Gemeinsames Spielen überwindet GrenzenMenschen, Religionen, Kulturen zusammenführenAnne-Frank-Rose soll in Ottweiler Zeichen der Toleranz setzen

Neunkirchen · Toleranz fördern, fremde Menschen und Kulturen kennen- und verstehenlernen, das sind die Ziele der Interkulturellen Woche. Sowohl in Neunkirchen als auch in Ottweiler fanden Veranstaltungen dazu statt.

Neunkirchen. Früh übt sich, wer tolerant und fremdenfreundlich sein will. Außerdem macht gemeinsames Spielen am meisten Spaß, wenn die unterschiedlichsten Persönlichkeiten dabei sind. Deshalb waren die Veranstaltungen der Neunkircher Interkulturellen Woche am Dienstag ganz der Jugend gewidmet und bei allen war einiges los.Das Interkulturelle Kinderfest von Jugendcafé, Dekanatsjugendteam, Awo-Sozialraumteam und Streetworkern musste wegen ungemütlichen Wetters vom Schulhof der Bachschule in das Kommunikationszentrum (Komm) verlegt werden. Schon am Eingang konnte man hören, dass dies der Stimmung keinen Abbruch tat. "Juhuu! Ich habs geschafft!", rief der kleine Mika Glaab und jonglierte begeistert einen Teller auf einem Stab. Ein anderer Junge radelte auf einem Pedalo vorbei, weitere Kinder brachten die Hüpfburg zum Wackeln. "Fußball, Volleyball und Federball müssen natürlich ausfallen", bedauerte Marc Oster vom Jugendcafé. Doch Langeweile kam keine auf. Leon Köhler hatte sich beim Kinderschminken in einen roten Teufel verwandeln lassen: "Mir gefällt es sehr gut hier. Macht Spaß!" Außerdem konnten die Kinder lustige Kochlöffel-Männchen basteln, am Glücksrad drehen, malen und verschiedene Spiele ausprobieren. Finanziert werde alles vom Bundesprogramm "Toleranz fördern, Kompetenz stärken", erklärte Sabrina Alt vom Jugendcafé. Ebenfalls im Komm boten der Deutsche Kinderschutzbund und das Bildungsprogramm Signal des Ministeriums für Bildung internationale Spiele an. Dabei ging es auch darum, die eigenen Sinne, wie Schmecken und Tasten, zu erfahren.

Auch in der Christuskirche ging es ums Schmecken, um interkulturelles Schmecken: Die Evangelische Kirchengemeinde und der Jugendmigrationsdienst des Diakonischen Zentrums veranstalteten einen Gesprächskreis zum Thema "Essen und Trinken in verschiedenen Ländern und Kulturen". "Jeder soll einmal sagen, was er gerne isst", schlug Pfarrerin Britt Goedeking vor. Von "Geheirade" über Börek und Yufka, Pizza und Chicken Nuggets reichte die internationale Leibspeisen-Palette. Auch über Tischsitten und Rituale vor dem Essen tauschte man sich aus. Einige Jugendliche ließen den Kreis ihr Herkunftsland erraten, indem sie von dort wachsenden Nahrungsmitteln erzählten. Zum Schluss durften endlich die köstlichen internationalen Mitbringsel probiert werden.

Als einzige Schule nahm die Gesamtschule an der Interkulturellen Woche teil. "Es wäre wünschenswert, dass sich noch mehr Schulen und Organisationen beteiligen. Integration ist für unsere Gesellschaft ein enorm wichtiges Thema", meinte die stellvertretende Schulleiterin Heide Nalbach. Mit Lehrer Michael Klepper bereiteten einige Schüler eine Ausstellung zum Thema Rechtsradikalismus vor. Finster drein blickende, glatzköpfige Papp-Neonazis und Erklärungstexte werden noch bis Ende der Woche über Symbole und Erkennungszeichen aufklären. Aus den Fenstern der Schule hängen bemalte Leintücher zu verschiedenen Ländern. In der Turnhalle fand eine internationale Olympiade statt. Seilspringen, Hindernisparcours, Staffellauf und weitere Disziplinen wurden mit Quizfragen und Puzzles zu verschiedenen Ländern ergänzt. Lea Eifler meinte: "Damit tun wir etwas Gutes für das Zusammenleben mit allen Kindern." Isabella Schmidt fand vor allem die Sehenswürdigkeiten aus aller Welt interessant. In der Kita St. Marien sprachen das Rote Kreuz und das Bildungsprogramm Signal des Ministeriums für Bildung auch Eltern an: Neben einer Bücherparty und einem interkulturellen Buffet gab es unter anderem Informationen über Sprachbildungsarbeit. Ottweiler. Buddy Elias und seine Frau Gerit zeigten sich gestern sichtlich gerührt, als Laura Bourquin und Noel Elz, Schüler der Klasse 4.1 der Grundschule Neumünster, im Stengel-Pavillon den "Rosenelf" von Hans Christan Andersen vorlasen. Buddy Elias, Cousin von Anne Frank, habe das Gedicht nicht gekannt, in dem ein wunderschöner Rosenstrauch mit feinen hell rosa Rosenblättern beschrieben wird.

