Jüdische Fußballer und ihr Leid in der Nazi-Zeit

Die Ausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden“ beleuchtet die Geschichte deutscher Juden im Fußball. Wie sie dem Sport in Deutschland zur Popularität verhalfen, welche jüdischen Persönlichkeiten den Fußball prägten und wie sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausgegrenzt wurden, das zeigt die Ausstellung auf 14 Bannern im Kulturzentrum Alte Mühle in Marpingen noch bis Sonntag, 13. April.

Marpingen. Christoph Zahn, Vorstandsmitglied des Marpinger Vereins Wider das Vergessen und gegen Rassismus, erinnerte an Julius Hirsch (1892 bis 1943), den Stürmer des Karlsruher FV, mit dem er 1910 Meister geworden war. In seinem zweiten Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft gegen die Niederlande gelang es Hirsch als erstem deutschen Nationspieler, vier Tore in einer Begegnung zu erzielen. Julius Hirsch wurde 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert und ermordet.

Zahn erinnerte des Weiteren an Walther Bensemann (1873 bis 1934), der die Entwicklung des deutschen Fußballs maßgeblich beeinflusst hatte. Er war Mitbegründer zahlreicher Fußballvereine - darunter den Vorläufern von Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern München - um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert, organisierte die ersten internationalen Begegnungen mit deutschen Auswahlmannschaften und war 1900 als Vertreter mehrerer Clubs bei der Schaffung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) beteiligt. 1920 brachte er das heute noch erscheinende Sportmagazin Der Kicker heraus. Bensemann flüchtete 1933 in die Schweiz, wo er im Jahr darauf starb.

Am ersten großen Erfolg des FC Bayern München hatten auch jüdische Deutsche einen großen Anteil. Der Verein wurde 1932 zum ersten Mal deutscher Meister. Der Vereinspräsident Kurt Landauer und der Trainer Richard "Little" Dombi waren jüdischen Glaubens und wurden gefeiert. Ein Jahr später, nach der Machtergreifung der Nationsozialisten, wurden ihre erfolgreichen Karrieren schlagartig beendet. Bis 1938 war es jüdischen Sportlern nur noch erlaubt gegen, jüdische Vereine anzutreten, danach wurden alle Sportaktivitäten für sie verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg spielten deutsche Juden nie wieder eine vergleichbare Rolle im deutschen Fußball. Ihre Verdienste gerieten in Vergessenheut. Die Ausstellung "Kicker, Kämpfer, Legenden - Juden im deutschen Fußball" will dieses Kapitel der Sportgeschichte Deutschlands wieder in Erinnerung rufen. Sie wurde vom Berliner Centrum Judaicum konzipiert und erstmals kurz nach der Fußballweltmeisterschaft 2006 der Öffentlichkeit präsentiert. Sie umfasst 14 Banner. Sie stellen bedeutende deutsch-jüdische Persönlichkeiten vor, die unsere Fußballgeschichte prägten, die jüdischen Bemühung um Integration, aber auch ihre Ausgrenzung und Verfolgung in der NS-Zeit. Zum Ende wird ein Blick auf die aktuelle Entwicklung geworfen. Auch heute findet man judenfeindliche Schmähungen in deutschen Stadien, wie man es auf Bildern in der Ausstellung sehen kann.

Bürgermeister Werner Laub (SPD) betonte, man müsse den Anfängen wehren, darum wird in Schulen und Sportvereinen auf die Ausstellung hingewiesen. Auf weitere Aktionen gegen das Vergessen wies Landrat Udo Recktenwald (CDU) hin: Eine Stele wird an der Stelle der ehemaligen St. Wendeler Synagoge installiert, um besser auf den Ort aufmerksam zu machen. Am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, gibt es jedes Jahr kreisweit Veranstaltungen, wie Kranzniederlegungen. Am gestrigen Donnerstag wurde zudem das Buch "Nazis aus der Nähe - Im Mikrokosmos der Hitler-Diktatur" an der Europäischen Akademie in Otzenhausen vorgestellt. Zwei Dutzend Historiker und Heimatforscher entwarfen am Beispiel des St. Wendeler Landes ein Detailbild des NS-Regimes in der Provinz.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. April, im Kulturzentrum Alte Mühle in Marpingen. Veranstaltet wird sie gemeinsam von der Gemeinde und dem Verein Wider das Vergessen und gegen Rassismus. Unter dem Titel "Marpinger Mühlengespräche" werden seit 2006 Vorträge und Ausstellungen zu Integrationsthemen veranstaltet.

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