Konsum kritisch hinterfragen

Neunkirchen. Das war Paul (Name von der Redaktion geändert) früher gar nicht bewusst: Wenn er besonders viel Stress verspürt, greift er zur Flasche. Alkohol als Problemlöser - für Außenstehende eine offensichtliche Handlungsweise, für Paul als Betroffenen aber nicht

 Auch Spielen am Computer kann zur Sucht werden. Selbstkontrolle ist deshalb wichtig. Foto: dpa

Auch Spielen am Computer kann zur Sucht werden. Selbstkontrolle ist deshalb wichtig. Foto: dpa

Neunkirchen. Das war Paul (Name von der Redaktion geändert) früher gar nicht bewusst: Wenn er besonders viel Stress verspürt, greift er zur Flasche. Alkohol als Problemlöser - für Außenstehende eine offensichtliche Handlungsweise, für Paul als Betroffenen aber nicht. Erst durch das Selbstkontrolltraining, kurz SKOLL, im Beratungs- und Behandlungszentrum des Caritasverbandes lernte Paul, über dieses Verhaltensmuster nachzudenken.Die Neunkircher Beratungsstelle Die Brigg ist der einzige Standort im Saarland, der SKOLL anbietet. Das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Modellprojekt motiviert Jugendliche und Erwachsene mit einem riskanten Konsum - sei es von Alkohol, Nikotin, Spiel oder Medikamenten - zu einem verantwortungsbewussten Umgang. Das wesentliche Ziel der Teilnehmer an dem zehnwöchigen Training sei daher auch nicht die Abstinenz, sondern eher ein kontrollierter Konsum, erklärt Trainer Mathias Lindau. Mit seinem Kollegen Michael Willié betreut er ab dem 10. Februar bereits die fünfte Gruppe seit dem Start von SKOLL vor knapp zwei Jahren. Ihre überaus positiven Erfahrungen mit dem Selbstkontrolltraining stellten Willié und Lindau am Freitag mit Dr. Horst Arend vor, dem Leiter des Beratungs- und Behandlungszentrums des Caritasverbandes in Neunkirchen. Der Erfolg liege auch im

besonders niedrigschwelligen Angebot. "Es spricht deshalb viele Leute an, weil wir ihnen nicht sagen, was sie zu tun haben", ist Arend überzeugt. Die Entscheidungsfreiheit sei eine ganz wichtige Motivation, fügt Trainer Lindau an. Die Teilnehmer könnten ihre Ziele selbstbestimmt wählen und brächten dadurch von Anfang an eine viel größere Motivation mit.

So will zum Beispiel Markus, einer der Teilnehmer am letzten SKOLL-Kurs, nicht gleich ganz aufhören zu rauchen. Aber er reduziert die Anzahl der Zigaretten von Woche zu Woche. "Es entwickelt sich in der Gruppe durch die offenen Gespräche eine Eigendynamik", hat Lindau festgestellt. Viele merkten, dass es einfacher sei, ganz mit dem Konsum aufzuhören, als ihn mühsam einzuschränken. "Aus der Gruppe heraus entwickeln sich die Lösungen", sieht Kollege Willié ebenfalls den Vorteil von SKOLL, dass sich hier Männer und Frauen, junge und ältere Menschen mit den unterschiedlichsten Problemen austauschen. Die Auseinandersetzung in der Gruppe helfe auch, das eigene Verhalten kritisch zu hinterfragen und zu einer realistischen Selbsteinschätzung zu kommen.

Eine Frau, die zum ersten Treffen mit gemischten Gefühlen ging, weil sie nicht wusste, was auf sie zukommt, berichtet: "Die Atmosphäre war einfach super. SKOLL hat mir sehr geholfen, ich setze mir immer noch meine Ziele für eine Woche und kann besser mit Alkohol umgehen." Gut 50 Menschen aus dem Landkreis Neunkirchen haben bisher an dem kostenlosen Selbstkontrolltraining teilgenommen, und "natürlich kriegt man nicht alles mit SKOLL hin", weiß Lindau. "Aber wir geben das Handwerkszeug dazu zu erkennen, dass Suchtmittel schlechte

Auf einen Blick

SKOLL, ein Selbstkontrolltraining für den verantwortungsbewussten Umgang mit Suchtstoffen und anderen Suchtphänomenen, startet erneut am Donnerstag, 10. Februar, um 17 Uhr mit einem Informationsgespräch im Gruppenraum des Caritas-Verbandes, Hüttenbergstraße 42 in Neunkirchen. Weitere Infos unter Telefon (06821) 92 09 40.

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