Gepflanzt wird im Oktober

Von der Beschreibung her könnte es auch die "Anne-Frank-Rose" sein, die im Gedenken an Buddy Elias Cousine Anne Frank - als Zeichen der Toleranz - mittlerweile in der ganzen Welt ihre Wurzeln schlägt, bald auch im Rosengarten in Ottweiler. Eigentlich stand die Pflanzung jener Rose gestern auf der Tagesordnung von Buddy Elias und seine Frau Gerti.

Weil die beste Pflanzzeit für Rosen aber erst wieder im Oktober beginnt, wird die "Anne-Frank-Rose" - mit ihren hellrosa und gelblichen Blüten - erst später von Gerhard Müller, Herr über den Rosengarten in Ottweiler, gepflanzt.

Zehn selbst gemalte Rosenbilder der Schüler der Grundschule Neumünster machten die Abwesenheit der eigentlichen Rose aber wett. Gestern ging es für das Ehepaar Elias nach zwei Tagen in Ottweiler dann weiter nach Landau, wo ein Theaterstück über die Familie Frank aufgeführt wird. "Ich werde Ottweiler in bester Erinnerung behalten. Ich bin völlig entzückt von der reizenden und kultivierten Kleinstadt", sagte der Schweizer.

Projekt im Unterricht

Auch das Wissen der Ottweiler Schüler habe ihn begeistert. Zusammen mit Lehrerin Anke Stoll und Reinhold Strobel, Vorsitzender des Fördervereins der Alex-Deutsch-Stiftung, hatten die Schüler sich zehn Schulstunden lang über die Rechte von Kindern und das Leben von Anne Frank unterhalten. "Von den Rechten der Kinder einen Bogen zu Anne Frank zu schlagen, war leicht, weil ihr die Freiheit, eines der Rechte, genommen worden waren", sagte Strobel. rol

Ottweiler. Manchmal lädt Buddy Elias (87) Menschen nach Basel in sein Wohnzimmer ein und erzählt ihnen dort vom Schicksal der Familie Frank. Am Dienstagabend wurde der historische Sitzungssaal im Landratsamt Ottweiler zum Wohnzimmer des Cousins von Anne Frank geworden. Zahlreiche Menschen waren gekommen, um ihm zuzuhören. Buddy Elias und seine Frau Gerti lasen aus dem Buch "Grüße und Küsse an alle" von Mirjam Pressler. Gerti Elias ist dieses Buch zu verdanken. Es war im Jahre 2002, als sie ihren Dachboden aufräumen wollte und dabei eine "große, sehr schöne und vergilbte Schachtel" mit vielen Briefen fand. Das Buch "Grüße und Küsse an alle" basiert auf einer Auswahl aus den über 6000 Briefen und Fotografien. Sie alle beschäftigen sich mit dem Leben der Familie Anne Franks. Mirjam Pressler hat daraus in Zusammenarbeit mit Gerti Elias die Geschichte der deutsch-jüdischen Familie Frank zusammengefügt. Im historischen Sitzungssaal war es still, als Buddy Elias den Augenzeugenbericht einer Frau vorlas. Sie erzählt darin, dass Anne Frank im Lager Bergen-Belsen kurz nach ihrer Schwester Margot tot aufgefunden worden war.

"Anne ist vorher immer ein kleiner Wildfang gewesen", sagte Buddy Elias. Der letzte Brief, den er von seiner Cousine erhalten habe, hätte nicht positiver und lustiger sein können: Sie schreibt darin über ihren festen Freund, zieht Buddy Elias mit seinem Liebesleben auf. "Mir ist all das Elend, was der Familie meines Bruders Otto passiert ist, erspart geblieben, weil ich rechtzeitig in die Schweiz gezogen bin. Lesungen, wie die am heutigen Tag, sind da das Mindeste, was ich tun kann", sagte Buddy Elias. Als Präsident des Anne-Frank-Fonds, den Otto Frank gegründet hat, setzt sich Buddy Elias nun für die Dinge ein, die auch seiner Cousine Anne wichtig gewesen seien: "Menschen, Religionen und Kulturen müssen zusammengeführt werden." Deswegen begrüßt der Schweizer Schauspieler Projekte wie die Interkulturelle Woche in Ottweiler, weil diese Toleranz lehren. Nach der Lesung ließen sich viele Besucher ihr Buchexemplar signieren. rol

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