Kein Wasser im See, keine Touristen am SeeEs werden keine Parkgebühren mehr genommen

St. Wendel/Bosen. Der Landkreis St. Wendel hat Radfahrern und Wanderern viel zu bieten - auch ohne Bostalsee. Das wissen die Hoteliers rund um den See

 So sieht der halb leere Bostalsee derzeit aus der Vogelperspektive aus. Foto: Reiner Drumm

So sieht der halb leere Bostalsee derzeit aus der Vogelperspektive aus. Foto: Reiner Drumm

St. Wendel/Bosen. Der Landkreis St. Wendel hat Radfahrern und Wanderern viel zu bieten - auch ohne Bostalsee. Das wissen die Hoteliers rund um den See. Aber das wissen nicht die Kunden, bedauern Elke Jung vom Hotel Gierend, Wilhelm und Gerold Weingärtner vom Seehotel Weingärtner, Volker Merker von Merkers Bostal-Hotel und Werner Mörsdorf vom Landhaus Mörsdorf im Redaktions-Gespräch in der Saarbrücker Zeitung in St. Wendel. Von bis zu 80 Prozent Umsatzeinbußen sprechen die Weingärtners. Derzeit habe er 18 statt normalerweise 150 Gäste. Bei den anderen Hoteliers ist die Situation ähnlich. In den Sommerferien ist normalerweise Hochsaison. "Von April bis Mitte Oktober 2007 waren die Zimmer ausgebucht", sagt Merker, der die Situation als "bedrohlich" einschätzt. Das sieht Jung genauso: "Derzeit ist unser Hotel an den Wochenenden komplett leer." Kein Wunder, schließlich haben sämtliche Reiseveranstalter die Hotels um den See für diese Saison aus den Katalogen genommen. Schuld daran ist die rund 4,5 Millionen Euro teure Staudammsanierung, die die Hoteliers durchweg für notwendig und sinnvoll halten. Der See wurde abgelassen, Badeurlaub ist nicht möglich. Darauf weisen die Hoteliers auch tagtäglich ihre Gäste hin, die telefonisch ein Zimmer reservieren möchten. Nur die Wenigsten buchen trotzdem. Denn "unsere Gäste wollen sich am See erholen, mit den Kindern an den Strand", sagt Gerold Weingärtner. Und Merker fügt hinzu: "Die Leute wollen auch beim Laufen und beim Radeln das Wasser sehen."Alle, so sind sich die Hoteliers einig, haben die Situation unterschätzt. "Wir dachten, die Region bleibt auch ohne See interessant", sagt Merker. Aber jetzt bleiben sogar die Tagesgäste, die abends die Gastronomie nutzen, aus. Am Anfang, als der See abgelassen war, seien noch relativ viele Gäste an das "Watt" gekommen. Aus Neugier. Nach drei Wochen war auch diese Phase vorbei. Mörsdorf: "Jetzt gehen am Wochenende noch 30 statt 3000 Leute um den See."Da helfen auch die Sonderangebote in den Hotels nur wenig. Bei Merkers gehört beispielsweise zu allen Pauschalen ein freier Eintritt ins Schaumbergbad in Tholey dazu. Sogar ein Shuttle-Service ist eingerichtet. Gäste zahlen vier Übernachtungen, können aber fünf (bei Weingärtners vier für drei) Nächte bleiben. Im Hotel Gierend in Gonnesweiler gibt es spezielle Kegelwochenenden. "Die laufen aber nur langsam an", sagt Jung. Denn die meisten Clubs unternehmen ihre Touren im September/Oktober. So schlimm sei die Situation in den vergangenen 33 Jahren noch nie gewesen, sagt Weingärtner. "Selbst in verregneten Sommern waren die Häuser voll", sagt er. Jetzt gehe es um Schadensbegrenzung. Denn im nächsten Jahr ist wieder Wasser im See. Und die Gäste kommen hoffentlich wieder. Und 2011 soll der Ferienpark am Bostalsee eröffnen, von dem sich die Hoteliers einen gewaltigen Schub erhoffen. Mörsdorf: "Ich wollte, wir wären schon zwei Jahre weiter." Bosen. "Jedes Projekt, das wir jetzt anfangen, braucht Zeit zur Entwicklung - und die haben wir nicht", sagte Hotelier Werner Mörsdorf. Sofort-Maßnahmen seien gefragt. So forderten die