Mit neuer Technik schneller helfen

Saarbrücken · Brennt es in gut isolierten Neubauten, ist die Zeitspanne, in der eingeschlossene Personen überleben können, knapper als in zugigen Altbauten. Die Feuerwehren wollen daher die Alarmierungskette straffen.

Bei einem Brand entscheiden wenige Minuten über Leben und Tod. Um noch schneller vor Ort sein zu können, hat die Arbeitsgruppe "Feuerwehr 2020" ein Konzept entwickelt. Denn die bisherige Überlebensgrenze, an der sich die Fristen für die Wehren orientiert, sei medizinisch nicht mehr auf dem neuesten Stand, erklärt Landesbrandinspekteur Bernd Becker: "Bisher geht man davon aus, dass Menschen Brandrauch nur etwa 13 Minuten ertragen, ohne schweren Schaden zu nehmen." Ist diese Grenze überschritten, besteht akute Lebensgefahr. Bis nach der 17. Minute sind Reanimationen möglich. Zwei Minuten später tritt das sogenannte Flash-Over ein, ein offenes Feuer bricht explosionsartig aus. Während in zugigen Altbauten noch ein wenig Luftzirkulation herrsche und auch Rauchgase in geringem Maße abziehen können, sei das bei Neubaten anders, so der Brandinspekteur: "Sie sind sehr gut isoliert und haben absolut dichte Fenster und Türen. Die Zeit für das Überleben wird noch knapper."

Durch die für noch in diesem Jahr angekündigte saarlandweite Rauchmelderpflicht hoffen die Wehren, dass Brände schneller entdeckt und somit eher ein Notruf erfolgt. Becker kalkuliert mit einer Zeitersparnis von einer halben Minute.

Auch hoffen die Retter, dass im Herbst die Integrierte Leitstelle (ILS) für Rettungsdienst und Feuerwehr auf dem Saarbrücker Winterberg in Betrieb geht. Dort sollen alle Anrufe über den Notruf 112 auflaufen. Wer heute die 112 wählt, landet entweder bei der Führungs- und Lagezentrale der Polizei oder bei der Saarbrücker Berufsfeuerwehr. "Wenn die Polizei erst den Notruf an die Feuerwehr leiten muss, geht Zeit verloren", sagt Becker.

Damit die Informationen aus der ILS schneller bei den Feuerwehrleuten ankommen, empfiehlt die Lenkungsgruppe die sogenannte "Express-Alarmierung". Dabei werden die Rufadressen der Einsatzgruppen zusammengefasst und mit dem Alarmierungstext verknüpft. Dadurch reduziert sich die Datenmenge, was die Aussendung verkürzt. Nach Herstellerangaben dauert eine Alarmierung mit bis zu 15 Adressen und zirka 80 Textzeichen nur acht Sekunden, bisher sind es 60 Sekunden. Die Aktiven müssten mit hochwertigeren digitalen Meldeempfängern ("Piepser") ausgestattet werden, um den Express-Alarm zu empfangen. "Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar hat beschlossen, dass die Kommunen auf Darlehensbasis die Meldeempfänger kaufen können", so Becker, der optimistisch ist, dass der Express-Alarm dieses Jahr kommt. Auch hier soll etwa eine halbe Minute eingespart werden.

Die Eintreffzeit, also die Zeit nach der Alarmierung der Einsatzkräfte bis zu ihrem Eintreffen am Brandort, soll bei Bedarf von acht auf zehn Minuten erhöht werden können. "Dadurch haben die Kommunen mehr Handlungsspielraum", sagt Becker. Gerade wenn Löschbezirke zusammengelegt werden, hätten die Aktiven mitunter einen weiteren Anfahrweg zum Gerätehaus. Diese Empfehlung der Lenkungsgruppe soll den Kommunen durch eine Änderung einer Verwaltungsvorschrift zur Erstellung ihrer Bedarfs- und Entwicklungsplanung für den Brandschutz ermöglicht werden. Die Zeit will die Feuerwehr wieder aufholen, indem sie auf zeitgemäße Fahrzeuge umrüstet. Je nach Bauart sind diese mit bis zu 1000 Liter Löschwasser befüllt, sodass vor Ort nicht erst die Schläuche an einen Hydranten angeschlossen werden müssen, sondern gleich das Löschen beginnen kann. "In diesen Fahrzeugen können sich die Einheiten auf der Anfahrt bereits die Atemschutzgeräte anlegen - und treffen einsatzbereit am Brandort ein", so Becker. Dadurch verkürze sich die Zeit, die die Feuerwehr vor Ort braucht, bis sie einsatzbereit ist, von fünf auf drei Minuten. Insgesamt gewinnen die Brandlöscher mindestens 60 Sekunden - Zeit, die entscheidet, ob ein Mensch überlebt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort