärt Winter. Durch ihr Hofgut Imsbach bei Tholey hat die NLS aber landwirtschaftlichen Status und darf deshalb Land kaufen, viel Land: 28 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche rund um Bedersdorf hat sie erworben; die Stiftung ist inzwischen der größte Landeigner im Saarland.

Winter, Landwirt in der 21. Generation, nennt diesen Ankauf "existenzbedrohend". Zudem gelten zerschlagende Flächen als ökologisch besonders wertvoll, so erklärt er es, und bringen besonders viele Ökopunkte - und damit Geld.

Paradox: Das Umweltministerium fördert einerseits "Zusammenlegungsverfahren" landwirtschaftlicher Flächen. Andererseits betreibt die Naturland-Tochtergesellschaft Ökoflächen-Management (ÖFM), die indirekt dem Umweltminister untersteht, die Zerstückelung der Äcker - so prangern es die Landwirte an. Gespräche mit der Stiftung hätten bisher nichts bewirkt, sagt Ecker, der auch im Vorstand des Bauernverbandes sitzt.

Der Geschäftsführer von Stiftung und ÖFM, Eberhard Veith, bestreitet den Vorwurf der Zerstückelung: "Das ist nicht der Fall!" In Wallerfangen habe die ÖFM vielmehr 85 Hektar Land an Bauern aus der Umgebung verpachtet. "Wir nehmen den Landwirten nichts weg", betont Veith. "Die können die Flächen weiter bewirtschaften - nur eben unter anderen Bedingungen." Zudem seien die Konditionen "äußerst fair".

Dass in einzelnen Fällen ein gekauftes Stück Land mitten in einer Agrarfläche liegt, kann er nicht ausschließen. Aber es sei nicht Absicht der ÖFM, gegen die Bauern zu arbeiten. Im Gegenteil: "Wir haben sogar Landwirte, die für uns als Dienstleister arbeiten. Das ist kein Gegeneinander", bekräftigt Veith. Man suche einen Kompromiss zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.

"Wir sind bestimmt nicht gegen Naturschutz - wir leben doch von der Natur!", setzen die Landwirte dem entgegen. Aber Naturschutz werde zum Teil "fanatisch" und ohne Gesamtkonzept betrieben; zudem würden mit den Ökopunkten Geschäfte gemacht. "Es geht dabei gar nicht um Geld", sagt hingegen Veith. "Sondern um die Aufwertung ökologischer Flächen." Weitere Aktionen der Bauern sollen dennoch folgen.

Zum Thema:

Auf einen BlickDie Naturlandstiftung Saar (NLS) ist eine gemeinnützige Stiftung des Bürgerlichen Rechts mit Sitz in Saarbrücken. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Artenreichtum der Pflanzen und Tiere zu erhalten und ihre Lebensräume zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Weil die Stiftung selbst keinen Gewinn erzielen darf, hat sie 1998 die Tochtergesellschaft ÖFM ("Naturland Ökoflächen-Management" GmbH) gegründet. Diese wertet Flächen ökologisch auf und schafft Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen. Dafür werden Ökopunkte gut geschrieben. Bei Eingriffen in die Natur können Bauherren, etwa Gemeinden oder Unternehmen, Ökopunkte kaufen und diese damit ausgleichen - wie es das Naturschutzgesetz vorschreibt.Finanziert wird die Stiftung durch Mittel von Umweltministerium, Bund, EU sowie Saarland Sporttoto GmbH. nic

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