Hoteliers, die Parkgebühren am See abzuschaffen. Mörsdorf: "Es geht dabei nicht um den einen Euro, sondern um das Gefühl, über den Tisch gezogen zu werden." Und Volker Merker fügte hinzu: "Die Besucher zahlen Parkgebühren für eine Baustelle - das kommt schlecht an."Das war Anfang vergangener Woche zu hören. Am Donnerstag trafen sich fünf Hoteliers mit dem St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald und Vertretern des saarländischen Wirtschaftsministeriums. Sie wollen nun überlegen, wie den Betroffenen in dieser laut Recktenwald "schwierigen Situation" geholfen werden kann. So sollen gemeinsame Marketingmaßnahmen verstärkt werden. Schließlich haben, so Recktenwald, nicht nur die Hoteliers, sondern alle am See unter der Situation zu leiden - der Biergarten genauso wie Caf&;s, Restaurants und der Campingplatz.Zunächst hielt es Recktenwald für schwierig, die Parkgebühren abzuschaffen. Schließlich sei dazu ein Kreistagsbeschluss notwendig. Aber noch am Donnerstag unterhielt er sich mit den beiden Fraktionsvorsitzenden und verkündete am Abend stolz: "Wir haben uns kurzerhand entschlossen, bis Ende der Saison keine Parkgebühren zu erheben. Damit wollen wir ein Zeichen setzen."Auch Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit ist schockiert, wie wenig derzeit am See los ist: "Ansonsten war bei schönem Wetter die Liegewiese voll, jetzt kann sogar der Laie erkennen: Da ist etwas weggebrochen." Jetzt sei schnelle Hilfe gefragt, um die Durststrecke bis zum Herbst zu überbrücken. "Nun geht es um Schadensbegrenzung", sagt dazu auch der SPD-Kreisvorsitzende Magnus Jung. Schließlich sei der Landkreis als Bauherr auch "Mitverursacher der Krise". "Das Dilemma ist, dass die Auswirkungen total unterschätzt wurden", sagt er und weist darauf hin, dass er bereits in der ersten Sitzung nach der Landratswahl für einen Runden Tisch zu diesem Thema plädiert habe. "Politik und Gastronomen hätten wesentlich früher reagieren müssen", sagt er und bedauert, "dass bis heute kein Konzept existiert, wie man den Bostalsee durch andere Aktionen attraktiver machen kann."Zumal ein ähnliches Problem im kommenden Jahr erneut auf die Betroffenen zukommen könnte. Denn dann ist Baubeginn für den Ferienpark. Die Möglichkeit, den See zu umrunden, sei teilweise eingeschränkt, sagt Jung. Es könne durchaus sein, dass auch dann Gäste wegbleiben. Jung fordert Gespräche und Konzepte: "Wir dürfen im nächsten Jahr nicht den gleichen Fehler machen wie in dieser Saison." himMeinung

Kleiner, aber feiner Dienstweg

 Im Gespräch (von links): Werner Mörsdorf, Wilhelm Weingärtner, Elke Jung, Volker Merker, Gerold Weingärtner,Melanie Mai.Foto: SZ

Im Gespräch (von links): Werner Mörsdorf, Wilhelm Weingärtner, Elke Jung, Volker Merker, Gerold Weingärtner,Melanie Mai.Foto: SZ

Von SZ-RedakteurinMelanie Mai Natürlich sind die Folgen, die ein abgelassener Sees für den Tourismus hat, unterschätzt worden. Natürlich hätten vorher Konzepte entwickelt werden müssen. Dafür ist es zu spät. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung. Da haben die Verantwortlichen im Landkreis richtig gehandelt. Keine langen Debatten, keine Fristen, keine Sitzungen. Auf dem kleinen Dienstweg haben der Landrat und die Fraktionsvorsitzenden im Kreistag die Sache geregelt und die Parkgebühren ausgesetzt. So unkompliziert sollte es weitergehen. Denn die Gebühren-Sache kann nur ein erster Schritt gewesen sein, um den Hoteliers und Gastronomen am See zu helfen.

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