Kein gutes Wetter für die Kartoffeln

Völklingen/Schaffhausen · Der ungewöhnliche Wetterverlauf dieses Jahres – nasses Frühjahr, sehr trockener Sommer – war ungünstig für die Ernte. Auch Landwirte in unserer Region können ein Lied davon singen. Und für die Verbraucher wird manches teurer.

Eine böse Überraschung erlebte Landwirt Marcus Comtesse, als er vor wenigen Tagen die neue Sorte Frühkartoffeln "Venezia" erntete. "20 Prozent der Knollen sind durch das Sieb gefallen, weil sie so klein geraten sind", berichtet Comtesse. Für seine Mitarbeiter bedeutet das: Alle diese Feldfrüchte werden nachträglich mühsam von Hand aufgelesen. Jetzt überlegt der Biobauer aus Wadgassen - er bewirtschaftet insgesamt knapp 95 Hektar, auf 4,5 Hektar wachsen Kartoffeln - ob sich die Investition von 2000 Euro für ein neues Siebband lohnt. Mit kleineren Abständen, 32 Millimeter statt 40 Millimetern. Drei Wochen müsse er auf die Sonderanfertigung warten, sagt Comtesse. Damit könnte er dann die Spätkartoffel-Ernte ohne Verluste einfahren.

Comtesse hat Felder am Wehrdener Wasserturm gepachtet und auch bei Ludweiler. Aber dort baut er keine Kartoffeln mehr an, "weil es Wildschweine gibt". Stattdessen gibt es dort Hafer und Rotklee. Comtesse hat die Erfahrung machen müssen, dass Wildschweine äußerst clever sind: "Die haben mir, das war 2001, von Freitag auf Mittwoch fein säuberlich 40 000 Kartoffeln weggefressen - und zwar so sauber, dass man nichts bemerkt hat, weil sie immer entlang der Furchen gelaufen sind." Seitdem setzt er Elektrozäune um die Kartoffelfelder.

Zehn Sorten baut Comtesse an, darunter auch die leicht buttrige "Linda", wobei Comtesse selbst der "Venezia" den Vorzug gibt. "Sie ist festkochend und sehr wohlschmeckend." Aus irgendeinem Grund ist es der "Linda" in dieser Saison besser ergangen als ihrer jungen Schwester. "Die Ernte sieht ganz gut aus, ebenso bei der ‚Marabel'. "

Insgesamt aber, stellt Comtesse fest, ist der Wetterverlauf dieses Jahres den Kartoffeln gar nicht gut bekommen. "Das Frühjahr war zu nass, dann war es zu trocken."

20 bis 25 Tonnen Kartoffeln und acht bis zehn Tonnen Äpfel - neben vielen Gemüsesorten, Früchten, Salaten aus kontrolliert-biologischem Anbau und anderen Lebensmitteln wie Fleisch oder Käse - schlägt der Naturwarenhandel der Gebrüder Franz normalerweise in einem Jahr um. Viele Produkte bezieht die Firma, die seit 2008 im Geislauterner Gewerbegebiet residiert und seit 30 Jahren am Markt ist, aus dem Saarland. "So extrem teuer wie 2013 haben wir noch nie Äpfel im Sortiment gehabt", beschreibt Mitinhaber Guido Franz die Misere. "Der Kilopreis geht für den Endverbraucher auf vier Euro zu", meint er. Schon allein eine Apfelplantage in Saarwellingen, einer seiner Lieferanten, habe wegen Hagelschlag keine einzige Frucht liefern können. Auch bei der Kartoffel sehe es nicht besser aus. Der Engpass treibe den Preis der Produkte nach oben.

Der Leiter Sortimentsmanagement Obst-Gemüse-Pflanzen der Warenhauskette Globus, Hans-Jürgen Kirsch, bestätigt den Trend. "Einzelne Produkte sind zehn bis 15 Prozent teurer dieses Jahr, Kartoffel und Apfel liegen mit an der Spitze." Auch weniger Zwetschgen gibt es, sagt Kirsch. Dabei beginnt jetzt die Saison so richtig. "Sie sind wegen der extremen Temperaturen kaputt gegangen." Insgesamt sei bei Steinobst, auch bei Pfirsichen und Nektarinen, eine Preissteigerung zu verzeichnen. Heißt: Auch in Völklingen müssen die Kunden bei Globus Preisaufschläge an der Obst- und Gemüsetheke in Kauf nehmen

Zurück zu Marcus Comtesse. Der sortierte mit seiner Mannschaft dieser Tage die Frühkartoffelernte auf seinem Hof - nach Reinheit und Beschädigung. "Grüne Stellen dürfen die Kartoffeln auch nicht haben." In Zwölf-Kilo-Säcken konnten die Kunden die leckeren Knollen direkt ab Hof abholen. Und die Babykartoffeln der Sorte "Venezia"? "Die schmecken sehr intensiv und lecker. Die bekommen unsere Stammkunden einkiloweise zum Verkosten geschenkt."Bei Landwirt Hermann Ziegler aus Püttlingen - er hat Felder auch in der Völklinger Region und im Warndt - sieht die Lage ganz anders aus als bei den Kartoffel- und Obst-Anbauern. Ziegler baut Getreide an, Roggen und Weizen: "Ich habe Angst, dass ich den ganzen Roggen nicht verkaufen kann, weil zu viel geerntet wurde." Ziegler beliefert saarländische Mühlen.

Sein Raps, den er außerdem anbaut, geht an Ölmühlen, die die Pflanzen Richtung Mannheim und Köln weiterverkaufen. Im Gegensatz zum Getreide habe der Raps unter dem Wetter gelitten, sagt Ziegler. "Es hat während der Blütezeit im Frühjahr zu viel geregnet." Die Bilanz: "Bescheiden", sagt Ziegler.

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