Kess aufs Berliner Polit-Parkett

Neunkirchen · Ein bisweilen 16-stündiger Arbeitstag in Berlin und zwischen den Sitzungswochen eine Terminflut im Wahlkreis: So die ersten Erfahrungen der Neunkircher Neu-Parlamentarierin Heide Henn im Bundestag. Dennoch fühlt sie sich gut dabei: „Bundespolitik ist was Tolles!“

 Premiere am Rednerpult des Bundestages: Heide Henn machte eine gute Figur. Foto: Lukas Münninghoff

Premiere am Rednerpult des Bundestages: Heide Henn machte eine gute Figur. Foto: Lukas Münninghoff

Foto: Lukas Münninghoff

Die Teilnahme am Neujahrsempfang der Stadt Neunkirchen hat sie sich 50 Euro kosten lassen. Heide Henn, die seit genau drei Monaten dem 18. Deutschen Bundestag angehört, muss sich an die parlamentarischen Gepflogenheiten halten. Und die besagen: Wer an einem Plenartag, also an einem Sitzungstag des Bundestages, entschuldigt fehlt, hat einen Fünfzig-Euro-Schein zu berappen - unentschuldigt gleich das doppelte. Nachzuweisen ist die Anwesenheit durch Eintrag in eine Liste, wie sie an den Eingängen des Reichstagsgebäudes ausliegt.

Die SPD-Frau hatte also den vergangenen Freitag "geschwänzt", um sich donnerstagabends bei ihrer politischen Basis in Neunkirchen blicken zu lassen. Immerhin hatte sie vor dem abendlichen Neujahrsempfang in der Gebläsehalle noch ein positives Schlüsselerlebnis in der Hauptstadt: Genau um 12.05 Uhr hielt sie ihre "Jungfernrede" im Bundestag. Und bekam dafür vielfache Anerkennung, unter anderem von ihrem Fraktionschef Thomas Oppermann ("Das war richtig gut!"). Debattenthema war der Jahresbericht des Wehrbeauftragten. Heide Henn beleuchtete in den erlaubten fünf Minuten Redezeit den Aspekt "Bundeswehr und Familie". Sie liegt hier ganz auf der Linie der neuen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). "Sie orientiert sich anders als ihr Vorgänger de Maizière zuerst am Menschen", stellt sie im Gespräch mit der SZ fest.

"Militärseelsorge und -fürsorge" ist getreu ihrer beruflichen Herkunft das Themenfeld der Diakonin im Verteidigungsausschuss. Für dieses 32-köpfige Gremium hatte sie sich aufstellen lassen. Nachdem der Bundestag wegen der sich hinziehenden Regierungsbildung lange in seiner Arbeit eingeschränkt war, haben sich Anfang vergangener Woche die 22 Ausschüsse des Bundestags konstituiert. "Jetzt kann man was bewirken", meinte die Parlamentarierin aus Wellesweiler, die auch dem Petitionsausschuss angehört: "Es ist wichtig, dass die Eingaben der Bürger ernst genommen werden!"

Ernst nehmen will sie auf jeden Fall auch die Anliegen der Menschen in ihrem Wahlkreis, gemäß ihrem Versprechen "immer ein offenes Ohr" zu haben. Deshalb ist die Woche im Wahlkreis zwischen den Sitzungswochen in Berlin oft eine Fortsetzung der hauptstädtischen Terminhatz. Was Heide Henn aber nicht als Stress empfindet: "Es macht Spaß, im Wahlkreis unterwegs zu sein" und "Ich bin froh, dass ich so oft angesprochen werde", sagt sie. Rentenfragen, Kinderbetreuung und Energiekosten sind Themen, die oft an sie herangetragen werden und die sie mit nach Berlin nimmt. Auch wenn sie nun wöchentlich zwischen Ensheim und Tegel hin und her jettet, hat sie sich vorgenommen, nicht abzuheben: "Ich lasse mich nicht verbiegen!" Ein Vorsatz, an dem man sie noch vier Jahre lang messen kann.

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Auf einen BlickHeide Henn ist bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 über Platz drei der SPD-Landesliste als Neuling in den Bundestag eingezogen. Sie gehört als ordentliches Mitglied dem Verteidigungsausschuss und dem Petitionsausschuss an. Im Gesundheitsausschuss ist sie stellvertretendes Mitglied. Ferner wurde sie von ihrer Fraktion als Schriftführerin benannt. Die insgesamt 64 Schriftführer(innen) unterstützen bei den Bundestagssitzungen abwechselnd den Präsidenten bzw. Vizepräsidenten, indem sie Wortmeldungen und Rednerlisten kontrollieren. Heide Henn hat sich innerhalb der SPD-Parlamentarier (wie auch der Welschbacher Christian Petry) der "Parlamentarischen Linken" angeschlossen - neben "Netzwerkern" und dem konservativen "Seeheimer Kreis" einer der drei Flügel der Fraktion. gth

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